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The Walking Dead, Staffel 5

Eine der frustrierendsten Serien überhaupt kriegt endlich die Kurve.

Showrunner: Scott Gimple
Darsteller: Andrew Lincoln, Norman Reedus, Steven Yeun, Emily Kinney

Warum nicht gleich so?

Da dieser Tage in den Staaten die sechste Staffel Walking Dead startet und unweigerlich auch hierzulande den Popkulturdialog mitbestimmen wird, dachte ich mir, es wäre eine gute Idee, Staffel fünf noch einmal Revue passieren zu lassen. Ich bin gespannt, ob ihr die ähnlich seht wie ich, denn ich habe gewissermaßen ein gestörtes Verhältnis zu The Walking Dead. Es ist eine zweifellos interessante Serie. Unglaublich aufwendig produziert, im Ton sehr stimmig, gute Schauspieler und die respektvolle Umsetzung eines Comics, den ich recht lange unglaublich gerne las. Trotzdem hatte die Serie dermaßen schlimme Formschwankungen, Tempoprobleme, dämliche Drehbucheinfälle und teilweise auf die schlechte Art comichaft überzeichnete Figuren, dass ich es zeitweise als sehr frustrierend empfand, sie zu verfolgen. Mit der vierten Staffel hatte das Elend seinen Höhepunkt erreicht. Ich verlor das Interesse und war nicht sicher, dass es jemals wiederkommen würde.

Die Staffel war so deprimierend, die Figuren mit wenigen Ausnahmen entweder durchweg schwach gezeichnet oder einfach nur unsympathisch… Es wird immer davon geredet, dass ein Ensemble am interessantesten ist, wenn es sich nicht so einfach in schwarz und weiß einteilen lässt. Wenn jeder aber nur im schmal abgesteckten grauen Spektrum unterwegs ist, ist das gleichermaßen langweilig. Dasselbe gilt für den Endzeitton, der eigentlich so zielgenau angeschlagen wird. Ich liebe düstere Serien, je finsterer, desto besser eigentlich. Aber ohne Licht am Ende des Tunnels vergisst man nicht nur, warum sich die Protagonisten nicht schon längst die Kugel gaben, sondern auch, warum man sich als Zuschauer das Leid eigentlich noch antut.

Schlimmer noch, sie Serie ließ immer mal wieder interessante Konflikte und wahnsinnig gute Charaktermomente aufblitzen, vergaß für schnelle Szenarioideen aber immer wieder, eine große, zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Die Zusammenfassung einer Staffel The Walking Dead ist fast immer eine lose Aneinanderreihung von Begebenheiten, die selten mehr gemeinsam haben, als dass die Figuren derselben Gruppe Überlebender angehören. "Erst ist das passiert, dann stirbt jener Charakter, später geschieht dieses, danach geht es hierhin, wo diese Figur stirbt". Das hat in seiner stückigen Aneinanderreihung fast Tagebuchcharakter. Ein Tagebuch, das mit jeder Seite nur noch deprimierender wird. Dazu kommen himmelschreiend dumme Entscheidungen einiger Figuren und die unfreiwillig komischen Zufallsbegegnungen mit Rudeln von Zombies, irgendwo am ungewaschenen Hinterteil der Welt, die man natürlich immer erst dann bemerkt, wenn sie ihre in Fetzen herunterhängende Visage gurgelnd um den nächsten Baumstamm recken oder direkt hinter einem stehen.

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Mit Staffel fünf passierte aber etwas, das ich in der ersten Hälfte noch als positive Formschwankung abtat, sich mit der zweiten aber als ermutigender Trend bestätigte: Die Serie wird tatsächlich richtig gut. Klar, es gibt immer noch den gelegentlichen Hui-Buh-Zombie, der grundlos mitten im endlosen Nirgendwo des amerikanischen Südens über einen der Helden stolpert. Aber mit der Alexandria-Geschichte um ein gut befestigtes Städtchen voller gut meinender, aber naiver Überlebender geht es mit einem Mal wieder um etwas. Es ist eine interessante Rollenverkehrung, wenn man sich regelmäßig fragt, ob in dieser netten Gemeinschaft für die abgebrühten Protagonisten überhaupt Platz sein kann. Stellte sich die erste Hälfte der Staffel in einem diktatorisch von ehemaligen Polizisten regierten Krankenhaus die Frage, wie viel Menschlichkeit man ablegen darf, um sein Überleben zu sichern, fürchtet man sich Alexandria durchweg, Rick Grimes und seine Leute würden unwillentlich dem Beispiel der fehlgeleiteten Gesetzeshüter folgen.

Alexandria ist ungeachtet der Comic-Geschehnisse im Hier und Jetzt das Licht am Ende des Tunnels, das der Reihe so lange abging. Eine haltbare, sichere Heimat. Und ununterbrochen befürchtet man, die Hauptfiguren der Geschichte, denen man schon so lange folgt, könnten den gesamten Tunnel einreißen. Es steht mit einem Mal wieder mehr auf dem Spiel, als dem Tod bis zu einem unweigerlichen Ende als Zombiefutter nur ein weiteres Mal von der Schippe zu springen. Ich bin gespannt, wie lange das hält. Wir erfahren es ab Mitte Oktober.

Staffel fünf von The Walking Dead erscheint im November auf DVD und Blu-ray. Die sechste Staffel läuft in den USA am 11. Oktober an.


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