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FTL: Faster Than Light (iPad) - Test

Ich fühl' mich trek...

FTL war schon auf dem PC ein in vielerlei Hinsicht herausragendes Spiel. Die atemlose Flucht eines kleinen, aber wehrhaften Raumschiffes durch acht Sektoren zufallsgenerierten, aber immer feindseligen Alls beschert einem mit jeder neuen Runde spannende Geschichten. Viele triumphale Taktikgefechte, aber noch mehr niederschmetternde Niederlagen erlebt der FTL-Kommandant in seiner Laufbahn. In Momenten, in denen er es nicht spielen kann, grübelt er über neue Strategien. Nur, um dann zum Feierabend zum x-ten Mal festzustellen, die wahre Meisterleistung besteht im klugen Kompromiss. Darin, aus den fast wie ausgewürfelten Gegebenheiten und Ressourcen das Meiste zu machen.

Mit dem kostenlosen Update, durch das sich der frühe Kickstarter-Titel ab sofort den Zusatz "Advanced Edition" hinter den Namen klemmen darf, wurde FTL jetzt sogar noch ein gutes Stück packender. Das eigentliche Highlight ist aber das Debüt auf dem iPad, das ebenfalls alle dieser Verbesserungen mit einschließt. Mehr noch: Das brillante neue Touch-Interface und die Möglichkeit, dieses Spiel unterwegs mit sich zu führen, vermitteln einem das Gefühl, hier die definitive Version unter den Fingern zu haben. Es ist das trekkigste Spiel, das ich kenne, jetzt auf dem Gerät, das sich am meisten nach The Next Generation anfühlt.

So und nicht anders sollte FTL gespielt werden.

Damit ist FTL auf dem iPad - auf meinem alten Schneidbrett der 2. Generation lief es ausgezeichnet - ein perfektes Beispiel dafür, dass Spiele von der richtigen Plattform und Bedienung in geradezu transformativem Umfang profitieren können. Auf dem PC klickte man mit dem Cursor oft recht kleine Figuren, Türen oder Räume an. Jetzt schweben jederzeit zwei bis zehn Finger wie Flitzebogen gespannt über der berührungsempfindlichen Mattscheibe. Das umfangreiche Mikromanagement eures Kahns gelingt so deutlich unmittelbarer und schneller. Schön prominent unten rechts ist der Pauseknopf fast blind zu erreichen, während das derzeit anvisierte Schiff - eures oder das des Feindes - jeweils für eure Kommandos herangezoomt wird. Trotz des kleineren Bildschirms vermittelt das Spiel auf dem iPad so eine bessere Übersicht.

Dazu kommen einige clevere Bedieneinfälle. Das beginnt schon damit, dass die Energieverwaltung einzelner Systeme am unteren Bildrand durch entsprechende, man möchte fast sagen LaForge'sche Schiebebewegungen geregelt wird, anstatt durch Antippen. Am linken Rand speichert ihr unterdessen, welche Stationen eure Offiziere bemannen sollen, nur um sie anschließend mit einer gezielten Fingerkuppe auf das Bedienfeld direkt daneben jederzeit an ihren angestammten Platz zurückzubeordern. Darüber hinaus wählt man nun mit einem Fingerwisch über die gewünschten Raumfahrer gleich eine ganze Gruppe aus. So schickt ihr sie etwa gesammelt zum Reparatureinsatz in die brennende Hölle, die einmal euer Reaktorraum war, ins Gefecht gegen eine Entermannschaft Mandibeln fletschender Insektenaliens oder in sonstige sichere, doch stets verdammt heroische Tode.

Durch unterschiedliche Farben sind die einzelnen Mitglieder eures Teams jetzt auch leichter zu unterscheiden. Toll auch, dass man, anders als auf dem PC, einzelne Waffensysteme im Automatikmodus (Doppeltipp) auf bestimmte Bereiche des Angreifers schießen lassen kann. Am Computer gilt das Dauerfeuer entweder für das komplette Arsenal oder gar nicht. Da man zum Beispiel mit Raketen immer etwas sparsam sein sollte und etwa bei Enterversuchen volle Laserbreitseiten auch die eigenen Leute gefährden, ist das neue System eine echte taktische Bereicherung. Lasst einfach eure Ionenkanone weiter die Waffensysteme des Rebellenkreuzers vor eurem Bug lahmlegen und schaltet die Crew in Ruhe von innen aus. Insgesamt muss man sagen, auf dem iPad fällt das Kommandieren der Crew und der Systeme deutlich einfacher, alles läuft organisierter ab. Der Verzicht auf Maus und Tastatur leistet unterdessen Unglaubliches für den Komfort - sofern man es sich verkneift, FTL mit auf die Toilette zu nehmen.

"Die neuen Inhalte sind die geballte Aufmerksamkeit definitiv wert."

Einzelne Bedienelemente zoomt das Spiel heran, wenn ihr mit dem Finger darüberfahrt.

Inhaltlich ist die Version wie schon angerissen absolut identisch mit dem, was viele PC-User seit eineinhalb Jahren als neues Lieblingsspiel feiern und durch die Advanced Edition gerade zu Tausenden auf Steam neu entdecken (zur Stunde ist der Titel auf Platz elf in der Steam-Nutzerstatistik der meistgespielten Spiele). Die neuen Inhalte sind die geballte Aufmerksamkeit definitiv wert. Ein neuer Raumsektor bringt eine zusätzliche Alienrasse mit sich, die Lanius, die mit ihren luftleeren Schiffen eine neue Herausforderung darstellen. Einzelne Lanius-Crewmitglieder entleeren jeglichen Sauerstoff aus dem Raum, in dem sie sich gerade befinden. Hattet ihr bisher Probleme mit Entermannschaften, dürfte der Lanius-Kreuzer, ein neues Schiff, euer Interesse wecken.

Die neuen Waffensysteme passen da ebenso gut ins Bild - unter anderem aufladbare Laser, Ionenkanonen und Raketen -, wie neue Drohnen und sogar frische Schiffssysteme. Letztere beeinflussen nachhaltig, wie ihr spielt. Ein Klonlabor ersetzt zum Beispiel die Krankenstation und macht enterintensive Spielarten deutlich effektiver und das Hacking sabotiert die Systeme des Gegners, jedes einzelne auf unterschiedliche, interessante Art. Die Gedankenkontrolle lässt sich unterdessen für so viele perfide Manöver einsetzen, dass es fast nicht mehr feierlich ist. FTL wird in seiner taktischen Breite dabei nie zu einfach, weil all diese Systeme ja auch mit Energie versorgt werden müssen.

Daneben gibt es neue Musikstücke des fabelhaften Ben Prunty, Quest-Nachschub und frische neue Ereignisse vom Originalautoren Tom Jubert sowie einige Gastbeiträge von Obsidians Chris Avellone. Und wer denkt, er hätte schon alles gesehen, spielt für jede Schiffsart ein drittes, drastisch verändertes Layout frei. Es sind gezielte, maßvolle Ergänzungen, wie man sie sonst von Firaxis gewohnt ist, wenn sie ihre Systeme um sinnige Neuerungen erweitern. Auf PC als kostenloses Update, auf dem iPad im schmalen Preis von 9 Euro enthalten.

Das neue Lanius-Schiff.

Es passiert dennoch selten, dass derartige Veränderungen und Konvertierungen auf andere Systeme maßgeblich beeinflussen, wie ich über ein Spiel denke. Vor allem, wenn es um iOS-Umsetzungen geht, die spielerisch und technisch in der Regel abgespeckt werden. Hier hat sich mein Blick auf eines meiner Lieblingsspiele trotzdem verändert. Ich hatte FTL auf zwei verschiedenen Computern auf Lebenszeit Platz auf der Festplatte reserviert. Jetzt werde ich beide löschen, denn ich habe keine Verwendung mehr für sie. Dieser außergewöhnliche Spießrutenlauf ist ab sofort auf dem iPad zu Hause.

Ist man aus welchem Grund auch immer gezwungen, zurück zum PC zu gehen, fühlt es sich an, als schaue man nach einem TNG-Marathon die erste Staffel des Originals. Die wird nicht unbedingt schlechter und für ihre Zeit nicht weniger wegweisend, aber eigentlich guckt man sie nur, weil Picard und Crew die Kommunikatoren an den Nagel gehängt haben. Das hier ist einer der seltenen Fälle, die einem Hoffnung für die Zukunft der iOS-Spiele geben.

9 / 10

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

FTL: Faster Than Light

iOS, PC, Mac

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