gamescom Highlights: Strategie
Das Ende eines Genres?
Das Problem will ich haben: Während mein lieber Kollege Alex eben noch in seinem gamescom-Special unter der Last der erstklassigen Action-Adventure stöhnte, muss ich für das gamescom-Special "Strategie" die Reste zusammenkratzen. Noch im Frühjahr kam ein großer Nachfolger nach dem anderen heraus, begeisterte in Form von Dawn of War 2 durch Innovationen, bei Total War: Empires durch schiere Größe und bei Anno 1404 durch gewitzte Weiterentwicklung. Sogar einige Neuentwicklungen, wie etwa Battleforge und Men of War, überraschten.
Für die nächsten 12 Monaten herrscht dagegen Totenstille. Ja, Starcraft II wird wieder die Massen begeistern und Command & Conquer 4 Kane zum Leben wiedererwecken, aber sonst sieht es düster aus. Gerade mal drei weitere Strategietitel sind mir eingefallen, die eine Erwähnung wert sind. Davon eine Fortsetzung (Supreme Commander 2) und ein Aufguss einer alten Spielidee (League of Legends). Beides sehr gute Titel, doch nichts, was die ausgehungerten Strategie-Fans in Jubel ausbrechen lassen wird.
Doch es kommt noch schlimmer: Nur ein einziger Strategietitel erscheint noch in diesem Herbst. Der Rest wurde, wie ca. die Hälfte der restlichen Blockbuster, auf das nächste Jahr verschoben. Aus Angst vor schwachem Konsum, starker Weihnachtstitel und dem eigenen Qualitätsanspruch. Ein trauriges Strategie-Weihnachten. Drückt mit mir die Daumen, dass wir Denker und Taktiker nicht irgendwann komplett auf dem Trockenen sitzen, da die deutlich besser für Konsolen geeigneten Genres links und rechts vorbeiziehen.
Starcraft II
Entwickler/Publisher: Blizzard/ Blizzard-Activision
Plattform(en): PC
Voraussichtl. Release: Frühjahr 2010
Worum geht es: Wer sich auch nur ansatzweise für Echtzeitstrategie interessiert, wird Blizzards Science-Fiction-Meisterwerk aus dem Jahre 1998 kennen. Als logische Weiterentwicklung von WarCraft sorgte das erzählerisch einmalige Strategie-Epos, dessen Szenario stark von Warhammer 40.000 „inspiriert“ wurde, vor allem in Korea für Millionen Multiplayer-Fans. Es öffnete sozusagen den Markt für professionelle Computerspieler und wird noch heute Tag für Tag hunderttausendfach gespielt.
Der zweite Teil wird spielerisch direkt an seinen Vorgänger anknüpfen. Im Multiplayer wird es nur zarte Änderungen geben, um die Fangemeinde nicht zu verschrecken. Innovationen erwarten euch eher im Einzelspieler-Modus, der mit vorgelagerten Taktik-Elementen und einer voraussichtlich brachialen Inszenierung neue Wege beschreitet. Außerdem dürfte das neue Battle.net für zufriedene Online-Spieler sorgen. Das Strategie-Highlight für 2010.
Was macht es besonders: Es ist StarCraft. Und Blizzard. Mehr braucht man fast nicht mehr zu sagen. Auch wenn die Grafik nicht ganz auf dem neusten Stand sein dürfte, wird der Titel spielerisch wieder alle Register ziehen. Das Ganze kombiniert mit einem nahezu perfekten Online-System und ganz Korea, sowie die halbe restliche Welt, wird abermals dem kollektiven StarCraft-Wahnsinn verfallen. Großes Kino.
Wo auf der gamescom zu sehen: Wahrscheinlich vor Ort, aber noch nicht angekündigt.
Command & Conquer 4
Entwickler/Publisher: Electronic Arts
Plattform(en): PC (Xbox 360 und PS3 wahrscheinlich)
Voraussichtl. Release: 2010
Worum geht es: Kane ist zurück, die Tiberium Saga wird abgeschlossen und Electronic Arts wirft das komplette Spielsystem über den Haufen. Keine Sammler, kein Basenbau und viele Rollenspielelemente. Erinnert ein wenig an Dawn of War 2, das ähnlich wie jetzt Command & Conquer 4, einige Fans auf die Barrikaden brachte. Nur die Grafik kann nicht ganz mit Relics brutalen Schlachtengemälde mithalten.
Dafür wagen sich die Entwickler aus der Gameplay-Safezone hinaus und werden dem Spiel mitlevelnde Einheiten und integrierte Online-Schlachten spendieren. Eine mutige Entscheidung. Die Story soll diesmal bewusst ernsthaft gehalten werden, um sich von der eher skurrilen Handlung des Ablegers Alarmstufe Rot zu differenzieren. Für eine Überraschung sorgt dagegen die Allianz von GDI und NOD. Natürlich wird diese epische Feindschaft nicht komplett begraben und soll im Laufe der Story für einige interessante Wendungen verantwortlich sein. Und: Kane soll diesmal wirklich sterben – wer's glaubt.
Was macht es besonders: Angeblich soll Command & Conquer 4 die Tiberium-Saga abschließen. Ob oder in welcher Form es danach weiter geht, steht in den Sternen. Aber keine Sorge, Electronic Arts wird die erfolgreiche Marke nicht einfach sterben lassen. Es bleibt außerdem unklar, ob es auch Konsolenfassungen geben wird. Unglaublich, aber wahr: Angekündigt ist momentan nur die PC-Version.
Wo auf der gamescom zu sehen: Halle 6.1 / Mehrere Stände
R.U.S.E.
Entwickler/Publisher: Eugen Systems / Ubisoft
Plattform(en): Xbox 360, PS3, PC
Voraussichtl. Release: Anfang 2010
Worum geht es: Mal wieder muss der letzte große Krieg dran glauben. R.U.S.E. entführt euch in die Schlachten des Zweiten Weltkriegs und wird erstmals auf eine Feldherren-Perspektive setzen. Statt Mikro-Managment und Spezialattacken-Feuerwerk, schiebt ihr gewaltige Truppenkonzentrationen durch die Gegend, täuscht den Gegner mit auf dem Radar unsichtbaren Einheiten und ausgeklügelten Tricks. Bemerkenswert sind vor allem die frei zoombare Grafik-Engine, der vereinfachte Basenbau und die klare Ausrichtung auf Strategiespiel-Neulinge.
Bei der historischen Genauigkeit drücken die Act-of-War-Entwickler beide Augen zu, um das Gameplay zu vereinfachen. Company-of-Heroes-Fans werden also kaum überlaufen. Dafür muss man kein Waffen-Experte sein, um eine Schlacht zu gewinnen und kann fast wie bei einem Rundenstrategiespiel die grauen Zellen zum Glühen bringen. In den Genuss der Multitouch-Unterstützung werden dagegen nur gut betuchte Spieler kommen. Der passende Tisch von Microsoft kostet schlappe 10.000 Euro.
Was macht es besonders: Die Pad-Steuerung funktioniert hervorragend. Dank der langsamen Spielgeschwindigkeit sind Maus-Jongleure kaum im Vorteil. Selbst Cross-Plattform-Gefechte würden dadurch Sinn machen, offiziell bestätigt wurden diese aber noch nicht. Ob Ubisoft damit endlich der Durchbruch bei Konsolen-Echtzeitstratgiespielen gelingt, steht aber trotzdem in den Sternen. Das etwas ausgelutschte Szenario und die starke Konkurrenz in anderen Genres könnten dem innovativen Titel am Ende den Erfolg streitig machen. Wir sind gespannt.
Wo auf der gamescom zu sehen: Halle 7.1 / A41A51
Die Außenseiter: Supreme Commander 2/ League of Legends
Entwickler/Publisher: Gas Powered Games/Square/Enix / Riot/GOA
Plattform(en): PC, Xbox 360/PC
Voraussichtl. Release: 2010/Herbst 2009
Worum geht es: League of Legends ist ein Free-to-Play-Aufguss des WarCraft-3-Mods Defend of the Ancients, der von einigen Mitgliedern der Mod-Entwickler auf den Markt geworfen wird. Die Beta-Fassung konnte bis auf die etwas zu bunte Grafik überzeugen und das Spiel trotz Hardcore-Ansatz durch ein vereinfachtes Item-System auch für Neueinsteiger interessant werden. Finanzieren soll sich das Projekt, ähnlich wie bei Battleforge, durch Mikro-Transaktionen.
Informationen zu Supreme Commander 2 sind dagegen äußerst rar gesäht. Fest steht, dass diesmal Square Enix seine Finger mit im Spiel hat. Der japanische Final-Fantasy-Publisher möchte auch im westlichen Markt Fuß fassen und hat sich dazu das Hardcore-Strategiespiel von Gas Powered Games ausgesucht. Mal abwarten, wie sich diese ungewöhnliche Kooperation auf das etwas trockene Gameplay des Vorgängers auswirkt. Wir nehmen Chris Taylor für euch auf der gamescom in die Zange.
Was macht es besonders: Bei League of Legends ganz klar die Free-to-Play-Ausrichtung und der Release in diesem Herbst. GOA folgt damit dem Vorbild von Battleforge und könnte Erfolg haben. Vor allem, weil es dieses Jahr keine Konkurrenten gibt. Bei Supreme Commander 2 wirft die Beteiligung von SquareEnix viele Fragen auf. Antworten gibt es, wie schon gesagt, auf der gamescom.
Wo auf der gamescom zu sehen: Halle 6.1 B054/ Halle 9.1 A041B040
Im Laufe der Woche stellen wir euch weitere potenzielle Highlights der kommenden gamescom vor, übersichtlich nach Genres sortiert. Morgen: MMOs.