Gedanken zur Xbox One X: No Power Greater Than X!
Stimmt. Aber…
Da ist sie also, die stärkste Spielkonsole aller Zeiten. Wenn man diese Zeiten als "bis heute Morgen und wahrscheinlich auch noch morgen und übermorgen und ein paar Tage danach, bis halt die Pro 2 oder One Z kommt" definiert, dann stimmt das wohl auch. Die One X hat Hardware ohne Ende und was diese genau tut... will ich mir jetzt gar nicht angucken, weil das macht Richard Leadbetter, der Gott der gemessenen Framerate, der Jäger des unentdeckten V-Sync-Fehlers und Seher aller Dinge, die auf dem Mainboard stecken. Seine Artikel sind bereits in Arbeit, sie sind exzessiv und sie werden alle eure Fragen beantworten. Nun vielleicht nicht alle. Kommt auf die Frage an. Egal.
Aber zurück zur Xbox One X. Als Erstes und um es aus dem Weg zu haben: Ein großes Dankeschön für das ausgezeichnete Review-Paket, das Microsoft für die Redaktionen gepackt hat. Neben der Konsole bekamen wir einen ganzen Schwung an Codes für alle Spiele, die von denen neuen Fertigkeiten profitieren. Das verdeutlichte zwar auch eines der Probleme mit der One X in gewisser Weise, aber dazu später. Erst einmal der Laieneindruck - womit ich fast jeden meine, der nicht Digital Foundry heißt oder auf vergleichbare Weise arbeitet: Es ist ein beeindruckendes Stück Plastik, das da jetzt steht. Schwer, schwerer als die One und die S. Sehr unauffällig in seinem Schwarz, sehr dezent, kein Vergleich zu der Avantgarde der ersten Xbox oder der 360, kein Klotz wie die erste One. Auf letzteres kann ich gut verzichten, aber als jemand der Avantgarde bei seinen Konsolen schätzt, muss ich hier anmerken, dass ich nicht weiß, welches die aktuelle optisch langweiligste Konsole überhaupt ist: One X oder One S. Wobei, die One S gibt es in wilden Designs - Minecraft zum Beispiel - also gewinnt wohl die One X. Selbst der Triple ohne Cheese, auch PlayStation Pro genannt, sieht etwas spannender aus. Nicht viel aber immerhin. Rein persönliche Meinung.
Wo dagegen die One X jeden Tag gewinnt und das ist keine Kleinigkeit, ist ihre Lautstärke. Die Pro ist ein sehr beeindruckendes Gerät, das viel Leistung aus einem kleinen Formfaktor holt, aber sie lässt euch auch wissen, dass sie das tut. Spätestens nach einer Stunde mit Uncharted heulen die Lüfterwinde gut wahrnehmbar durch das Zimmer, während die One X selbst nach zwei Stunden Assassin's Creed Origins ganz brav sehr leise bleib. Nicht unhörbar, nicht "silent", aber für einen 4K-30-Output bei einem solchen Spiel ist es wohl so nah dran, wie es wird, wenn man nicht ein sehr teures PC-Projekt starten möchte. Wenn ihr dann die One X als hochgezüchtetes Media-Center nutzt, ist sie ideal. Bei Musik und Film ist die Pro zwar leiser als in Spielen, aber auch hier gewinnt die One X locker die Gunst meiner Ohren und das jedes Mal. Für mich ist das ein wichtiger Aspekt bei einem solchen Gerät, wer nur mit Kopfhörern vor der Konsole sitzt mag das anders sein, aber am Ende ist das ein riesiger Punkt für das Gerät.
Dazu kommt natürlich, dass der zweitbeste Controller aller Zeiten in der Packung liegt. Man gönnte der One X leider nicht serienmäßig einen Elite-Controller, aber das hätte wohl den auch so schon nicht zimperlichen Preis von 500 Euro weiter nach oben gebracht. Aber auch so ist der normale One-Controller immer noch ein echter Gewinner, er ist auf meiner Alltime-Hitliste ganz weit vorn und ein wohlbekanntes Gerät seit langer Zeit, über das wir nicht groß reden müssen. HDMI-Kabel ist dabei, das Stromkabel versorgt das netterweise intern verbaute Netzteil mit Saft. Die größte Enttäuschung ist vielleicht die kleine 1TB-Festplatte. Sicher, so wenig ist das nicht, mit externen Platten lässt es sich auch leicht erweitern aber ich komme von einer S mit 2TB. Es ist also eine deutliche Verschlechterung, vor allem in einer Zeit, in der ein Spiel schon mal 100GB belegen kann. Aber gut, genug Äußerlichkeiten und weil eine Konsole nichts ist, wenn man sie nicht mutig einschaltet: Auf geht es.
Nach dem gut durchdachten Setup fällt als Erstes auf, dass auf die mal wieder neu überarbeitete Oberfläche - auch auf der One S und One - sehr viele Attribute zutreffen, aber "gut durchdacht" ist keines, das ich nutzen würde. Social-Sharing-Aspekte sollen besser betont werden und zugänglicher sein. Ihr seht schneller, was eure Freunde so treiben oder Leute, denen ihr folgt oder mehr Infos zu Spielen, die euch interessieren. Teilweise, vor allem die ersten beiden Punkte treffen wohl zu, aber vor allem, weil die Oberfläche in diesem Punkt zuvor etwas unterentwickelt war. Was den weniger Social-affinen Nutzer angeht: Ich nutze zu 90 Prozent den nach wie vor zu langsam ladenden, schlecht aufgeräumten Screen, der da simpel "Meine Games und Apps" heißt, weil ich nicht ständig irgendwas irgendwohin pinnen möchte, das ich später eh nicht mehr dort haben will. Eine gut strukturierte, simple Oberfläche meiner Spiele und Apps ohne all den online sich immer aktualisierenden Ramsch wäre ein Segen. Der Shop sollte ein Feature sein, kein permanenter Zustand einer Benutzeroberfläche. Benutzbar, aber ich bin sicher kein Fan.
Wenn ihr dann ein paar Spiele - die richtigen natürlich - heruntergeladen oder praktischerweise einfach auf einer externen Festplatte habt, dann folgt das, wofür ihr das ganze Geld ausgegeben habt und das X steht. Ich will nicht sagen, dass sich diese Games nun komplett neu erleben ließen, aber so wie es halt ein Augenöffner war, auf der Pro Horizon: Zero Dawn oder Gran Turismo zu sehen, ist es auch hier der Sprung, den man niemanden genau erklären muss. Er ist da, klar und deutlich und für jeden sofort erkennbar - zumindest wenn denn der Patch schon da ist, was bei nicht so vielen Titeln der Fall ist, siehe diese Übersicht zu One X HDR / 4K Patches. Vor allem HDR bringt den echten Gewinn, weit mehr als die 4K, egal ob woanders als Checkerboard oder hier nativ. Das menschliche Auge nimmt Helligkeits-Unterschiede stärker wahr als Farbunterschiede und da es scheinbar so ist, dass die gute Helligkeitssteuerung für das anständige HDR erst bei teureren TV-Modellen verbaut wird, muss ich noch ein Weilchen damit leben, dass mir zuhause der größte Fortschritt beider Vorzeigekonsolen verschlossen bleibt. Auch würde ich sagen, dass 4K bei einem 60-oder-weniger-Zoll-TV nicht kriegsentscheidend ist. Es ist nett, hier und da, gerade bei einem extrem detaillierten Spiel wie AC: Origins lässt es Szenen mit vielen Objekten etwas plastischer wirken, aber brauchte ich es? Nein. Muss ich aber auch nicht nutzen.
Das einzige Spiel, bei dem es aktuell scheinbar schon den Modus-Wechsel-Patch gibt, ist Gears of War 4, wo ihr vergleichbar der PlayStation Pro zwischen hoher Auflösung oder 1080p-Supersampleing mit mehr Details und Frames auswählen könnt. Mittelerde, Assassin's Creed und viele mehr sollen diese Wahlmöglichkeit noch bekommen. Von dem einen Spiel ausgehend scheint es da nicht anders zu sein als bei der PlayStation Pro: Bei einem 55er-4K-TV kann ich ganz klar sagen, dass dies aktuell immer meine bevorzugte Variante ist, da mir der schönere Look dieser Dinge mehr gibt als die Auflösung, die bei dieser Größe des TV einfach nicht richtig zur Geltung kommen will. Gerade Assassin's Creed und Mittelerde, beide eh schon nicht hässlich, freuen sich über erkennbar schönere Grafik. Am Ende ist der Wechsel von einer One (S) zu einer One X identisch mit dem Kauf einer neuen Grafikkarte: Ihr bekommt das, was ihr kennt, in etwas hübscher, sei es nun in Form von mehr Auflösung oder Details im Spiel.
Was uns zu den im Pressekit mitgelieferten Spielen bringt. Mit Ausnahme von Lucky's Tale, einem kleinen, feinen Plattformer, der sich in den 480p der ersten Xbox genauso wohl fühlen würde wie in den 4K der One X, sind alle Spiele bekannt, was einem beim Durchblättern besonders deutlich klar wurde. Es gibt eine neue Konsole und keinen Vorzeige-Titel, den ihr nur hier bekommt. Das traf auf die PlayStation Pro natürlich genauso zu und wie dort ist es auch hier fester, wichtiger und richtiger Teil des Programms, dass alles sowohl auf der "kleinen" wie auch der "großen" Konsole läuft. Mit dem kleinen Unterschied, dass Sony nach wie vor deutlich mehr exklusive Titel im Programm hat und diese weiter gefächert sind. Das Download-Kit machte das deutlich: Das einzige wirklich frische, große, exklusive Spiel - die generelle Windows-Kompatibilität für einen Moment außen vor - ist Forza 7. Gears of War 4 und Halo 5 sind deutlich älter, ReCore und Quantum Break nette Games, aber längst durch fast alle Sale-Zyklen gewandert. Und den Rest gibt es eben auf jeder Plattform.
Mein Problem hier ist ganz einfach: Vor mir steht die technisch aktuell beste Konsole auf dem Markt. Sie ist schnell, sie ist leise, sie lässt Spiele, die schon schön waren, noch schöner laufen. Wenn ihr ein Xbox-Gamer seid und gerade nicht jeden Euro umdrehen müsst, dann gönnt euch das Upgrade. Wenn ihr eine Media-Box sucht, die auch FIFA und ein paar andere Titel möglichst schön auf den Screen bringt, sonst aber vor allem friedlich und schweigend eure Medien in 4K abspielt, dann sicher, warum nicht. Fantastisches Gerät. Wenn ihr jetzt aber der Hardcore-Gamer seid, aber eben nicht das Geld für zwei Plattformen habt oder einfach nicht zwei hinstellen möchtet, dann wird es komplizierter. Rein am Potenzial gemessen liegt die One X vorn. Wie weit, das wird Digital Foundry klären, aber es wird schon nicht ganz marginal sein. Die große Frage ist halt nur: Was habe ich davon? Microsoft hat drei herausragende Serien, Forza, Halo und Gears. Racing und Ballern, beides ohne Frage in Bestform. Sony hat eine ganze Barrage an exklusiven Spielen zusätzlich zu all den Titeln, die es eben (fast - Switch) überall gibt. Beide haben spannende Indies, Sony hat mehr davon. Wen VR interessiert, dem bringt die One X noch nicht viel, bei Sony kann er gleich loslegen. Auch, weil es überall erhältlich ist, denn sooo viele scheint es dann doch noch nicht zu interessieren, aber: anderes Thema. All die Japan-Titel von Square Enix und anderen gibt es oft nur für die PS4, da die Xbox in Japan einfach kein Thema ist. Aber, und das muss man auch klar sagen: Für beide Plattformen gibt es massig Spiele, etwa 1300 für die Xbox und 1600 für die PlayStation. Es ist also nicht so, dass man ohne Exklusive nicht leben könnte. Und doch, am Ende fehlt mir gerade zum Launch eines so wichtigen "Updates" das eine große, exklusive Spiel, das ich nur auf dieser neuen Anschaffung spielen kann. Es gehörte immer zum Kauf einer neuen Konsole dazu, aber dann wiederum sind weder Pro noch One X eine "neue" Konsole. Sondern eben "nur" ein Update. Es geht bei der Frage "was kann ich spielen" nicht um diese 30 Exklusiv-Titel mehr, es geht vor allem um die Identität, die diese Titel der Plattform geben. Die Xbox hat auch eine Identität mit den genannten Titeln, aber sie ihr halt eingeschränkter, entwickelt sich aktuell kaum weiter und weniger ausgeprägt.
Ich bin etwas abgedriftet, zurück zur Xbox One X. Wäre dies ein Hardwaretest, sie bekäme von mir mit Kusshand Gold, es ist ein sehr beeindruckendes Stück Technik, das dabei noch nicht mal viel Gelegenheit hatte, zu zeigen, was wirklich in ihm steckt, aber alles, was man so kennt, noch mal schöner aussehen lässt, als es eh schon war. Wer richtig Geld in seinen TV mit 4K und HDR gesteckt hat, der kommt um dieses Upgrade nicht herum, selbst wenn es vielleicht nicht gleich heute sein muss. Ich bin ein Fan der Xbox-Plattform, ich werde ihr treu bleiben und wer das auch sagen kann, der bekommt hier den nächsten Schritt. Leider bin ich auch ein Fan vieler guter exklusiver Konkurrenzprodukte und das ist die Achillesferse der One X im Moment. Die One schwächelte schon die ganze Zeit in diesem Punkt - auch wenn es ein paar fantastische Ausnahmen der Regel gibt - und daran ändert auch ein ausgesprochen beeindruckendes Hardwareupgrade nicht viel. Und ja, es ist wirklich beeindruckend. Klein, leise und extrem leistungsstark sind gute Eckdaten als Ausgangslage, um sich hinzusetzen, ein paar Studios zu suchen und ein paar richtig heftige Exklusivtitel auf die Beine zu stellen - und zwar "exklusiv-exklusiv", nicht "console-launch-exklusiv".
So, und nun in freudiger Erwartung all der Dinge, die Digital Foundry uns gleich in harten Zahlen berichten wird, hier natürlich in der Übersetzung.