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Game of Thrones - Test

So ein Glück, dass der Autor Zeit hatte, am Spiel mitzuarbeiten, das sicher als Umsetzung der TV-Serie wahrgenommen werden wird.

Wow, ist das hässlich. Dass wir zum Ende der Konsolengeneration noch mal ein Spiel sehen würden, das aussieht, als wäre es in der letzten entstanden, kommt nicht häufig vor. Aber dann arbeitet Cyanide ja auch schon seit einer Ewigkeit, fünf oder sechs Jahren, an diesem Projekt. Und es ist wirklich hässlich. Und das ist längst nicht das einzige Problem. Ihr kämpft nicht nur gegen die Feinde, was in einem RPG nicht ungewöhnlich ist, ihr kämpft gegen die eigene Inventarverwaltung, die Ausführung von Befehlen, den Überblick und vieles mehr. Ein paar Kämpfe zu viel, um es phasenweise auch nur annähernd Spaß nennen zu können.

Und trotzdem habe ich mich letztlich sogar gern durchgebissen. Die Story nämlich hat wirklich die Macht, den Spieler gefangen zu nehmen. Ihr erlebt eine interessante Rand-Episode, die parallel zum ersten Buch ihren Weg nimmt, bekannte Figuren auftreten lässt, in erster Linie sich aber um zwei, gemäß des Buchaufbaus immer abwechselnd gespielte, Helden dreht. Sie treffen erst relativ spät aufeinander: Mors, ein Wächter der Eis-Mauer aus dem Norden und ein aus dem Exil in stürmischen Zeiten zurückgekehrter Adliger, Alester. Letzterer muss in seinem eigenen Haus genauso sehr aufräumen, wie sich auch dem Spiel der wirklich mächtigen Adligen stellen. Mors dagegen gerät in dieses grausame Mächte-Geränke durch einen Zufall, aber kennt seine Loyalitäten. Dass diese ihn bis an die Grenze treiben und auch Adel zwar verpflichtet, aber keinen Schutz vor Dolchen im Rücken bietet, versteht sich von selbst.

Game of Thrones - Gameplay-Trailer

Game of Thrones lebt von der Hand George R.R. Martins, der hier einen wundervoll gestalteten Nebenschauplatz abliefert, in den letzten Kapiteln zu absoluter Hochform aufläuft und inhaltlich nicht nur auf der Höhe der ebenfalls charaktergetriebenen Erzählkunst von Witcher 2 liegt, sondern dieses passagenweise überholt. Einen eklatanten Unterschied gibt es jedoch: Gibt euch der Witcher viele Freiheiten und spielt die Entscheidungen über das ganze Spiel hinweg aus, hatte man hier wohl entweder nicht das Budget für solche Verzweigungen mit alternativen Routen oder Martin hatte keine Zeit sie zu schreiben. Es ist eine feste Geschichte, der ihr wie einem Buch folgt. Mitunter werdet ihr in den Gesprächen nach eurer Meinung gefragt, aber nur selten reichen die Konsequenzen über das Ende des aktuellen, meist kurz gehaltenen Kapitels, hinaus. Die verschiedenen Enden scheinen sich auch erst wirklich in den letzten Zügen zu entscheiden. Seid ihr euch dessen bewusst, ist es nicht schlimm, denn wie gesagt: R.R. Martin kann Fantasy wie kaum ein Zweiter derzeit und er hält euch hier auch so am Laufen.

Gut so, denn alles, was darum passiert, reizt in Momenten nur zum Weglaufen. Wie schon gesagt, das grafische Gesamtbild entspricht dem eines ganz ordentlichen PS2-Titels, der direkt portiert wurde. Das Red Keep oder die Mauer als Orte sehen zwar menschenleer und auch sonst sehr statisch aus, entfalten aber trotzdem zumindest einen Hauch der angedachten Wirkung. Und das, obwohl sie zwar groß wirken, letztlich aber dem Spieler kaum Auslauf gewähren. Strenge Linearität in Verbindung mit kleiner Fläche ist eine Mischung, die nur dank der Dichte der Handlung funktioniert. Insoweit ist es auch kein echter Nachteil in diesem Rahmen, aber erwartet keine Skyrim-artigen Erkundungstouren in Westeros.

Die relative Schönheit der Lokalitäten hält jedoch nur solange vor, bis dann Mensch und Tier ins Bild kommen. Vor allem Tier. Egal welches, Mors' Hund allen voran, wirken sie wie aus einer furchtbar verdrehten Parallelwelt und als wäre der Tod für sie eine Erlösung. Die menschlichen Bewohner gewinnen zwar auch keine Preise, aber beleidigen das Auge nur peripher. Nicht schlimmer, als würde man auch Last-Gen-Figuren als aktuell verkaufen.

So richtig den Tag verdirbt es aber, sobald ihr euch die Zeit nehmt, hinter die unschöne Fassade zu blicken. Und ich meine, richtig dahinter zu blicken. Dem ersten Anschein nach ist das hier ein fast dem Pen-&-Paper-würdiges Äquivalent mit Charakter-Fehlern und -Stärken für jede der beiden Figuren, die ihr zwar nicht selbst benennen dürft, aber für die ihr die Verantwortung der Berufsentscheidung übernehmt. Verschiedene Nahkampf-Ausrichtungen, Fernkampfvarianten, alle mit eigenen Fertigkeits-Bäumen und Rüstungsklassen, die Papier-Schere-Stein mit den Waffentypen spielen, jede Kategorie einzeln steigerbar. Ein Zahlentraum, der nach ein paar Kämpfen und Überlegungen in sich zusammenbricht.

Es ist nämlich alles nur Show. Nehmt irgendeine Profession, klickt euch blind durch die Erschaffung und die Chancen stehen sehr gut, dass das Ergebnis sich weder groß schlechter, noch groß anders spielen wird. Die Unterschiede, die diese Faktoren mit sich bringen, sind allesamt so marginal, dass ich am Ende nicht mal wirklich zwischen Mors in seiner schweren Rüstung und Zweihandaxt und Alester in leichter Rüstung und zwei leichten Waffen unterschied. Der eine hackte etwas schneller, der andere stärker, aber deswegen gab mir Game of Thrones noch lange keinen Grund, sie auch anders spielen zu müssen. Im Gegenteil. Auch die ganzen kleinen netten persönlichen Macken und Stärken sind am Ende nur 2-Prozent-Zahlenmätzen ohne Bedeutung. Druffhacken und gut, Taktik ist nicht wirklich gefragt, zumindest auf dem mittleren Härtegrad. Und dem Frust des hohen Schwierigkeitsgrads entgegenzuwirken, ist fast unmöglich. Das Spiel gibt euch nicht wirklich die Fertigkeiten, die nötig wären, um den hier häufigen, willkürlichen Ausreißern nach oben in scheinbar zufälligen Kleinkämpfen entgegenzuwirken. Speichern und immer wieder versuchen, es wird schon irgendwann klappen. Nicht sonderlich motivierend.

Trotz der Möglichkeit den in Echtzeit ablaufenden Kampf jederzeit in Zeitlupe zu schalten, geht jeder Überblick in größeren Scharmützeln praktisch sofort verloren. Und Kleinere sind so belanglos, dass Taktik eh nicht vonnöten ist. Einfach nur hacken, nach Gusto von Zeit zu Zeit mal eine Spezialattacke einwerfen und der Rest läuft schon. Stirbt eine Figur, springt ihr automatisch zur Nächsten, sind alle tot, muss neu geladen werden. Lediglich ein paar Kämpfe erfordern wirklich Konzentration und hier merkt ihr dann, wie nervig die Idee der Befehlsketten umgesetzt wurde.

Nur drei Befehle lassen sich in Folge schalten, dann folgt eine Mischung aus halbherzigem Angriff und Verteidigung, eine Art Status-Quo-Erhaltung. Die KI-gesteuerten Gefährten braucht ihr nicht verwalten, sie erledigen eh alles von alleine. Diese Kette von drei Befehlen - je nach Energiestand Spezialattacken plus endlos verfügbare Standard-Angriffe - hält fünf bis acht Sekunden. Dann muss eine Neue zusammengeklickt werden. Wieder ein paar Sekunden die schlechten Animationen bewundern, dann von vorn. Theoretisch sollt ihr auf spezielle Attacken seitens der Feinde mit besonderen Fertigkeiten reagieren können, aber selbst nach über 25 Stunden Spielzeit konnte ich zum Schluss immer noch nicht zielgenau sagen, was jetzt kommt, da sowohl generelle Kampf-Übersicht als auch die visuelle Umsetzung der Attacken zu wünschen übrig ließ. Und eigentlich war es letzten Endes aus genannten Gründen eh egal.

Nein, der Kampf macht keinen Spaß und das Warum ließe sich gefühlt endlos fortführen. Wollt ihr euch selbst ins Knie schießen, tut euch keinen Zwang an: Spielt Alester als Bogenschützen. Er hat das buchstäblich einmal geschafft. Was nur einen Teil der Probleme eines Fernkämpfers darstellt. Mein Rat wäre ohne Witz, einfach den leichtesten Schwierigkeitsgrad auszuwählen, um von all dem nicht belästigt zu werden.

Ein paar nette Ideen am Rande, wie Mors Hund, in dessen Rolle ihr schlüpfen könnt, um Spuren zu folgen, sind nett, aber ebenfalls technisch und spielerisch zweifelhaft umgesetzt. Mal abgesehen davon, dass der Hund die Welt als psychedelischen Farbalbtraum wahrnimmt - ich dachte immer die gucken in Schwarz-Weiß? -, es reduziert sich auf das spielerisch sehr banale Folgen der richtigen Farb-Spur, die durch die Luft wabert. Die Idee war da, sie war gut. Die Umsetzung lässt zu wünschen übrig.

Game of Thrones - Trailer

Apropos Umsetzung: Die Stimmen, ein ganz wichtiger Faktor bei einem Spiel, dessen Story sein praktisch alleiniger Rettungsanker ist, gelangen in den wichtigen Momenten. Alle Hauptfiguren, insbesondere die beiden Protagonisten werden stimmig, eindrucksvoll und durch und durch professionell gesprochen. Sobald ihr dann aber weniger wichtigen Leuten begegnet, ist es eine Achterbahnfahrt mit Höhen und tiefsten Tiefen. Man kommt drüber weg, dass Diener X oder Soldat Y gerade sprach, als hätte man seinen Intonator willkürlich von der Straße hereingebeten und bei diesem Griff kein Glück gehabt. Aber eine angenehme Erfahrung waren diese speziellen Momente dann nie. Gut, dass die Magie der besseren Dialoge es wieder auffängt.

Rein als Spiel, also wirklich auf die interaktiven Elemente reduziert, ist Game of Thrones ein schlicht unterdurchschnittlicher RPG-Vertreter. Ein verkorkstes Kampfsystem und Fertigkeiten, die keine spielerischen Möglichkeiten, sondern einstellige Prozent-Veränderungen bedeuten. Dazu noch die belanglose bis grottige Optik - auf dem PC durchgehend etwas besser, aber auch nicht legendär -, die insbesondere die verwirren dürfte, die nur die TV-Serie mit ihren unglaublichen Production-Values kennen. Ich würde dieses Spiel keines zweiten Blickes würdigen.

Und trotzdem habe ich die 25 Stunden nicht nur durchgehalten, sondern war beinahe durchgehend gut unterhalten. Insgesamt betrachtet natürlich, während der Kämpfe war ich offensichtlich nicht gut unterhalten. Der Aufbau der Geschichte, ihr Stil und ihre Figuren bewegen sich so nah an dem Qualitätsstandard der Bücher, dass ich bereit bin, dieses Spiel für Fans von George R.R. Martin und nicht nur die zu empfehlen. Schaltet auf leicht, ignoriert die Kämpfe und erlebt die grafisch schwache und inhaltlich extrem starke Umsetzung dieser dichten Fantasywelt. In einer perfekten Welt wäre Game of Thrones ein Spin-Off-Buch geworden oder hätte das Budget und die technische Sorgfalt eines Dragon Age 2 erfahren, um seine prunkvolle Geschichte in ein ganzheitlich unvergessliches Erlebnis zu verwandeln. Aber es hat einfach nicht sollen sein.

6 / 10

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