It Follows, Making A Murderer
Angst und Hass.
It Follows
Buch und Regie: David Robert Mitchell
Darsteller: Maika Monroe, Lili Sepe, Keir Gilchrist, Olivia Luccardi
Die Siebziger sind zurück!
Schlimmes Erwachen für die junge Jay. Ihr Date hat sie nach einvernehmlichem Geschlechtsverkehr mit Chloroform betäubt. Nun sitzt sie in einem alten Parkhaus gefesselt an einen Rollstuhl, während er ihr erklärt, was jetzt mit ihr passieren wird. Er spricht von einem "Ding", das jede Gestalt annehmen kann und das er durch den Sex auf sie übertrug. Wohin sie auch gehe, fortan werde es ihr folgen. Langsam, aber stetig. Auf beinahe direkter Linie. Und wenn es sie erreicht, wird sie sterben. Jamies Date hat kein Interesse daran, dass das passiert, sagt er, denn sobald es sie erwischt, widmet "Es" sich wieder seinem letzten Ziel.
Aus diesem Material macht Regisseur und Autor David Robert Mitchell einen klugen, bedrohlichen und visuell einnehmenden Mystery-Horrorfilm, wie er auch zwischen "Don't Look Now" und "Bodysnatchers" hätte entstehen können: viel Stimmung, massive Paranoia und wenige bis gar keine Jump-Scares. Nur Jamie und ihre Freunde, ein paar junge College-Kids, die zur Abwechslung mal überzeugend von tatsächlich nur Anfang-20-Jährigen gespielt werden. Wie geht man mit einer Bedrohung um, die nur die betroffene Person sehen kann? Wie besiegt man etwas, das nicht aus Fleisch und Blut ist? Die Kids haben dafür, wie zu erwarten, nicht die besten Ideen.
Über allem schwebt die nachvollziehbare innere Zerrissenheit, "Es" einfach weiterzugeben. Der Film ist an einigen Stellen bewusst so doppeldeutig gehalten, dass er die Entscheidung darüber dem Zuschauer reicht. Unter anderer Führung hätte It Follows ein etwas peinlicher Streifen über jugendliche Enthaltsamkeit werden können. Samt ungruseligem Monster, das auf Spaziergeschwindigkeit beschränkt ist und niemals den Bus, ein Auto oder gar einen Flieger nehmen wird, um sein Opfer zu erreichen. Aber diese langsame, stete Unausweichlichkeit ist es auch, was den Horror dieses Streifens ausmacht. Und ebenso wenig, wie The Ring seinerzeit das Fernsehen verteufelte oder Der weiße Hai das Meer zur No-Go-Zone erklärte, verurteilen David Robert Mitchell und seine talentierte Darstellerriege in diesem Film Sexualität.
Wenn ich meckern müsste, dann eher über Dinge, die so oft in Filmen mit Mystery-Einschlag problematisch sind: Auch It Follows wird immer zahmer und gewöhnlicher, je näher die Gruppe auf einen Showdown mit der Entität zuzusteuern versucht. Dem Filmerlebnis insgesamt kann das genauso wenig anhaben wie einige Gelegenheiten, zu denen "Es" nicht den anfangs etablierten Regeln folgt. Aber ich schätze, spazieren gehende Sexmonster sind kein Feld, über das man sich einschlägige Fachliteratur aus der Bibliothek ausleihen kann. Ruhig anschauen, vor allem, wenn man seinen Horror eher unheimlich und verstörend als schockierend und brutal mag. (Alexander Bohn-Elias)
Making a Murderer
Regie: Moira Demos, Laura Ricciardi
Darsteller: Steven Avery, Brendan Dassey, Mike Halbach, Dean Strang, Jerome Buting
Die grotesken Probleme des amerikanischen Justizsystems
Ihr wollt mal wieder so richtig sauer sein? Ihr habt schon länger nicht mehr vor Wut fast durch den Fernseher geschlagen und hasserfüllt ins Wohnzimmer gebrüllt? Dann habe ich die perfekte Dokumentation für euch. Making a Murderer ist eine verstörende Darstellung des amerikanischen Justizsystems und begleitet Steven Avery bei seinem langjährigen Kampf gegen korrupt erscheinende Polizisten.
Nachdem Avery 1985 der Vergewaltigung schuldig befunden wurde, verbrachte er die nächsten 18 Jahre im Gefängnis. Erst 2003 bewies ein DNA-Test seine Unschuld und Avery konnte zu seiner Familie zurückkehren. Die erste Folge der Dokumentation befasst sich mit den unglaublichen Taktiken der örtlichen Polizei. Bereits dort wird dargelegt, wie sehr einige Beteiligte die Beweise und Zeugenaussagen manipulierten beziehungsweise ignorierten, um ihren gewünschten Täter festnehmen zu können. Für das fahrlässige Verhalten verklagte Avery sämtliche Verantwortlichen und wurde zu einem Symbol ungerechter Behandlung.
Da die komplette Dokumentation allerdings aus zehn Folgen mit einer durchschnittlichen Länge von 60 Minuten besteht, war das natürlich nicht das Ende der Geschichte. Noch während des Prozessverfahrens wurde Avery im November 2005 als Verdächtiger in einem Mordfall festgenommen. Die restlichen Einzelheiten möchte ich nicht weiter ausführen. Schaut euch dazu lieber den kompletten Beitrag an. Obwohl die Doku eindeutig auf der Seite von Avery und seiner Familie steht, wird sehr schnell deutlich, dass die Behörden Avery bereits nach der ersten Vermisstenmeldung zurück in den Knast stecken wollten und dafür alle Ungereimtheiten des von ihnen geschilderten Tathergangs absichtlich übersahen. Den Höhepunkt des menschlichen Abschaums bilden allerdings zwei abscheuliche FBI-Agenten, die ohne Skrupel die geistige Behinderung eines naiven Jugendlichen ausnutzen. Ich werde schon wütend, wenn ich nur daran denke.
Making a Murderer gehört ohne Zweifel zu den besten Dokumentationen der letzten Jahre und selbst, wenn man sich über die tatsächlichen Begebenheiten des Mordes anschließend streiten kann, ist die aggressiv einseitige Vorgehensweise der Polizei ein grausames Zeugnis für die ungerechte Behandlung vieler Angeklagter. (Björn Balg)
It Follows ist auf Blu-ray, DVD und digital erhältlich. Making a Murderer gibt es in Gänze auf Netflix zu sehen.
Was ist Freitagskino?
Jeder Mensch braucht mal Abwechslung. Wir alle mögen Kino, also schreiben wir (fast) immer freitags über Filme oder Serien. Keine Sorge, wir versuchen nicht, etablierten Filmkritikern große Konkurrenz zu machen, sondern einfach nur zu berichten, wie ein Film auf uns wirkte und ob wir dazu raten würden, ihm eine Chance zu geben. Welche Filme oder Serien das sind, hängt davon ab, was derjenige Autor in den letzten Wochen sah. Wir unterwerfen uns jedenfalls nicht vollends dem Diktat der Aktualität.
Es können aktuelle Blockbuster, ausgemachtes Genre-Kino, aber auch Arthouse-Geheimtipps sein, die noch im Filmspielhaus um die Ecke laufen. Die neueste Netflix-Serie kommt ebenso unter die subjektive Lupe wie ein alter HBO-Liebling, der sich nach Jahren unserem unter Umständen veränderten Geschmack stellen muss. Ebenso werden immer wieder nach Ewigkeiten wiederentdeckte Schätze zur Sprache kommen, überbewertete Klassiker oder unterschätzte Perlen. Wie gesagt, wir wollen euch damit nur ein wenig Diskussionsstoff über das zweitbeste Geek-Hobby liefern - und ein paar Inspirationen, was sich vielleicht lohnen könnte. Wir hoffen, euch macht die Rubrik genau so viel Spaß wie uns, auch wenn diese Sorte Unterhaltung zur Abwechslung mal nur bedingt interaktiv ist.