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Game of Thrones, Episode 5: A Nest of Vipers - Test

Kurz, aber… okay.

Sehr kurz und nur an zwei Fronten von besonderer Konsequenz, lebt Episode fünf in erster Linie von zwei ausgesprochen starken Momenten.

Da sind sie wieder, die harten Situationen, die die Community beinahe in der Mitte spalten und die ich beim Test zur vierten Episode The Sons of Winter so vermisste. Gleich zwei der größeren Entscheidungen, mit denen jeweils ein wichtiger Handlungsfaden der Geschichte zu seinem Ende kommt, waren so schwierig, dass ich eine gefühlte Ewigkeit auf den Bildschirm starrte und meine Optionen durchging. Fast erwartete ich, eine der Figuren im Hintergrund würde sich jeden Moment räuspern, damit es nur endlich weiterginge.

In bester Telltale-Manier fühlte sich keine davon gut an, während ihr händeringend versucht, zwei Übel gegeneinander abzuwägen oder eine Kosten-Nutzen-Bilanz für den möglichen Tod einer bestimmten Figur zu ziehen. Diese Welt sträubt sich gegen Versöhnlichkeiten und Happy-Endings wie wenige andere und dass man dies als Spieler am eigenen Leib zu spüren bekommt, ist einer der größten Verdienste dieses Spiels. Ganz so ins schwärmen wie noch bei den Folgen eins bis drei gerate ich aus bestimmten Gründen aber zum zweiten Mal in Serie nicht.

Ashers Szenen sind einmal mehr die unterhaltsamsten, auch wenn sein Kampf gegen einen angeblich absolut tödlichen Feind zur Lachnummer gerät.

Im Ton gibt sich die vorletzte Folge einmal mehr felsenfest selbstsicher und in ihren besten Momenten gemahnt sie an die fabelhafte Eröffnung dieser neuen Reihe. Aber ein wenig beschleicht einen schon das Gefühl, dass das Material entweder nicht wirklich für sechs Episoden reichte oder dass Telltale an den falschen Stellen die Schere angesetzt hat. A Nest of Vipers ist mit deutlich unter zwei Stunden die dem Gefühl nach kürzeste Episode bisher, wobei ich gleichzeitig gerne einige Szenen deutlich aufgepolstert gesehen hätte. Als Geschichtenerzähler ist man immer im Zwiespalt, sich einerseits nicht in Details zu verlieren und andererseits den Figuren und der Handlung genug Profil zu geben. Hier gelang die Balance nicht ganz.

Obwohl in oben angerissenen Schlüsselszenen gleich zwei bisherige Konstanten effektvoll ein für alle Mal über den Haufen geworfen werden, fühlt sich A Nest of Vipers etwas mager an. Es hilft nicht, dass Gared nordwärts der Mauer nur wenig Fortschritte macht und Miras Abschnitte einen etwas orientierungslos zurücklassen. Das ist schon in Ordnung, aber mit nur noch einer Folge haben diese beiden Figuren noch eine Menge vor sich, wenn ihre Geschichten am Ende wahrhaft bedeutsam werden sollen, anstatt nur Serienprominenz wie Jon Snow, Cersei und Tyrion Lannister sowie Margaery Tyrell eine Bühne zu geben.

Im Norden wird im Anschluss an eine Actionszene haargenau eine Entscheidung getroffen - und die war von vorneherein klar.

Ein weiteres Problem: In Sachen Charakterdarstellung ist entweder die Engine limitiert, oder Telltale hat mit "show, don't tell" - zeig es, rede nicht nur darüber - eine der wichtigsten Regeln des Geschichtenerzählens vergessen. Ohne etwas zu verraten und ganz grob gefasst: Wenn von angeblichen Streitkräften die Rede ist, reicht es nicht, in jeder Szene nur eine Handvoll Stellvertreterfiguren zu zeigen. Es bleibt der Fantasie überlassen, sich einen ausgewachsenen, wichtigen Konflikt vorzustellen. So wie es hier präsentiert wird, untergräbt die Inszenierung die Wichtigkeit einiger zentraler Handlungsfäden aktiv. Auch Ashers Kampf gegen einen angeblich besonders gefährlichen Feind gerät wegen viel zu einfacher QTEs zur Autopilot-Übung mit Folgen für eine ganze Gruppe an Figuren, die sich im letzten Teil erst wieder beweisen müssen.

Obwohl Inszenierung und Substanz zu wünschen übrig lassen, hallen die Höhe- beziehungsweise Tiefpunkte von A Nest of Vipers lange nach. Wie sonst selten hinterfragte ich die oben angedeuteten Entscheidungen noch tief bis in die letzte Nacht hinein, vor allem, weil eine bestimmte Figur meine bisherige Regentschaft auf Ironrath wirkungsvoll spiegelte. Tatsächlich vermittelte sie sogar das Gefühl, dass ein gewisses Problem - die Frage des Verräters in den eigenen Reihen - voll und ganz hausgemacht war. In dieser Hinsicht sind die Dreh- und Angelpunkte von Teil fünf meisterlich konstruiert. Will Telltale aber das einlösen, was der phänomenale Start dieser Staffel versprach, müssen sie sich in der kommenden letzten Episode selbst übertreffen.

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