John Carter, Equilibrium, Boondock Saints, Starsky & Hutch
Was man halt so guckt, wenn die Sommergrippe um sich greift.
Nachdem Alex gerade fröhlich im Batman-Nirwana versunken ist und sich jetzt schon freut, dass er bald wieder seiner kindlichen Liebe für Saurier im Kino frönen darf, bin ich mal wieder eine Runde dran. Und da mich eine Sommergrippe niederstreckte, könnte das Timing nicht besser sein: Wann sonst kommt man schon dazu, ein paar Filme nachzuholen, die man schon immer mal sehen wollte?
John Carter (2012)
Regie: Andrew Stanton
Darsteller: Taylor Kitsch, Lynn Collins, Willem Dafoe
John Carter
Der Film, der Disney fast umbrachte. Das ist sicher übertrieben, aber das 200+-Millionen-Debakel kostete schon den einen oder anderen Kopf im Superkonzern, er sammelte teilweise vernichtende Kritiken ein und eine Mischung aus Häme und - noch schlimmer - Desinteresse im Netz. Ehrlich gesagt, ich kann mich kaum an den Release erinnern. Der Film war plötzlich da und genauso schnell war er auch wieder weg. Waterworld hatte da zumindest für mehr Aufmerksamkeit gesorgt, als er als der teuerste Film aller Zeiten versenkt wurde.
Und in Zukunft kann ich John Carter und Waterworld auch wunderbar in einem Satz nennen. Beide Filme waren in der Produktion viel teurer als sie jemals hätten sein dürfen, um ihr Geld wieder reinzuholen. Beide sind nicht annähernd so schlecht, wie sie oft gemacht werden. Beide sind nicht so gut, dass sie Klassikerstatus verdienten. Beide sind visuell ausgesprochen kreativ und bei ihrer Geschichte angestaubt hoch drei. Allein die Idee hinter Carter ist schon Wahnsinn: „Lasst uns eine der obskursten Pulp-Ur-SciFi-Stories im Programm nehmen, die wir nur finden können und den teuersten Film aller Zeiten daraus machen!" Der Konföderations-Soldaten Carter wird in den ersten fünf Minuten auf den Mars verschlagen, wo er in den nächsten zweieinhalb Stunden vom Sklaven zum Champion der Welt aufsteigt, einen Krieg zwischen drei Fraktionen für die richtige Seite entscheidet und nebenbei noch die Prinzessin rettet und - natürlich - heiratet. Wirklich, sie ist eine Prinzessin. Ich mag es, wenn ein Film sich ganz und gar den Klischees hingibt.
Also ja, die Story ist mit Ausnahme eines kleinen, recht witzigen Meta-Sub-Plots hohl wie die Nacht finster, aber das ist in einem gradlinigen Sci-Fi-Action-Märchen nichts Schlimmes. Die ersten Star Wars funktionierten aus diesem Grund und nicht trotzdem. Die Action und das Tempo müssen halt stimmen und die visuelle Kraft des Films muss präsent sein. In der ersten Kategorie könnte John Carter gestrafft werden. Wie viele Filme der letzten Jahre ist er etwas zu lang, eine halbe Stunde weniger wäre ein Gewinn gewesen. Da er aber den Rest der Zeit Story und Action gut mixt, alles am Laufen hält und ankommt, wenn er es muss, ist das hier ein kleiner Mangel. Das Design der Welt jedoch hat definitiv ein paar Highlights, bei denen man keinen Zweifel hat, was das Ding kostete. Von der wandernden Stadt der Bösen über die Steampunk-Flugschiffe hin zu den zwar etwas langweilig entworfenen, aber technisch tadellosen Alien-Wesen passt hier praktisch alles. Entlang des Weges gibt es ein paar stattliche Kampfszenen, in denen der Held sein Gimmick - dank der höheren Schwerkraft der Erde hat er so viele Muskeln, dass er auf Mars extrem stark ist und wie ein Flummi hüpfen kann - voll auskostet und sie machen Spaß. Die Kamera gibt den Kämpfen Raum, es fühlt sich immer groß an, wiederum zahlt sich das viele Geld aus, das hier hineinfloss.
Ist John Carter also ein zu Unrecht geschmähtes Meisterwerk? Ja und Nein. Wie auch immer der Film dazu kam, er hat es nicht verdient ignoriert oder verspottet zu werden. Aber ein Meisterwerk ist er sicher nicht. Zu diesem Schluss wäre ich sicher nur gekommen, wenn ich ihn mit 14 im Kino gesehen hätte, so und ganz realistisch ist es mein Waterworld der 2010er. Sieht super aus, ist schon ein bisschen dämlich und hohl, macht aber durchaus viel Spaß, wenn man sich damit arrangiert und eben nicht das nächste große Ding des Genres erwartet. Gebt ihm eine Chance, habt Spaß und erwartet nichts als nettes Sci-Fi-Spektakel, das viel besser aussieht, als es angesichts seiner Prämisse eigentlich sollte. Mal ehrlich: Konföderations-Soldat rettet Marsprinzessin? Was haben die denn erwartet, was mit ihren 200 Millionen passiert...?
Equilibrium (2002)
Buch und Regie: Kurt Wimmer
Darsteller: Christian Bale, Sean Bean, Emily Watson
Was habe ich schon über die Jahre über diesen Film gehört. Oft genug Dinge, die in Richtung von „Einer der besten Sci-Fi-Streifen überhaupt!", „So wie Soylent Green, nur besser!", „Matrix, nur intelligenter!" gehen - lustigerweise nur von Freunden und im Netz, die Kritiker konnten mit Equilibrium in 2002 nichts anfangen. Also, nach der hohlen Nuss John Carter, auf ins Denker-Action-Sci-Fi.
Machen wir es kurz: Ich liebe ab jetzt auch Equilibrium. Ich habe selten einen so prätentiösen, die Moral-Message-Keule schwingenden Streifen gesehen, der nicht mal in der Lage ist seine eigene Message konsequent durchzuziehen oder logisch nachzuverfolgen, das aber mit großartiger Besetzung, einmaligen Kulissen, Hammer-Action und einer trotz der ersten Aussagen guten, relativ intelligenten Handlung. Oh, halt, doch, auf den ersten Matrix würde das auch alles zutreffen. Hier haben wir Christian Bale, Sean Bean, Emily Watson und andere in einer Welt, in der ein totalitäres Regime alle Emotionen dank einer Droge ausgemerzt und damit auch alle Kriege und Konflikte der Menschheit beendet hat. Wer „fühlt", wird von Kindern, die scheinbar besonders in der Lage sind, das zu entdecken, entlarvt, wer Kunst- oder Kulturgegenstände besitzt, wird hingerichtet. Vor den Toren der obligatorischen Super-Stadt sind die Wastelands, durch die Todesschwadronen ziehen und jeden töten, der sich nicht dem Regime unterstellt. Deren beste Henker sind die Kleriker, die dank besonderer Ausbildung besonders effizient alles um bringen, was etwas mit Kunst am Hut hat. Und natürlich geht es um das Erwachen eines solchen Klerikers aus dem Tiefschlaf der Emotionslosigkeit hin zum Anführer des Widerstands gegen den allmächtigen, allgegenwärtigen „Vater".
Der Vergleich mit Matrix kommt nicht von ungefähr. Equilibrium hat einfach Stil. Die Kostümage der Kleriker erinnert durchaus an eine Mischung aus Priestergewand und Neo-Outfit, weit interessanter sind aber die Kulissen des komplett in Berlin gedrehten Streifens. Wieder einmal zeigt sich, dass Nazi-Architektur wie der Flughafen Tempelhof sich wunderbar eignet, um apokalyptische Zivilisations-Visionen zu untermalen und ich finde, es ist ein netter Touch, dass die seelenlose moderne Architektur des Potsdamer Platzes dort leicht verfremdet hineingeschnitten werden konnte, ohne dass der Unterschied groß auffallen würde. Ein durchaus angemessenes Statement, heute könnte man noch die aktuelle Verschandelung der Stadt am Kurfürstendamm dazu nehmen. Egal, diese Kulissen passen perfekt, für die Wastelands fanden sich in und um Berlin offensichtlich genug verkommene, glaubwürdig inszenierte Fabrikanlagen, um in denen einen guten Teil der durchgestylten Action-Szenen zu inszenieren. Und Mann, sehen die gut aus. Und Mann, sind die dämlich.
Die Idee der Überlegenheit der Kleriker im Kampf ist ein Unfall, der sich „Gun-Kata" nennt. Die Idee ist, dass es eine Bewegungsfolge gibt, bei der der Schütze nicht getroffen wird und gleichzeitig mit schnellen Schussbewegungen alles treffen kann, was da so ist, alles aufgrund von Statistiken errechnet. Aussehen tut es so, als sollte Bales Figur nicht mal seinen initialen Auftritt überleben, aber hat man sich erst mal damit arrangiert, dass die Action einer Videospiel-Logik folgt, dann kann man viel besser die Inszenierung genießen und die ist wirklich hinreißend. Schnell, dynamisch, Hongkong-realistisch, es macht einfach Spaß und sieht super aus. Sehr ähnlich also wie Matrix und wie auch dort beschränken sich die Logik-Löcher nicht auf die Kämpfe. Dort ist es die bekloppte „Menschen als Batterien"-Idee, hier ist es die eigentlich in ihrem Grundgedanken logische, aber leider nur inkonsequent umgesetzte Emotionslosigkeit. Es ist einfach so, dass viele der Schauspieler gar nicht so emotionslos rüberkommen, allen voran Bales gegnerischer Kleriker, der sich ganz klar so ehrgeizig wie gehässig verhält. Auch andere Figuren fluchen, reagieren dezent freudig oder vor allem in der Action alles andere als kalt und rational. Es ist für mich ein massiver Immersionsbruch mit dem Grundgedanken und einer der wahrlich leicht zu beheben gewesen wäre, da es kein inhärenter Grundfehler in der Logik ist.
Egal, am Ende liebte ich auch die Holzhammer-Selbstgefälligkeit von Equilibrium. Dass man das Regime übrigens eher als faschistisch wahrnimmt und nicht als direktes Religions-Äquivalent, da muss sich Regisseur Kurt Wimmer nicht wundern. Wenn man als Symbol dessen ein Kreuz in einem weißen Kreis auf einer roten Flagge auswählt und das an den Flughafen Tempelhof hängt, ergibt sich der Rest von allein. Aber das spielt keine Rolle. Eine Handlung, die zwar vorgibt intelligenter zu sein, als sie ist, ist trotzdem nicht dumm, es gibt großartige Action, eine Traumbesetzung für so eine kleine Produktion und stilistisch ist es ein Volltreffer durch und durch. Sicher nicht in einer Linie mit den großen Klassikern des Sci-Fi, in die sich Equilibrium so gerne einreihen würde, aber müsste ich zwischen Matrix und ihm wählen: Equilibrium ist der bessere Film. Oder zumindest der, mit dem ich mehr Spaß hatte.
Boondock Saints: Der blutige Pfad Gottes (1999)
Buch und Regie: Troy Duffy
Darsteller: Willem Dafoe, Sean Patrick Flanery, Norman Reedus
Bleiben wir in der Jahrtausendwende und beim Schlagwort prätentiös. Boondock Saints war eine Minimal-Produktion für 7 Millionen, die Erwartungen hielten sich Grenzen und sie wurden an der Kinokasse grandios unterboten. Scheinbar spielte das Ding an den US-Kinokassen keine 50.000 Dollar ein. Gut, dass es DVD gibt, denn hier entdeckten dann scheinbar erst viele, dass es diese kleine, aber feine Gewaltorgie gibt und dass sie sie mögen. Der Film rechnete sich am Ende und 2009 gab es dann sogar die erfolgreichere, aber langweiligere Fortsetzung, wie sich das halt so für einen kleinen Möchtegernkultfilm gehört. WO bleibt eigentlich Pulp Fiction 2?
Worum geht es also? Zwei irische Jungs in Boston legen sich mehr aus Versehen mit der Mafia an und kommen zu dem wild hergeleiteten Schluss, dass es als gute Katholiken ihre göttliche Mission sei, alle bösen Jungs umzubringen. Gerechtigkeit und so. Warum nicht, eine gute kleine Vigilanten-Story, da kann keiner was gegen haben. Dass die beiden charmanten Jungs aus dem Nichts besser mit Knarren umgehen können als Seal Team 6 lässt man einfach mal außen vor, dass es Szenen gibt, in der auf zehn Meter Distanz ohne Deckung tausend Kugeln fliegen, aber keine drei treffen auch, die Action soll Spaß machen, nach was aussehen und ein paar Liter Kunstblut extra enthalten, alles Kriterien, die problemlos erfüllt werden.
Der Kniff des Films ist der FBI-Mann, der ihnen auf den Fersen ist und mit Legende Willem Dafoe nicht besser hätte besetzt sein können. Obwohl, es war 1999, Nicholas Cage war noch komplett irre und lustig... Ja, Cage wäre noch besser gewesen, aber Dafoe steht ihm nicht viel nach. Der bessere Schauspieler ist er eh und seine Rekonstruktion der verwüsteten Tatorte sind absolut das Highlight des Films inklusive des alles krönenden Sergeant-Elias-Gedenkmoments. Diesen Mann sieht man viel zu selten, meist in zu schlechten Filmen oder zu dämlichen Rollen - Green Goblin, ernsthaft? -, hier ist er wunderbar aufgehoben, und einer der Gründe, diesen Film auf jeden Fall eine Chance zu geben.
Er ist auch der rote Faden, der zum Schluss Boondock Saints etwas cleverer enden lässt, als man es von einem normalen Spät-90er-Blutbad sonst erwartet hätte. Der frustrierte, aber ambitionierte Ermittler stellt sich immer mehr die Frage, ob die beiden Killer, die er jagt, nicht genau das Richtige tun, indem sie die bösen Mafiosi einfach umlegen. Und nach einer so wunderbar übertrieben theatralischen Hinrichtung des Oberbösen direkt im Gerichtssaal, die nur dann hätte übertroffen werden können, wenn sich William Shatner und Calculon die Szene geteilt hätten, kumuliert dieser Gedanke in den Credits. Hier seht ihr eine Reihe von auf der Straße interviewten Leuten, was sie von dieser Art Selbstjustiz halten und die Reaktionen sind so realistisch, dass es fast unheimlich ist. Alles von „Das wäre das Ende unserer Gesellschaft, wenn das alle machen." bis hin zu „Die Jungs sollten in jeder Stadt aktiv sein!" ist alles zu einem Thema dabei, über das sicher jeder von uns schon mal laut oder leise nachgedacht hat.
Dadurch wird die durchaus skurril-humorvolle Action von Boondock Saints nicht gerade zum Denkerkino geadelt, aber das ist auch gar nicht nötig. Stilsichere Inszenierung, solide bis brillante Besetzung, latenter Wahnsinn in gesunder Dosierung und ein bisschen von der guten alten 90s-Ultra-Violence ergeben vielleicht nicht den ganz großen Kultfilm, aber definitiv einen sehenswerten Rampage-Trip für die zwei Stunden, die er dauert.
Starsky & Hutch (2004)
Regie: Todd Phillips
Darsteller: Ben Stiller, Owen Wilson, Snoop Dogg
Wow, nicht mal mit Fieber im Bett als Hintergrundberieselung. Wie kann ein Film mit Ben Stiller, Owen Wilson, Vince Vaughn, Snoop Dog und Will Ferrell so dermaßen öder Schrott sein! Man muss ja nicht gleich Fan des Frat Packs sein, aber in der Regel liefert diese Truppe sonst wenigstens unterhaltsamen Schwachsinn oder sogar latente Brillanz wie Zoolander oder Tropic Thunder ab. Aber das Ding hier, wie kann ein Film nur so dermaßen öde sein. Wenn die beste Szene die versehentliche Erschießung eines Ponys durch eine geschlossene Garagentür ist und nicht mal das over-the-top ausgekostet wird, sondern die ganze Bande wie auf Valium einfach weiter durch das dröge Skript schwankt, dann ist alles schiefgelaufen, was nur ging. In Erwartung des einen guten Witzes hielt ich tapfer bis zu den Credits durch, aber außer endlosen, schlecht geschriebenen Zeilen manifestierter Unlustigkeit, gewürzt mit geradezu peinlicher Action war da nicht. Es ist nicht mal so komplett irrer Schrott, wie es die 90er-Verfilmung von Schirm, Charme und Melone war, Starsky & Hutch ist einfach nur Fremdschämen zum Wegdämmern. Spart eure Zeit. Oder guckt die alte Serie. Die ist auch nicht wirklich gut, aber sooooo viel besser als diese Schändung ihres gar nicht mal so guten Namens.
Jeder Mensch braucht mal Abwechslung. Wir alle mögen Filme, also schreiben wir jetzt (fast) immer freitags über ein paar Streifen oder Serien. Keine Sorge, wir versuchen nicht, den Filmkritikern große Konkurrenz zu machen, sondern einfach nur zu berichten, wie ein Film auf uns wirkte und ob wir dazu raten würden, ihm eine Chance zu geben. Mit "wir" ist die ganze Redaktion gemeint, denn jeden Freitag wird ein anderer Redakteur ein paar Zeilen schreiben, damit die Abwechslung sowohl im Stil als auch im Filmgeschmack gewährleistet ist.
Welche Filme oder Serien das sind, hängt davon ab, was derjenige in den letzten Wochen sah. Es kann ein nach zwanzig Jahren wiederentdeckter Schatz sein oder etwas, das gerade im Kino anlief. Wie gesagt, wir wollen euch damit nur ein paar Inspirationen geben, was sich vielleicht lohnen könnte. Erst mal also viel Spaß, ausnahmsweise nur bedingt interaktiven.