gamescom angespielt: Elite: Dangerous mit Oculus Rift
Immer wenn man denkt, man wäre auf alles vorbereitet…
Ich habe in meinem Spielerleben schon viele Trends ausprobiert, einiges kommen und gehen sehen. Flimmrige 3D-Brillen Anfang der 2000er, "echtes" 3D Ende der 2000er, Headtracking per Track IR oder diverse Mod-Lösungen mit schnellen Webcams. Einer Kombination aus beiden Technologien, für die ich Oculus Rift bisher mehr oder weniger hielt, hatte ich nicht zugetraut, mich zu überraschen. Zugegeben, es war mein Erstkontakt mit dem Gerät. Wie sehr mir der Effekt aber imponierte, das ist kaum in Worte zu fassen.
Das liegt im Einzelnen nicht einmal am 3D-Effekt und nur zu einem Teil an der fast perfekten Art, wie das Spiel für jede Bewegung meines Kopfes, gar meines kompletten Oberkörpers, eine angemessene Entsprechung im Spiel fand. Tatsächlich ist es die schiere Gewaltigkeit der Spielumgebung, wenn sie erst einmal in hoher Auflösung nur wenige Zentimeter vor der Netzhaut entlang flimmert. Es ist, als wickelte sich einem die Spielwelt um den Kopf, als saugte sie einen ein.
Elite: Dangerous ist wohl das perfekte Spiel, um eine Technik wie diese mit maximaler Wirkung zu präsentieren. Der Spieler selbst ist prinzipiell stationär, sitzt mit Ausnahme seines Kopfes fast regungslos im Pilotensessel. Bereits mit dem ersten Blick leicht nach unten ist man schwer verblüfft, wenn die Hände des virtuellen Captains sich um einen Stick und eine Schubeinheit legen, die in Abstand und Anordnung derjenigen ähnelt, die vor mir auf dem Tisch steht. Das sind meine Arme, daran lassen die punktgenau übersetzten Bewegungen, während ich den Flieger steuere, keinen Zweifel. Aber sie sind es eben nicht. Sobald ich meinen Echtwelt-Griff in Halle 4.1 der gamescom vom Saitek-Steuerknüppel löse, meine Arme im Aulin-System aber unbeirrbar an Ort und Stelle bleiben, wackelt die Illusion gehörig. Doch wann passiert das schon mal? Wer wird denn Stick und Schub loslassen wollen?
Erstmals fliege ich außerdem einen schweren Lakon-Kreuzer, was den Eindruck der absolut unglaublichen Größe noch verstärkt. Das gläserne Cockpit ragt etwas aus dem klobigen Korpus der Höllenmaschine hervor und verschafft mir so die bestmögliche Übersicht. Ich feuere gerade auf einen Piraten und schaue, während ich eine leichte Kurve fliege, instinktiv nach links, um mein Ziel im Blick zu behalten: An den Flanken meines Kreuzers sehe ich, wie sich riesige Gatling Guns drehen und feurig entladen, jedem einzelnen Projektil kann ich mit dem Kopf folgen, bis es in dem jämmerlichen Sidewinder vor mir einschlägt. Als ich meine Raketen auf den Freibeuter abfeuere, schaue ich nach unten und sehe zwischen meinen Beinen die Kondensspuren der Flugmarschkörper nach vorne aus dem Rumpf des Lakon jagen. Es ist wirklich berauschend, überlebensgroß und als ich hinter mich blicke und dort Co-Pilotensessel und Türen in den hinteren Bereich des Schiffes erblicke, bin ich vollends im Aulin-System angekommen.
Was ich nicht abschließend beurteilen kann, ist die Wucht, mit der bei einigen die Motion Sickness zuschlagen wird. Die neue "Crystal-Cove"-Kamera des zweiten Development Kits soll viel vom Disconnect zwischen Spielbewegung und Echtwelteingabe eliminieren und somit Übelkeit vorbeugen. Ich muss sagen, dass auch ich mir nur leicht schwindelig vorkam, wenn ich wirklich lange exzessiv meinen Blick durch die Pilotenkanzel schweifen ließ. Ich bin mir fast sicher, dass dies nichts für mehrstündige Sitzungen wird. Nachdem ich vom ersten Dev-Kit aber wahre Horrorgeschichten bezüglich der Übelkeit gehört habe, war ich doch sehr positiv überrascht. Schlecht ging es mir anschließend nicht. Vielmehr hatte ich nur wenig Lust, jemals wieder an einem 24-Zoll-Monitor zu spielen.
Denn das hier ist GROSS, groß wie das All selbst. Hatte ich das schon erwähnt?