Fuser: Rage Against the Machine und Rick Astley passen nicht zusammen? Haltet mein Bier!
Musiktotschlag, der Spaß macht!
Wenn es um Fuser geht, das neue Musikspiel vom Rock-Band- und Guitar-Hero-Erfinder Harmonix, reißen die Überraschungen nicht ab: Ich hatte schon vor zweieinhalb Monaten eine Menge Spaß, die unterschiedlichsten Songs miteinander zu kombinieren, ganz egal, wie sehr das alles eigentlich ein Verbrechen an den vielen wunderbaren Tracks ist, die hier enthalten sind.
Man kann als Fan der Originale noch so sehr "Musiktotschlag" anklagen, fast egal, welche Spuren welcher Stücke man auch nebeneinanderlegt, ein echter Mitnicker ist immer nur wenige Handgriffe und ein paar exakte Drops entfernt. Es ist beachtlich, wie gut sich das hier - im Gegensatz zu vielen von Harmonix' früheren Spielen - zum Chillen und Jammen eignet, auch wenn es natürlich Bestenlisten und eine Kampagne mit Punktevorgaben gibt.
Musik als Spielzeug
Ach, ihr habt den alten Artikel verpasst und wisst nicht, was Fuser ist? Kurzum: Es ist ein DJ-Spiel, bei dem ihr aus Kisten voller lizenzierter Songs ganze Tracks oder nur einzelne Spuren rauspickt, sie passend zum Beat gegen andere austauscht und zudem ungezählte Effekte wirken dürft. Ihr stellt von Dur auf Moll, justiert die Schlagzahl rauf und runter, erstellt on-the-fly Loops verschiedener Instrumente und achtet dabei immer auf die Publikumsreaktion. Alles verpackt in bonbonbunte Rave-Optik und ein extrem eingängiges Interface, das dazu einlädt, die einzelnen Elemente der Musik als Spielzeug zu begreifen. Man gewinnt wirklich eine ganz neue Wertschätzung für einzelne Tonspuren alter Lieblingssongs.
Zurück zum sozialen Faktor: Das entspannte Abhängen und Jammen hat bisher kein Musikspiel wirklich hinbekommen, weil im Gegenverkehr einen Highway voller Buttons runterzurasen und im richtigen Takt wilde Tastenkombinationen zu drücken nunmal einfach nicht entspannend ist. Fusers Freestyle-Modus emuliert nun bestens das Gefühl, zusammen ein wenig zu musizieren. Zwar lässt das Spiel immer nur eine Person an den Tresen, aber es spricht nichts dagegen, eigentlich sogar alles dafür, den Controller in der laufenden Show hin- und herzureichen. Ein relaxtes Beisammensein zum gemeinsamen Kopfwippen.
Amy Winehouse meets Numa Numa
Und hier liegt der wahre Spaß: den Mix eines Freundes zu übernehmen und ihn weiterzuspinnen, zu modifizieren und gegebenenfalls die eine Änderung vorzunehmen, die die Crowd endlich in Ekstase versetzt. Ich kenne wenig Vergleichbares im Bereich Multiplayer - eine Mischung aus zusammen Musikhören und Musikmachen, hochgradig Chips- und Getränke-tauglich und irgendwie entspannend.
Das geht natürlich auch online, wenn im kollaborativen Spiel die "Nebenleute" Wünsche äußern, die der Mann oder die Frau am Tresen dann umsetzt. Auch Emoticons und Texte kann man über die Szenerie legen, bis der oder die aktuell die Plattenteller Drehende das Zepter weitergibt. Und selbstverständlich gibt es auch einen Versus-Modus, in dem die Performance der DJs vom Spielcode bewertet wird. Das ist etwas, das mir ein wenig Sorgen bereitet, denn ich habe immer noch Singstar im Kopf, bei dem man grausig trällern konnte, aber höhere Punktzahlen einfuhr als jemand, der tatsächlich ganz ordentlich sang.
"Mach mal was mit Shania" - ein Satz, von dem ihr nie gedacht hättet, dass ihr ihn sagen würdet.
In Fuser kommen durchaus kreative Schöpfungen zustande - und ob die gut klingen, ist mehr als nur eine Frage von Pitch und Timing. Das hat mit Geschmack zu tun, den ich auch den neuesten Spielgeräten nicht zutraue. Laut Harmonix' Daniel Sussmann sei Timing beim Scoring zwar wirklich wichtig, aber man sei gleichzeitig auch der Auffassung, dass man den Spieler niemals wegen einer bestimmten kreativen Entscheidung verurteilen sollte. Wir werden sehen, wie gut das dann am Ende funktioniert. Lust darauf, es herauszufinden, habe ich in jedem Fall, vor allem, weil sich Eigenkreationen auch komfortabel veröffentlichen und teilen lassen.
Fuser im PlayStation Store für 69,99 Euro.
Gut auch, dass die Spanne der Musikstücke so irrsinnig weit gefächert ist, das weckt Experimentierfreude. Rage Against the Machines Rhythmus- und Gitarrensektion aus Killing in the Name verpasst Rick Astleys Knödelei aus Never gonna give you Up eine extrem kurze Rasur. Aus Morten Harkets Take-on-Me-Vocals lässt sich mit dem richtigen Tempo, benebelten Eigenbau-Synth-Loops und mit der passenden Tonlage was richtiggehend Grusliges stricken und Shania Twain ... okay, das geht zu weit. Ich habe keine Ahnung, was ich damit anfangen soll. Besten Dank auch, dass ihr mich an ihre Existenz erinnert habt.
Aber Spaß beiseite: Ich bin zwar noch nicht so recht mit Fusers verstrahlter Präsentation warmgeworden, aber die ist hier buchstäblich bloß der Hintergrund. Ich schätze schon jetzt sehr, wie man in Harmonix' Neuem selbst mit Künstlern und Stücken, die man sonst eher belächelte, bereitwillig was auf die (Tanz)Beine stellt - und das ist es doch, was zählt. Fuser weckt Freude an Musik, und zwar nicht nur an Songs, die man ohnehin schon liebt. Das ist keine kleine Leistung.
- Entwickler / Publisher: Harmonix / NC Soft
- Plattformen: PC, PS4, Xbox One, Switch (angespielt auf PC)
- Release-Datum: 10. November
- Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
- Preis: ca. 60 Euro