Die zwei Gesichter des Januars, Jurassic Park
Falsch verstandene Romane, falsch verstandene Dinosaurier.
Die zwei Gesichter des Januars (2014)
Buch und Regie: Hossein Amini
Romanvorlage: Patricia Highsmith
Darsteller: Oscar Isaac, Viggo Mortensen, Kirsten Dunst
Ein Fremder schleppt im Hotel eine Leiche über den Flur. Was tust Du?
Wer jemals die paar Zeilen neben meinem Autorenbild weiter unten las, weiß, dass Patricia Highsmith meine Lieblingsschriftstellerin ist. Ihr Werk ist insofern visionär, als dass sie schon in den Fünfzigerjahren düstere und unvergleichlich zeitlose Thriller schrieb, noch dazu vornehmlich aus der Täterperspektive. Wie wird man zum Schuldigen, zum Komplizen, zum Flüchtigen? Was, wenn man gar nicht selbst schuldig ist, aber der Verdacht trotzdem unabwendbar an einem haftet? Und wie entstehen Geheimnisse, von denen niemanden wissen lassen darf, für die einen jeder hassen würde? Das und noch viel mehr sind zentrale Fragen, mit denen sich Highsmith nicht nur in ihrem bekanntesten Roman, "Der talentierte Mr. Ripley", auseinandersetzt. Ohne übertrieben zu psychologisieren, gelangen ihr regelmäßig spannende, abgrundtiefe Charakterporträts.
Jede Verfilmung eines ihrer Bücher ist für mich daher Pflichtprogramm, auch wenn Die zwei Gesichter des Januars bei weitem nicht mein liebstes Werk von ihr ist, so erfreute mich doch zumindest die hochkarätige Besetzung. Hossein Amini hat einen betörend gut aussehenden Film gedreht, seine Schauspieler mit sicherer Hand dirigiert, aber schon in den ersten paar Minuten leistet sich der Streifen eine Abwandlung des Ausgangsstoffes, die tief blicken lässt.
Im Buch ist die Ausgangslage die aus der Überschrift. Rydal Keener, ein als Fremdenführer in Griechenland getarnter Trickbetrüger, kennt den gut gekleideten Herren nicht, der einen leblosen Körper über den edlen Teppich eines Luxushotels schleift. Trotzdem hilft er ihm, ohne nachzudenken. Der Film verwendet hingegen die gesamte erste Viertelstunde - vermutlich mehr - darauf, die beiden sich vor der Tat erst einmal kennenlernen zu lassen.
Amini signalisiert den Kennern der Vorlage hier schon mit seinem Auftakt, dass er sich nicht sicher war, wie er die irrationale Entscheidung Rydals in seinem Drehbuch rechtfertigen sollte. Dem Roman gelang das hingegen so glänzend, dass ihm dieses folgenschwere Handeln als einziger Aufhänger für den Rest der Handlung dieses umgedrehten Krimis reichte. Die zwei Gesichter des Januars ist beileibe kein schlechter Film und doch kann man ihn nur schwerlich empfehlen: Die elektrisierende Spannung, die sich zwischen dem Täter, dessen Frau und Rydal auf der Flucht durch Griechenland entwickelt, während Misstrauen und Eifersucht hochkochen, erzeugt Amini zu keinem Zeitpunkt. Ein Thriller, der nicht spannend ist und seiner Romanvorlage nicht gerecht wird, ist nur schwerlich zu empfehlen.
Am besten lest das Buch - oder besser: lest "Der Stümper", "Der Schrei der Eule" oder "Tiefe Wasser", wenn ihr wissen wollt, warum Highsmith wohl auf immer neben meinem Foto unten links stehen wird.
Jurassic Park (1994)
Regie: Steven Spielberg
Michael Crichton
Darsteller: Sam Neill, Laura Dern, Jeff Goldblum, Richard Attenborough
Kann das in diesem Sommer noch einmal klappen?
"Die Magie ging seinerzeit vor allem von dem Traum aus, einmal 'echte' Dinosaurier auf der großen Leinwand zu sehen."
Wenn man mal ehrlich ist, hat Steven Spielberg im Sommer 1994 wenig mehr als einen passablen Monsterfilm auf animatronische beziehungsweise computerberechnete Beine gestellt. Mit seinen ersten Trailern gibt sich der vierte Film der Reihe, Jurassic World, insofern erfrischend ehrlich, indem er einen Hybrid-Dinosaurier seinen neuen Park aufmischen lässt. Die Magie ging seinerzeit aber vor allem von dem Traum aus, einmal "echte" Dinosaurier auf der großen Leinwand zu sehen. Computereffekte in einer Qualität, die sich überzeugend neben reale Schauspieler projizieren ließ, steckten damals noch in den Kinderschuhen. Animatronische Monster und Saurier kannte man schon länger, ohne das richtige Budget sahen die aber immer zu sehr nach Heidepark Soltau aus, um in einem ernst gemeinten Film zu überzeugen. Und dann saß ich da auf einmal, mit 15, und hatte Tränen in den Augen, als der erste Brachiosaurus über die Leinwand stapfte.
Ich war gespannt, ob heute, immerhin zwanzig Jahre später, der Zauber verflogen sein würde, als ich mir im Anlauf auf Jurassic World mal wieder das Original gab. Aber nein, es ist noch immer derselbe, magische Film, bei dem die Handlung nur dazu da ist, längst ausgestorbenen Lebewesen, wie man sie sich nicht besser hätte ausdenken können, eine Bühne zu bieten. Überraschenderweise sind die Computereffekte nach wie vor sehr wohl überzeugend.
Schon damals, nach der Heimveröffentlichung, analysierte man die Gallimimus-Szene am Videorekorder Standbild um Standbild und suchte nach den Nähten, nach verräterischen Kontrasträndern, die auf einen Bluescreen hinwiesen. Fehlanzeige. Mit den höheren Auflösungen von heute ist es zwar problemlos möglich, einige Bilder als "künstlich" zu identifizieren. Oft genug fällt es aber sehr schwer, tatsächlich in der Szene vorhandene robotische Dinosaurier-Komponenten von am Rechner vorgerenderten zu unterscheiden. Man sagt das nicht oft über alte Effektfilme, aber dieser hier hat sich fantastisch gehalten.
Bei aller Ehrlichkeit, die Colin Trevorrows Nachfolger nun mitbringt, ist es doch fraglich, dass ich Jurassic World noch einmal mit den unschuldigen Augen von damals erlebe. Das liegt genauso sehr an mir wie an der effektgespickten, modernen Kinolandschaft, in der Effekte nicht mehr "Special" sind, sondern die Regel. Aber im besten Fall bekommen wir immerhin eine klassische Monsterjagd, die aus einer Reihe mit nur einem guten Film (auch wenn ich für Lost World durchaus eine Schwäche habe) eine macht, die zumindest zur Hälfte gut gelungen ist. Wir werden sehen. Bis dahin kann ich nur die Empfehlung wiederholen, die ich letzte Woche über Die Matrix aussprach: Schaut mal wieder Jurassic Park. Lange genug ist es her.
Beide Titel sind digital, auf Blu-ray und auf DVD erhältlich. Jurassic Park sogar mittlerweile in einer 3D-Variante, die den Film nicht ruinieren konnte.