Game of Thrones, Episode 3: The Sword in the Darkness - Test
Aufstehen oder liegen bleiben?
Entweder meine Augen gewöhnen sich immer mehr an den wie mit groben Pinselstrichen getupften, gedeckten Ölfarben-Look von Game of Thrones, oder Telltale hat die Technik mittlerweile besser im Griff. Es gibt in The Sword in the Darkness gleich mehrere Einstellungen, in denen mir die Landschaften, die sich vor mir ausrollten, durchaus imponierten. Ein staubiger, safranfarbener Canyon in Essos, die Wälder nördlich der Mauer oder der Blick von den Zinnen des eisigen Walls selbst sorgten mit verspielten Details, plastischen Wandoberflächen und lebhafterer Vegetation dafür, dass meine Augen länger über der Szenerie wanderten als zuvor.
Einige großformatige, wundervoll handgemalte Panoramen, wenn einer der Forresters etwa einer gewissen Sklavenbefreierin vor den Pyramiden Mereens gegenübertritt, sind echte Gewinner. Und als ich eine ausgestorben geglaubte Bestie aus ihrem Schönheitsschlaf riss, wurde ich Zeuge der besten Animationen, die Telltale je abgeliefert hat. Es ist kein offensichtlicher Sprung, der einem sofort ins Auge sticht. Über die zwei Stunden von Episode drei hinweg wandelt sich der optische Eindruck, den man sich bisher von diesem Spiel machte, eher schleichend von "zweckmäßig" bis hin zu "hey, das sieht richtig ordentlich aus". Telltale schafft es tatsächlich immer besser, diesen Orten Leben einzuhauen.
Und das ist auch gut so, denn andernorts herrscht für das Haus Forrester weiterhin Tod und Trauer. Die Whitehills hausen in Ironrath wie die Wilden, beschmutzen das Andenken an die Gefallenen der der Familie Stark geschworenen, kleinen Adelsfamilie und lassen keine Gelegenheit aus, dem immer noch an seinen Verletzungen laborierenden Rodrik das Leben zur Hölle zu machen. Mit einer schlimmen Ahnung hinterlassen einen die Geschehnisse von Episode drei, als der gebrochene Herrscher eine beunruhigende Information zugespielt bekommt. In King's Landing ist man als Mira unterdessen weiter im Zwiespalt der Loyalitäten, wenn man sein Verhältnis zu Margaery aufs Spiel setzt, um seiner Familie zu helfen und sich außerdem ziemlich sicher ist, dass jemand hier der Jungfer nach dem Leben trachtet.
Gared entwickelt sich vom Schweinefarmer langsam aber sicher zum Jon Snow dieser Geschichte. Trotzdem bekommt es Telltale hin, seinem Handlungsfaden Mitte dieser Episode einen entschieden anderen Dreh zu verleihen als dem des Bastards von Eddard Stark. Toll! Ashers Geschichte auf der anderen Seite der See bewegt sich unterdessen noch am wenigsten vom Fleck, macht aber das meiste aus der wenigen Zeit, die ihr gewährt wird, während der Raufbold im Exil versucht, aus der Ferne seiner Familie in Westeros beizustehen.
In Sachen Handlung sind das eine ganze Menge Bälle, die Telltale gekonnt jongliert. Regelmäßig bringen die Amerikaner euch in Situationen, in denen ihr zwischen den Stühlen sitzt: Besonders in Ironrath unter der harten Knute eines jähzornigen Besatzers steht man oft vor der Herausforderung, allen Mumm zusammenzunehmen, seinen Stolz runterzuschlucken und zu ertragen, wonach dem viertgeborenen Tyrann der Whitehills gerade der Sinn steht. Immer und immer wieder klaffen die Entscheidung, die man treffen will und die, die man treffen sollte, dermaßen weit auseinander, dass Selbstbeherrschung zu einem echten Kraftakt wird. Jede von Telltales Figuren erlebt vergleichbare Situationen unter ihren eigenen Voraussetzungen. Wie ihr reagiert, bestimmt vor allem mit einer bestimmten Szene am Ende maßgeblich den Ton des Ausgangs dieser Folge.
Game of Thrones bleibt auch im dritten Kapitel ein starkes Stück Erzählspiel, das sich gekonnt und mit einiger Eleganz in die vierte Staffel der Fernsehserie einfügt. Auf jeder der sich in hoher Frequenz abwechselnden Handlungsebenen wird einiges an Fortschritt erzielt und gewisse Fragen brennen dem Spieler im Anlauf auf die vierte von sechs Episoden förmlich auf der Zunge. Die perfekte Begleitung zur in Kürze startenden fünften Staffel der TV-Serie. Wenn dort der Name Forrester nur einmal fällt, dann hätte dieses Spiel schon jetzt so gut wie alles erreicht, was zu erreichen war.