gamescom 2017: Crossing Souls - Stranger Things als Videospiel?
Eine Bande Freunde gegen den Rest der Welt.
Crossing Souls war am Devolver-Stand einer der Titel, die auch unter Fachbesuchern am meisten Zuschauer um sich scharten. Das lag nicht nur an der auffällig schönen Pixel Art, sondern auch und vor allem an der Musik, die in 80er Jahre Cartoon-Manier gehaltenen Zwischensequenzen mit hallenden Power-Drums untermalte. Dieses Spiel signalisiert schon von Weitem, hier will jemand nicht nur spielen wie in alten Zeiten, sondern auch in der Präsentation und inhaltlich Kindheitsfantasien wie die Goonies und Stand By Me wieder aufleben lassen. Das Spiele-Äquivalent zu Stranger Things gewissermaßen.
Ergo ist auch dieses Action-Adventure aus der Draufsicht ein Referenzenfest und wer auf überbordende Anspielungen allergisch reagiert, wie das bei mir manchmal vorkommt, wird hier und da ein wenig mit den Augen rollen ("Trek-Wars"-Poster im Hintergrund... ok). Allgemein muss ich aber sagen, dass der Vibe der Epoche auch abseits der auf mich in solchen Werken häufig bequem wirkenden Versatzstücke einfach gut funktionierte. Cool war vor allem, dass man nicht nur einen Charakter steuerte. Zwar kontrolliert man stellvertretend immer nur einen, aber das bis hierhin vorgestellte Trio aus Jungs plus - natürlich - einem Mädchen, deckte kompetent die komplette Klischeebandbreite ab.
Anführer ist der fesche Chris, der problemlos Teil der ortsansässigen "coolen" High-School-Schlägerclique sein könnte, wäre er kein so toller Kerl. Ein Baseballschläger und perfekt gekämmtes Haar sind seine herausragenden Merkmale. Im Erklimmen von Ranken ist der sportliche Typ ebenfalls der King der Gruppe. Nerd Matt schießt mit einem selbstgebastelten Laser um sich und besitzt Raketendüsen in seinen Schuhen, mit denen er über größere Abgründe kommt und natürlich ist auch ein robust gebautes afroamerikanisches Kind dabei, das den starken Haudrauf der Gruppe gibt, der schwere Kisten verschiebt und in einem die spanische Herkunft der Entwickler entlarvenden Zug auf den Namen Big Joe hört. Aber diese Art "tokenism" gehört wohl in ein Spiel, das die 80er als die schönste Ära zum Erwachsenwerden feiert. Die Trailer-Park-Schönheit Charly verfügt unterdessen über eine Peitsche, mit der sie sich an vorgegebenen Orten über Klippen schießt.
Das Quartett macht eine Stephen-King-artige Entdeckung, während derer sie in den Besitz eines Gegenstandes kommen, mit dem man die Geister der Vergangenheit sichtbar machen kann. Das ist in einem Spiel mit dieser Ausrichtung schon so meta, dass einem der Kopf raucht. Wie dem auch sei. Klar, dass den Klunker jemand Böses haben will. Der Rest schreibt sich von selbst. Und ich muss sagen, auch ich war vom Mix aus Erkundung, nicht wahnsinnig griffiger, aber unterhaltsamer Action und Adventure-artigen Dialogen sehr angetan. Gerne hätte ich viele der Straßen des pittoresken Vororts genauer erkundet und mich mit ihren Bewohnern unterhalten. Was mich immer wieder ein wenig rausriss, waren die Gespräche, denen man sichtlich anmerkte, dass hier keine Muttersprachler am Werk waren und die hier und da deutlich knackiger hätten ausfallen dürfen. Aber das ist letzten Endes zweitrangig, wenn so viel Liebe zum Detail im Spiel ist wie hier.
Erscheinen soll Crossing Souls noch in diesem Jahr für PC und Mac.
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