gamescom angeschaut: Sunset Overdrive
Ganz ohne Fokustests.
Wenn ich eine Sache während der Präsentation zu Sunset Overdrive erlangt habe, dann die Erkenntnis, Entwickler Insomniac niemals wieder auf ihren vorherigen Titel Fuse anzusprechen. Ich weiß nicht, ob keiner aus dem Team darüber sprechen durfte oder es jeder so schnell wie möglich aus seinem Gedächtnis verbannen wollte. Als ich jedenfalls die Frage stellte, wie unterschiedlich die Entstehungsprozesse von Fuse und Sunset Overdrive verliefen, entgegneten mir beide Entwickler mit betretenem Schweigen. Es war nur für einen kurzen Augenblick, doch bevor das Duo das Thema wechseln konnte, erkannte ich die Verzweiflung in ihren Blicken.
Schließlich mussten sie wegen der Ergebnisse verschiedener Fokustests ihren damaligen Titel Overstrike komplett in einen drögen Shooter umwandeln, der anschließend Fuse getauft wurde. Sunset Overdrive scheint damit verglichen das exakte Gegenteil zu sein. Es ist laut, bunt, frech und sicherlich weit von dem entfernt, was man normalerweise als einen sicheren Hit bezeichnet. In dieser Hinsicht scheint es eine Art Befreiungsschlag zu sein, mit dem man die alten Ketten sprengt und jeder verrückten Idee freien Lauf lässt. Das Ergebnis ist ein Spiel, das ich gerne als den ersten Next-Gen-Dreamcast-Titel ausrufe.
Denn Sunset Overdrive zeigt deutlich, was passiert, wenn auch größere Studios einmal riskante Projekte verfolgen dürfen. Und der Enthusiasmus ging schnell von den Entwicklern auf mich über. Zuerst einmal war ich darüber erstaunt, wie abwechslungsreich Sunset City als Austragungsort wirkt. Die farbenfrohe Stadt, die ihr direkt nach dem Start komplett frei erkunden dürft, bietet ein sehenswürdiges Denkmal nach dem anderen. Bereits in der Ferne erkennt man die unterschiedlichen Gebiete und wie sie ohne unnötigen Leerlauf im Leveldesign eng nebeneinanderstehen.
Bemerkenswert ist dabei der seichte Übergang zwischen horizontaler und vertikaler Struktur. An jedem Punkt erkennt ihr sofort den richtigen Weg, um auf das Hochhaus vor euch zu klettern, und wie ihr von dort aus die Straße hinunter zum nächsten Gebiet erreicht. Da ihr an fast jeder Ecke grinden und unterschiedliche Objekte wie Autos oder Bäume als Sprungbretter verwenden dürft, gestaltet sich das Reisen zu Fuß ziemlich simpel. Ein leichter Tastendruck genügt und schon kleben eure Schuhe am nächsten Geländer. Wiederholt den Vorgang und plötzlich hängt ihr mit einem Haken an der Unterseite. Währenddessen dürft ihr natürlich euer Arsenal verrückter Waffen wie beispielsweise die Eiskanone einsetzen, um die zahlreichen Mutanten der Stadt zu vernichten. Wem die bisherigen Videos zu langsam vorkamen, der hält währenddessen einfach den rechten Trigger gedrückt, um an Tempo zu gewinnen.
Das gesamte Abenteuer dürft ihr als Mann oder Frau bestehen, die beide komplett vertont werden und das Geschehen auf dem Bildschirm jederzeit lebhaft kommentieren. Nicht alle Witze erzeugten einen direkten Lacher, doch wer den Humor des letzten E3-Videos zu schätzen wusste, kommt hier sicherlich auf seine Kosten. Die eingestreuten Bemerkungen sind auf jeden Fall ein weiterer Beweis für einen Entwickler, der seine Kreativität nicht länger unterdrücken muss.