Galactic Civilizations 3 - Test
Selten war es schöner, den Weltraum zu erobern.
Das zuletzt von mir getestete StarDrive 2 hatte zwar einige gute Ansätze, aber in bestimmten Bereichen, etwa bei der Diplomatie oder dem aggressiven Verhalten der KI, ging dem Spiel dann doch schnell die Luft aus. Und nun kommt mit Galactic Civilizations 3 bereits das nächste 4X-Strategiespiel daher, das Master of Orion 2 seinen Thron streitig machen will - und es ist verdammt nah dran.
Die grundlegenden Prinzipien dieser Art von Spiel haben sich dabei nicht geändert. Nach wie vor geht es darum, dass ihr von eurer Heimatwelt aus zu den Sternen reist, neue Planeten besiedelt und Orte besucht, die noch nie ein Mensch oder Alien zuvor gesehen hat - eine Star-Trek-Mod für Galactic Civilizations 3 wäre übrigens eine tolle Sache, aber das nur am Rande, falls zufällig gerade ein fleißiger Modder mitliest.
Aber noch bevor ihr überhaupt euer erstes Schiff auf die Reise schickt, müsst ihr ein paar Entscheidungen treffen - und es werden nicht die letzten bleiben. Wie gewohnt erstellt ihr nämlich erst einmal die Galaxie mehr oder weniger nach euren Vorstellungen. Die Optionen sind etwas umfangreicher und detaillierter als etwa in StarDrive 2 und ihr habt beispielsweise die Möglichkeit, eine kleine Galaxie mit wenigen Rassen oder eine wirklich sehr, sehr große (siehe Screenshot) mit über 100 verschiedenen Spezies zu erstellen, was euch eine ganze Weile beschäftigen wird. Oder aber ihr entscheidet euch für irgendwas dazwischen, ganz wie ihr wollt. Ihr legt außerdem fest, ob ihr auf euren Reisen Piraten begegnen wollt, wie viele Nebel, schwarze Löcher oder ressourcenreiche Planeten es gibt und so weiter. Dabei gibt es acht größere Spezies, die im Mittelpunkt der Galaxie stehen, aber ihr könnt eben noch viele, viele kleinere hinzukommen lassen. Ansonsten steht es euch noch frei, eure Startrasse individuell anzupassen - was kann sie gut, was schlecht, welches Schiffsdesign nutzt ihr und ähnliche Dinge lassen sich wählen.
Auch verschiedene Siegbedingungen gibt es. Erobert die gesamte Galaxie, erreicht eine bestimmte Menge an Einfluss, erforscht sämtliche Technologien, steigt mit eurer Rasse zu einer neuen Existenzebene auf, vereint die Galaxie in Frieden oder besiegt eure Feinde innerhalb eines Zeitlimits. Welche davon ihr erlauben wollt, liegt ganz bei euch. Ihr habt hier sehr viele Freiheiten, was sich so im Rest des Spiels fortsetzt. Stück für Stück deckt euer Erkundungsschiff zu Beginn neue Bereiche der Galaxie auf, während euer Forschungsschiff merkwürdige Anomalien oder uralte Schiffswracks erforscht, die ihr hier und da findet. Dann folgt die erste Kolonie und es geht immer und immer weiter, bis ihr schließlich irgendwann Kontakt zu den ersten fremden Rassen aufnehmt.
Manche von ihnen sind friedlich und freundlich, andere eher aggressiv. Und wie sie auf euch reagieren, hängt von verschiedenen Dingen ab. Wie viele eurer Schiffe halten sich in der Nähe eines Planeten einer anderen Spezies auf, treibt ihr euch in ihrem Raum herum, ohne dass die Grenzen geöffnet wurden, wie sieht eure Ideologie aus und verträgt sie sich mit anderen, was habt ihr mit eurer militärischen Aufrüstung vor und ähnliches. Ihr werdet beobachtet, eure Aktionen eingeschätzt, manchmal eben als Bedrohung und ihr müsst mitunter damit rechnen, dass euch der Krieg erklärt wird. Dabei seid ihr aber nicht auf euch alleine gestellt. Ihr könnt andere Rassen dazu bringen, sich einem Krieg anzuschließen, zum Beispiel durch Überzeugungsarbeit in Form von Credits, Technologien, speziellen Ressourcen oder gar Schiffen und Planeten. Es hängt ein bisschen von ihrer Einstellung und Gesinnung ab. Manchmal ist es einfacher, manchmal schwieriger.
Der diplomatische Bereich ist vielfältig und bietet mit den United Planets noch eine zusätzliche Ebene. Alle wichtigen Spezies sind Mitglieder dieser Vereinigung und können über bestimmte Resolutionen abstimmen. Werdet ihr vorübergehend zum Oberhaupt gekürt, wählt ihr selbst eine Resolution aus, über die entschieden werden soll. Das könnte zum Beispiel die sofortige Beendigung aller Kriege sein, eine Sondersteuer für reiche Rassen, dessen Erlös dann den anderen zugutekommt und - was besonders interessant ist - ein Verbot zur Errichtung von Kolonien in fremden Hoheitsgebieten. Natürlich muss sich eine Mehrheit für solche Vorschläge finden, doch bei Letzterem hielt sich die KI nicht immer an getroffene Absprachen. Dumm für sie, dass die in meinem Raum errichteten Kolonien umgehend und automatisch annektiert wurden.
"Es hilft, von Anfang an eine Vorstellung zu haben, in welche Richtung ihr euch entwickeln wollt."
Eure Ideologie wird unter anderem bei der Kolonisierung neuer Welten beeinflusst. Immer wenn ihr einen Planeten bevölkert, gibt es ein Zufallsereignis, bei dem ihr selbst bestimmen könnt, wie ihr vorgeht. Achtet etwa auf Bedürfnisse und Rituale eines einheimischen Volkes oder ignoriert ihre Traditionen völlig, lasst eure Wissenschaftler ohne Rücksicht auf Verluste Anomalien untersuchen und ähnliche Dinge. Für jede Entscheidung erhaltet ihr Punkte in einem von drei möglichen Bereichen und legt so fest, ob ihr wohlwollend, pragmatisch oder bösartig seid. Durch die so gesammelten Punkte könnt ihr wiederum einige Extras freischalten, bekommt etwa ein kostenloses Kolonieschiff oder entdeckt einen bislang unbekannten und sehr lebensfähigen Planeten in der Nähe eurer Heimatwelt. Die Boni richten sich nach der jeweiligen Ideologie. Seid ihr bösartig, könntet ihr euch etwa ein kostenloses Kriegsschiff sichern.
Es hilft, von Anfang an eine Vorstellung zu haben, in welche Richtung ihr euch entwickeln wollt, denn so könnt ihr euch spezialisieren und eurer Linie treu bleiben. Entscheidungen müsst ihr darüber hinaus auch bei der Erforschung neuer Technologien treffen. Immer wieder werdet ihr vor die Wahl gestellt, euch bei bestimmten Technologien auf einen Bereich zu konzentrieren. So könntet ihr dann etwa dafür sorgen, dass Schutzschilde mehr aushalten, weniger Kosten oder weniger Platz benötigen. Außerdem teilt sich der Forschungsbereich in drei Zeitalter auf. Ihr müsst eine bestimmte Zahl von Technologien eines jeden Zeitalters erforschen, um ins nächste voranzukommen und Zugriff auf neue Forschungsoptionen zu haben. Bei all dem wird übrigens zwischen den Bereichen Kolonisierung, Produktion, Kriegsführung und Einfluss unterschieden.
Auch wenn es für euch sinnvoll erscheint, sich erst einmal auf Dinge wie die Kolonisierung und Produktion zu konzentrieren, solltet ihr die Kriegsführung nicht vernachlässigen. Früher oder später werdet ihr in einen Konflikt hineingezogen, wobei manchmal Kleinigkeiten der ausschlaggebende Faktor sind. Und genau dann wollt ihr nicht mit unterlegenen Technologien in die Schlacht ziehen. Alles in allem werden die Kriege hier aber nicht grundlos geführt, es gibt immer einen oder mehrere ausschlaggebende Faktoren, die ihr im Diplomatiemenü nachvollziehen könnt.
Während meines ersten Spiels agierte ich etwa relativ zurückhaltend, expandierte aber gleichzeitig mit nicht-militärischen Mitteln sehr schnell. Dieser rasant steigende Einfluss schien zwei der aggressiveren Spezies aber nicht zu passen und sie fühlten sich bedroht, was letztendlich in mehreren Konflikten resultierte. Insbesondere das Drengin Empire erwies sich als mein größter Feind und nahm es zugleich noch mit mehreren anderen Rassen auf. Eine Besonderheit von Galactic Civilizations 3 ist, dass eine Zivilisation nicht notwendigerweise bis zu ihrem Untergang kämpft und sich vernichten lässt.
Ganz im Gegenteil: Dreimal überließen mir andere Spezies ihre verbliebenen Kolonien und vorhandenen Raumschiffe - mal mehr, mal weniger viele -, anstatt sich dem Drengin Empire zu ergeben. Gut, im Fall der ebenfalls Krynn hatte ich gerade ebenfalls mit der Eroberung ihres Raums begonnen, aber letztlich schienen meine Altarianer wohl die bessere Wahl für eine Unterwerfung zu sein. Die Folge war, dass dadurch mein Einfluss in kurzer Zeit deutlich stieg und sich meine Flotte vergrößerte, wenn auch nicht beträchtlich. Aber genug, um es mit den Drengin aufzunehmen, ihnen durch die Zerstörung mehrerer Flotten schwere Verluste zuzufügen und einige ihrer Planeten zu erobern. Dadurch wurden sie deutlich geschwächt und ich übernahm die Oberhand in der Galaxie, was dann schließlich zum vorzeitigen Sieg durch genügend Einfluss (76 Prozent Kontrolle) über mehrere Runden führte. Weiterspielen könnt ihr einem solchen Fall übrigens auch, falls ihr etwa wirklich alles erobern wollt.
"In den jeweiligen Kriegen, die ich führte, unternahm allerdings keiner meiner Gegner den Versuch, von sich aus diesen Konflikt zu beenden."
Bedenkt aber: Nicht nur ihr könnt davon profitieren, dass euch andere Rassen ihre Kolonien und Schiffe überlassen, wenn sie keine Chance mehr für sich sehen. Es könnte also passieren, dass ihr eine andere Fraktion angreift und diese plötzlich ihre Überbleibsel einer anderen Spezies überlässt. Mitunter sind das gleich mehrere Kolonien, Schiffswerften und kleinere Flotten. In den jeweiligen Kriegen, die ich führte, unternahm allerdings keiner meiner Gegner den Versuch, von sich aus diesen Konflikt zu beenden, was man normalerweise erwarten würde, bevor man im letzten Schritt komplett aufgibt. Gleichwohl könnt ihr das tun. Eine meiner Auseinandersetzungen mit den Drengin kam etwa vorübergehend zu einem Ende, nachdem ich ihnen eine Reihe von Credits und nicht-militärische Technologien überließ. Ein wenig Feinschliff könnte dieser Aspekt des Spiels noch vertragen, um die richtige Balance zu finden.
Auch beim Bau von Kolonien und Schiffen wirken sich eure Entscheidungen entsprechend aus. Auf Planeten gibt es etwa bestimmte Bauplätze, die sich besonders für Attraktionen, Felder zum Anbau von Nahrungsmitteln oder Minen eignen. Alles in allem ist der Platz jedoch begrenzt, sodass ihr genau entscheiden müsst, was ihr wo bauen wollt. Eine Spezialisierung bestimmter Welten ist so definitiv möglich. Die Schiffswerften selbst befinden sich nun außerhalb der Welten, werden so aber gleichermaßen zu einem Ziel, auf das ihr aufpassen müsst. Wenn der Gegner gezielt eure Werften in Stücke schießt, bekommt ihr womöglich bald ein Problem. Bei den Schiffen selbst setzt man auf das Stein-Schere-Papier-Prinzip. Es gibt drei Schadens- und damit verknüpfte Verteidigungsarten: Strahlenwaffen, Raketen und kinetische Waffen. Eine Flotte, die sich auf Strahlenwaffen und die Verteidigung gegen selbige konzentriert, ist zum Beispiel sehr anfällig für Schiffe, die hauptsächlich auf Raketen oder kinetische Waffen setzen. Ein guter Mix kann hier entscheidend sein und ihr solltet unbedingt darauf achten, welche Schiffe ihr in die Schlacht schickt und welche Zusammenstellung der Gegner hat. Manchmal ist ein Rückzug dann doch sinnvoller.
Bei den Kämpfen selbst bleibt euch jedoch nur die Rolle des Zuschauers. Ihr habt keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Geschehen und könnt lediglich beobachten, wie sich die beiden aufeinandertreffenden Flotten im Gefecht behaupten. Auf Dauer wird das allerdings etwas langweilig, weswegen ich nach einiger Zeit hauptsächlich auf die „Quick-Battle"-Option zurückgriff. Es sei denn, ihr wollt eure eigenen Kreationen hautnah erleben. Der Ship Designer ist nämlich ein weiteres besonderes Merkmal des Spiels. Hier könnt ihr nicht nur wie in StarDrive 2 die Komponenten eines Schiffs bestimmen, ihr habt sogar die Möglichkeit, aktiv ein 3D-Modell zu beeinflussen. Dazu wählt ihr bestimmte Bestandteile der Vorlage, rotiert und dreht sie, verändert ihre Größe oder gar die Position. Dadurch werden mit etwas Geduld und Kreativität gänzlich eigene Kreationen auf Basis der vorhandenen Modelle möglich. Es erinnerte mich an die Zeit, in der ich mich auf ähnliche Art und Weise noch selbst als Modder betätigte und die 3D-Modelle von Star Trek: Armada veränderte, was damals aber etwas komplizierter war.
Erstmals gibt es in Galactic Civilizations 3 übrigens auch einen Multiplayer-Modus, in dem ihr ebenfalls eigene Zivilisationen spielen und natürlich das Spiel speichern könnt. Einer ausufernden Eroberung der Galaxie zusammen mit euren Freunden steht also nichts im Weg. Gleichermaßen gibt es eine zusätzliche Einzelspielerkampagne, die sich ganz auf die Menschheit konzentriert und eine gute Gelegenheit für Neueinsteiger darstellt, um sich Stück für Stück mit dem Spiel vertraut zu machen.
Bei StarDrive 2 verspürte ich zuletzt nicht unbedingt die Lust auf einen weiteren Durchgang, hier sieht das jedoch ganz anders aus. Man merkt dem Spiel nicht nur sein sicherlich höheres Budget an, hier stimmen auch die vielen kleinen Feinheiten. Die KI ist auf den niedrigeren Stufen nicht zu aggressiv, es gibt mehr diplomatische Optionen, unterschiedliche Siegbedingungen und dergleichen. Kurz: Es macht sehr viel mehr Spaß, jeder Durchgang spielt sich anders und alles in allem kommt Galactic Civilizations 3 dem Niveau eines Master of Orion 2 verdammt nahe. An ein paar kleineren Details sollte man vielleicht noch arbeiten - etwa an den Friedensbemühungen der KI in Kriegszeiten -, aber auch so ist Galactic Civilizations 3 eines der besten 4X-Strategiespiele der letzten Jahre, in das ihr viele, viele Stunden investieren könnt. Erst recht, wenn ihr in einer „wahnsinnig" großen Galaxie spielt.