Geheimakte Tunguska
Abenteuer Wii
Point´n´Click + Wii-Mote = Perfekte Steuerung?
Ja.
So einfach kann es sein. Das bereits 2006 für PC erschienene Adventure Geheimakte Tunguska hat es ohne irgendwelche Probleme auf die Wii geschafft und lässt sich dort genauso gut, wenn nicht besser, handhaben. Nun, vielleicht auf Dauer ein klein wenig ermüdender, je nachdem wie Ihr die Mote haltet.
Die Umsetzung von Adventures auf die Wii, die 90 Prozent ihres Spielablaufs mit dem Zeigen auf Objekte bestreiten, scheint eigentlich offensichtlich und so dürfte Tunguska wohl ein Versuchsballon für die Zukunft sein. Ein dankbarer, zugegeben. Das Spiel kam schon auf dem PC weitestgehend mit den beiden Maustasten aus, eine zum Benutzen, die andere zum Angucken. Dazu dann noch das Inventar auf eine weitere Taste und schon habt Ihr alles zusammen. Das Ganze flugs auf A, B und „Steuerkreuz unten“ verteilt. Fertig.
Optional könnt Ihr den Nunchuk anschließen, um mit dem Analogstick die Figuren direkt zu lenken. Ihr könnt es aber auch sein lassen, denn mittels Zeigen und Klicken bewegen sie sich genauso zügig an den gewünschten Ort. Und ein Doppelklick auf eine Tür lässt Euch sofort in den nächsten Raum wechseln, womit endlose Wanderungen entfallen. Ja, Tunguska und die Wii passen, was die Steuerung angeht, zusammen wie Hand und Handschuh.
Auch sonst gibt sich das Adventure dafür, dass es ja eigentlich schon zwei Jahre auf dem Buckel hat, kaum Blößen. Bei dem immer noch hübschen Look der Bilder kommt es sicher gelegen, dass die geringere Auflösung der Konsole als Weichzeichner fungiert, so dass kaum der Eindruck entsteht, dass Euch hier zweite Wahl geboten wird. Sogar die fast naturgegebene Sterilität solcher Szenerien fällt dadurch weit weniger ins Auge als noch auf dem gnadenlos hochauflösenden PC-Screen.
Bis hierhin wäre also alles eine Wonne, nur leider bringt Tunguska als Spiel ein paar Eigenheiten mit, die unabhängig von Steuerung und Optik den Spaß trüben. Eine davon ist Glaubwürdigkeit. Sicher, ein Plot um geheime Russenexperimente, Verschwörungstheorien und seltsame Kometen lädt zu wilden Geschichten ein und Tunguska bietet in dieser Richtung auch so einiges. Aber es gibt immer wieder Momente, in denen Euch sofort und sehr schmerzhaft bewusst wird, dass hier einfach nur ein Grund gesucht wurde, man aber keinen glaubwürdigen Weg fand.
Schon zu Beginn gibt es eine Szene, in der die Protagonistin bei der Polizei anruft, um zu melden, dass in das Büro ihres Vaters eingebrochen wurde und dieser selbst verschwunden ist. Sie erhält daraufhin die Antwort, dass der Vater bestimmt nur mal kurz wegging und sich die Polizei nicht um alles kümmern kann. Persönlich war ich glücklicherweise noch nicht in der Situation, einen solchen Anruf tätigen zu müssen. Aber meinem Wissen nach interessieren sich die Freunde und Helfer für jeden Einbruch und schicken recht zügig jemanden vorbei.
Klar, es brauchte einer Ausrede, warum jetzt die Heldin selbst und sofort etwas tun muss, nur das ist schlecht und einfach plump. Weitere Stellen folgen, wenn auch selten dermaßen offensichtlich, aber zu vieles was geschieht, lässt selbst die zwangsweise der Logik der Rätsel folgende Welt eines Adventures schaudern.
Die Geschichte um das Geheimnis des Meteoriteneinschlags von Tunguska an sich wirkt wie eine Akte X–Folge, die künstlich auf eine Laufzeit von mehreren Stunden gestreckt wurde. Häufig angereichert mit eher belanglosen Dialogen, die weder die prinzipiell sympathischen Charaktere noch die Handlung wirklich weiterbringen. Ihr sucht zu Beginn den Vater und daran ändert sich im Laufe der Sightseeingtour nicht viel. Viel verschenktes Potential entlang des Weges, gekrönt durch ein alles andere als zufriedenstellendes Finale.
Diese Tour wird von größtenteils komplett entkoppelten Rätseln gesäumt, die in viel zu häufigen Fällen darauf hinauslaufen, einfach mal alles auszuprobieren, was Ihr auf dem Screen seht und im Inventar habt. Dann die Reihenfolge ändern und noch mal alles testen. Irgendwann einen Erfolg erzielen, von dem Ihr Euch fragt, wie um Threepwoods heiligen Namen Ihr durch reines Nachdenken da hättet drauf kommen sollen. Zu oft sagte ich nach endlich gelöstem Hindernis: „Und wie zur Hölle hätte ich das ohne wildes Rumprobieren lösen können?!“
Nicht alle Knobelaufgaben folgen zum Glück diesem dunklen Pfad der Adventure-Macht und die Mehrzahl der Tunguska-Rätsel gibt sich solide, leider lässt sich keinem davon weder wirkliche Genialität nachsagen noch passt ihre Abgehobenheit in das auf realistisch getrimmte Setting.
Überzeugen kann dagegen immer noch das Feature der Lupe, die Euch mittels Tastendruck auf dem Screen alles hervorhebt, was Ihr anklicken könnt. So bleibt Euch das Absuchen des Fernsehers mit dem Zeiger erspart und Eure Nerven zumindest in diesem Punkt geschont.
Auch auf der Wii ist Geheimakte Tunguska leider längst nicht alles, was es sein könnte. Die Umsetzung gelang perfekt und rein am Komfort gemessen, misse ich nichts. Nur ändert dies nichts daran, dass Tunguska als Adventure schon immer ein wenig hinter den eigenen Versprechen als eines der Großen unserer Zeit zurückblieb. Aufgesetzte Rätsel und eine unnötig oberflächliche Story mit viel verschenktem Potential werden nicht besser, wenn sie von hübschen, gut synchronisierten Rendermenschen in schicker Umgebung präsentiert wird.
Adventurefans finden hier zwar immer noch genug, um sich für eine paar lange Abende zu bespaßen, aber wer jetzt nicht so tief in dem Genre verwurzelt ist, sollte eher auf die Umsetzung von echten Highlights hoffen. Dreamfall, irgendwer?
Geheimakte: Tunguska wird ab Ende April für die Wii und das DS erhältlich sein.