Skip to main content

gamescom angespielt: Dead Island 2

Wie schlägt sich Yagers Neues im Vergleich mit Dying Light?

Dying Light und Dead Island 2 darf man als zwei Seiten derselben Medaille begreifen. Donnerstag, 13:15 Uhr, erfuhr ich endlich, wie sich Yager ihren Entwurf für offene Zombiewelten vorstellten. Kurzum: sonnig, deutlich pittoresker als bei der Konkurrenz und in einer Weise überzeichnet, die unmissverständlich klarmacht, wohin die Reise geht. Und doch blieben spielerisch die großen Überraschungen aus. Das hier war, was man erwarten konnte: ein nicht ganz ernst gemeintes Zombiegemetzel, das den Nahkampf betont, aber nicht so prollig oder schizophren daherkommt wie einige andere Spiele dieser Zunft.

In einem offenen suburbanen Abschnitt von Los Angeles, das ikonografische Hollywood-Zeichen immer im Blick, ging es als eine von vorerst zwei vorgestellten Charakterklassen ins Getümmel. Bedauerlicherweise unterstützte die Demo bisher nur eine Controller-Steuerung, bei der man die vertikale Sichtachse nicht invertieren konnte. Demnach war ich der Spiele-Legastheniker unserer Koop-Runde und kann vor allem Dinge wie das Schusswaffen-Feedback nur schwerlich abschließend beurteilen. Aber ich habe mich durchgebissen, während die Zombies versuchten, sich durch mich durchzubeißen.

Zunächst spielte ich als Berserker, der mit schweren Schwingern ganze Rudel von Untoten kontrolliert und allgemein nicht unbedingt der Mann für präzise Manöver ist. Bei bestem kalifornischen Wetter ging es über einen verlotterten Parkplatz, ein noch kokelnder Elektrowarenladen zieht mich beinahe magisch an, drinnen ein paar Zomben, die ich mit leichten und schweren Schwingern sowie dem bekannten Tritt bearbeite, während ich die herumliegenden Elektro-Ersatzteile einsammle. Hinter einem der Regale steht plötzlich ein Thug, ein großer, klobiger Untoter, den ich ein wenig durch die Gänge des Marktes locke.

Die Hauttexturen der Zombies sind aus der Nähe wirklich widerlich anzuschauen.

Als er sich ärgert, dass er mich nicht zu packen bekommt, brüllt er verärgert gen Himmel. In dem Moment husche ich in seinen Rücken und zwinge den Riesen mit einem beherzten Tritt in die Knie. Überhaupt werden wir darauf hingewiesen, dass ein Tritt zur rechten Zeit und an die rechte Stelle ein wichtiges taktisches Manöver sein kann, das Kämpfe entschieden verkürzt. Schon früh ist festzustellen, dass es keinerlei Auto-Aim gibt und auch eine analoge Möglichkeit, seinen eigenen Schlägen direkt mit dem rechten Stick eine Form zu geben, existiert nicht. Dafür zählt genaues Zielen und perfektes Timing bei der schweren Attacke, die einen Augenblick braucht, bis man sie entfesseln kann, und dann teilweise gleich mehreren Zombies schwere Schäden zufügt. Yagers Design-Director Jörg Friedrich betont im Gespräch, dass es trotz der Rollenspielelemente im Kampf eher auf Skills ankommen soll als auf den "bloßen Number-Crunch" eines RPGs, der Angriffs- und Verteidigungswerte miteinander verrechnet.

Und tatsächlich fühlt sich das auch ziemlich ordentlich an, sei es nun im Kampf gegen die fast lebensecht eklig texturierten Zombies oder wenn man eine der Türen zu den umstehenden Wohnhäuser einschlägt, um sich Zutritt zu eventuellem Loot zu verschaffen. Allerdings muss ich sagen, dass mir wohl die andere der beiden heute vorgestellten Klassen, der Speeder, besser zusagt. Die Dame war vor dem Weltuntergang Stuntfrau in Hollywood. Entsprechend flink und geschickt gibt sie das wendige Messermädchen der Runde. Obwohl ich den Hunter - Schaden aus der Distanz - und den Bishop - auf dem PR-Material hat dieser Priester einen lodernden Molotow-Cocktail in der Hand - nicht anspielen konnte, bleibt die heutige Alternative zum kräftigen Berserker meine Favoritin.

Zu Demozwecken war das Waffen-Crafting unterdessen ziemlich automatisiert, ob das im finalen Spiel so bleiben wird, ist unklar - vorstellen kann ich es mir allerdings nicht. Nachdem ich eine gewisse Menge Elektroschrott in besagtem Markt aufgesammelt hatte, fertigte das Spiel von selbst eine blitzumzüngelte Variante meiner Nahkampfwaffe an, während beim Berserker die Schrotflinte zum elektrischen Erlöser wurde. Als ich an der Tankstelle weiter rechts dann eine vorgegebene Menge Benzin angezapft hatte, feuerte der Revolver des Speeders anschließend brennende Munition, der Berserker schwang fortan eine feurig glühende Axt. Wir werden sehen, ob in der fertigen Version mehr vonnöten ist, als einfach nur alle Zutaten beisammen zu haben.

Insgesamt muss man sagen, dass Dying Light im direkten Vergleich in der Entwicklung weiter fortgeschritten schien. Beide Titel sind für die vordere Hälfte 2015 zu erwarten und doch lief der Techland-Titel flüssiger, sauberer und hatte mehr Richtung als der lustige, aber etwas führerlose Gewaltexzess eines Dead Island 2. Der schien erst etwas zielgerichteter, als man gegen Ende der Demo den Eingang eines Tanzklubs voller feierlustiger Teens gegen anstürmende Zombiehorden verteidigen sollte. Aber es war ziemlich offensichtlich, dass dies zu großen Teilen an der für die Demo nötigen Verkürzung lag. Überhaupt soll Dead Island 2 wohl mehr eine Art Spielplatz sein, auf dem sich die Wege der bis zu acht Spieler nicht zwangsläufig kreuzen. Wer lieber allein unterwegs ist, wird wohl erst auf andere treffen, wenn mal wieder ein Hubschrauber mit seltenem Loot abstürzt, der in einem begrenzten Bereich mit aktiviertem "Friendly Fire" zu kurzen PvP-Schüben provoziert.

Es sind zwei Spiele, die problemlos nebeneinander existieren können, obwohl ich zugeben muss, dass ich das Parkour-System eines Dying Light ein wenig vermisste, als ich in Dead Island 2 wiederholt daran scheiterte, über einen zugegebenermaßen recht hohen Holzzaun zu springen. Im Grunde bestätigt dies aber nur erneut, wie unterschiedlich diese beiden Spiele sind, die in ihrer Herkunft doch so viel verbindet. In Dead Island 2 sollt ihr die Konfrontation suchen und sie nicht meiden, indem ihr über Dächer flitzt. In Dying Light geht es gerade bei Nacht kaum anders, das Spiel erhält dadurch einen vollkommen anderen Charakter, ganz zu schwiegen davon, dass Architektur und Geografie von Dead Island 2 derartige Vermeidetaktiken auch gar nicht hergeben.

Bis zu diesem Zeitpunkt muss man Dead Island 2 als die definitive Version dessen bezeichnen, was sich Deep Silver von der Marke erhofft. Ansprechende Art-Direction, hohe Produktionswerte und riesige Horden herrlich ekliger Zombies machen einiges her. Drei Karten, von denen die gezeigte laut Friedrich ohne Ladepause "vom Hollywoodzeichen bis runter nach Venice Beach" reicht, während man per Reisefunktion in zwei weitere Abschnitte aufbricht, versprechen ein großes, gut aussehendes Spiel, das einen entspannten Gegenpol zu Dying Lights frenetischer Hetzjagd bildet.

Schon gelesen?