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Geheimakte 3 - Test

Wenn Tempo und gefällige Rätsel nicht mehr reichen.

Das wird jetzt nicht ganz einfach. Geheimakte 3 ist eines dieser Spiele, die wenig wirklich falsch machen, aber so viel deutlich besser auf die Reihe bekommen könnten. In den knapp sieben Stunden, die ich damit verbrachte, gab mir das wohl vorerst abschließende Kapitel der altgedienten deutschen Adventure-Reihe niemals das Gefühl, es ausmachen zu wollen. Es ging fix voran, wechselte vor dem etwas zu zeitigen Ende oft genug Schauplatz und Gangart und hielt mich sogar mit seiner Geschichte durchaus interessiert.

Oft musste ich dem Spiel nach kurzem Steckenbleiben und Dann-doch-auf-die-Lösung-kommen zugutehalten, dass seine Designer deutlich logischer dachten, als mein von zahllosen anderen Genre-Vertretern schon etwas zu sehr verdrehter Denkapparat. Gerade dafür weiß man Geheimakte 3 wirklich zu schätzen, selbst wenn es hier und da im Namen des Pacings vielleicht etwas zu einfach ist. Auch entwickelt die Angewohnheit der Reihe, die zugrunde liegende Verschwörungstheorie schön in die Welthistorie einzubetten und eine Verknüpfung in die Neuzeit zu schaffen, mal wieder einen guten Zug. Es ist beinahe plausibel, was hier passiert - wobei ich Einzelheiten des hier gewählten Hintergrundes besser nicht nachschlage. Wichtig ist: Es ist die Sorte Conspiracy-Quatsch, die gerade durch ihre Erdung wirklich gut funktioniert.

Rätseldesign und Handlung - die Basis eines jeden guten Adventures - überzeugen in Geheimakte 3 also von vorne bis hinten. Da ist es umso trauriger, dass Animation Arts auf die volle Länge gerechnet bei der Figurenzeichnung Schärfe und bei den Dialogen Pepp und Biss vermissen lässt. Es ist kein Einzelfall bei Adventures, aber hier verrät einem die Berufsbeschreibung eines Charakters wirklich alles, was man über ihn wissen kann und muss. Jetzt wo ich das schreibe, fällt mir auf, dass Ninas Beruf nicht mit einer Silbe erwähnt wird, was auch erklärt, warum die Rothaarige die ganze Zeit über die typische, austauschbare Point-and-Click-"Heldin" vom Dienst bleibt. Ihr Verlobter, der idealistische Archäologe Max, bleibt gleichermaßen profilarm, dass man sich fast fragt, warum Entwickler Animation Arts unbedingt an diesen Figuren festhalten wollte. Vielleicht sagt ihr es mir, ich habe keine allzu lebhafte Erinnerung an die früheren Geheimakte-Spiele mehr.

Geheimakte 3 - Trailer

Das führt auch dazu, dass Ninas verhältnismäßige Gefasstheit über die Entführung ihrer besseren Hälfte eine unpassende Leichtigkeit über das an sich ziemlich kompetent umgesetzte Adventure-Prozedere legt. Warum traut man sich nicht, hier das Drama etwas hochzufahren? Wieso vermittelt man dem Spieler nicht besser, was auf dem Spiel steht? Wollte man bewusst nicht so düster werden, dann muss sich Animation Arts vorhalten lassen, dass Dialoge und Inszenierung auch ruhig etwas komischer oder kerniger hätten ausfallen können. So wie es ist, bleibt es zahm und irgendwie ein wenig langweilig.

Ab und an probiert Nina es mal mit einem schnippischen Spruch, aber im dramaturgischen Vakuum trägt ihn die arg abgelesene Betonung nur selten bis zu der Hirnwindung, die für die Verarbeitung von Humor verantwortlich ist. Fast jeder der passend gewählten Sprecher ist genau das, ein Sprecher, der vorliest. Nicht aber jemand, der über die Geschehnisse schauspielern würde. Auch hier wieder: kein exklusives Geheimakte-Problem, aber eines, das mir mit jedem Spiel unangenehmer auffällt. Die Fraktion Spieler, die Adventures um der alten Zeiten willen grundsätzlich ohne Sprachausgabe spielt, wird es wenig stören.

Angesichts des Namens des Studios - Animation Arts - bleibt vor allem aber auch unverständlich, dass man fast alle Rätsel-Auflösungen zwar initiiert, nie aber seht, was passiert, sobald man die richtige Gegenstands-Kombination auf seinem aktuellen Hindernis benutzt. Es sind Vorher-Nacher-Bilder der jeweiligen Szene mit einer frechen Überblende dazwischen. Das wird sicherlich nicht nur in Geheimakte so gehandhabt und natürlich auch, weil man einige Dinge nicht unbedingt sehen muss. Aber oft wird man einfach das Gefühl nicht los, dass Animation Arts einfach so viel vom Spiel wie möglich mit den generischen Gehen-, Laufen-, Benutzen-Animationen erledigen wollte. Und was damit nicht zu schaffen war, wird einfach unter einem "wenig später" verborgen. Nie seht ihr Nina diese eine Figur mit einem Eimer Wasser übergießen, wie sie einen gewissen Apparat ansetzt, um einen großen Gegenstand zu bewegen. Oder wie sie diese Katze fängt. In Zeiten, in denen immer kleinere Studios immer aufwendigere Spiele hinbekommen, wirkt dieser Workaround ein bisschen billig. Gerade für "Deutschlands erfolgreichste Adventureserie" - O-Ton des Publishers.

Visuell lässt es das Spiel ebenfalls etwas an Persönlichkeit vermissen, wirkt sehr sauber und detailreich, aber gleichzeitig auch ziemlich steril. Gerade die Innenräume haben darunter zu leiden, auch wenn es gegen Ende etwas besser wird. Der Schaufensterpuppen-Alarm der Protagonisten ist zudem nicht ohne, mit ausdrucksschwachen Gesichtern, die mit einer Handvoll mehr Kanten auch aus der letzten Konsolengeneration kommen könnten. Zum Glück schlägt das Uncanny-Valley nicht ganz so feste zu, wie bei Memento Mori 2, weil alles etwas stärker stilisiert ist. Und ab der Mitte werden auch die Umgebungen ein wenig lebhafter und auch gestalterisch etwas interessanter. Zusammen mit den rudimentären Animationen bleibt aber auf optischer Seite ein Spiel, das einen nur selten wirklich gefangen nimmt.

Geheimakte 3 ist trotzdem ein klassisches Adventure, auf das sich gute Teile der Zielgruppe einigen können werden. Es steht auf kurzen, aber straffen Beinen, geht damit ein gutes Tempo und wirkt ziemlich routiniert. Und doch bezweifle ich stark, dass ich mich in einem halben Jahr noch wirklich daran erinnern werde. Ihm fehlen der originelle Touch und eine Liebe zum Detail, die über gut konstruierte Rätsel hinausgeht. Der fast schon kriminelle Mangel an denkwürdigen Charakteren und Konflikten tut sein Übriges, um zu verhindern, dass man sich dem Spiel wirklich hingibt. Wenn es Animation Arts Agenda war, eine solide Geschichte zu erzählen, wird das Spiel seinen Ambitionen vollauf gerecht. Aber für ein Studio mit derartigen Erfolgen unterm Gürtel sind das doch denkbar niedrig hängende Früchte.

6 / 10

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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Geheimakte 3

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