Gelly Break: Wie man aus einem "kinderfreundlichen Dark Souls" ein gutes Spiel macht
Indem man Arbeit in den Schwierigkeitsgrad steckt natürlich.
Die Switch ist ja bekanntlich eine tolle Multiplayer-Maschine. Nicht nur, weil sie in Form der Joy-Con ab Werk gleich mit zwei Controllern kommt, sondern weil ihr auch immer und überall damit zu zweit spielen könnt. Mit Freude erinnere ich mich heute noch an eine Partie Overcooked mit dem Kollegen Alex vor zwei Jahren auf der Gamescom, die sich hervorragend als Twitch-Stream gemacht hätte, hätte nur jemand das Smartphone ausgepackt und gefilmt.
Gelly Break versucht, in die gleiche Kerbe zu schlagen, nur geht es darin nicht ums Kochen. Stattdessen handelt es sich um einen 3D-Platformer, der zwangsläufig mit zwei Spielfiguren gespielt werden muss: einem grünen und einem orangefarbenen gallertartigen Blob. Wie es zu diesem Spiel kam und was die künftigen Pläne des Entwicklers sind, das habe ich mit Maik Reichelt besprochen, Senior Project Manager bei ByteRockers' Games aus Berlin.
"Als wir damals an dem Punkt waren, dass wir ein neues Spiel machen wollten, hatten wir gerade unsere letzten Erfahrungen auf mobilen Endgeräten hinter uns", sagt Reichelt. "Genau zu diesem Zeitpunkt kam die Switch auf dem Markt. Wir haben uns dann überlegt, was das System auszeichnet und welche Art Spiel gut auf die Konsole passen würde. Das war praktisch die Geburtsstunde von Gelly Break." Nun ist Gelly Break zwar ein 3D-Plattformer, aber kein neues Super Mario Galaxy, das Spielprinzip ist relativ simpel. Ihr springt von Plattform zu Plattform - wenn ihr zu zweit spielt, macht ihr das parallel, wenn ihr allein spielt, werden beide Blobs grundsätzlich übereinandergestapelt.
Das Spiel macht es aber immer wieder nötig, dass ihr auch im Multiplayer diese Huckepack-Haltung einnehmt, beispielsweise dadurch, dass es euch Plattformen entgegenwirft, auf denen eben nur einer von beiden stehen kann - der Orangefarbene oder der Grüne. Spielt ihr alleine, könnt ihr den oberen und den unteren Blob per Knopfdruck austauschen. Spielt ihr zu zweit ... naja, dann müsst ihr euch synchronisieren. Gelly Break gibt euch zwar ein relativ großzügiges Zeitfenster, vor dem Fernseher kann das trotzdem für hektische Schreierei sorgen.
Gelly Break kommt ziemlich schnörkellos daher, es gibt keine tiefgreifende Story, sondern einfach nur puren Spielspaß. Sofort. Für jedermann. Ihr hüpft als Schleim durch die Gegend und schießt Schleimbälle aus eurer Schleimschnauze. Das kann bisweilen herausfordernd sein, denn manche Sprünge sind nicht unbedingt leicht zu nehmen - alles in allem ist Gelly Break aber kein unmöglich zu bewältigendes Spiel, im Gegenteil, es eignet sich auch hervorragend, um es mit Kindern und Kindeskindern zu spielen, sofern selbige in der Lage sind, einen Joy-Con zu halten.
"Im Grunde wollten wir mit dem Spiel alle Altersgruppen abgreifen, wir sind deshalb sogar durch Kinderfeste gezogen", sagt Reichelt. Man hat uns aber wörtlich gesagt, dass Gelly Break ein 'kinderfreundliches Dark Souls' ist." Der Schwierigkeitsgrad war also deutlich zu hoch. "Die Community hat uns wirklich gut geholfen, den Schwierigkeitsgrad so anzupassen, dass wir alle Spieler zusammenbringen können. Ohne ihn aber so herunterzuschrauben, dass das Spiel keine Herausforderung mehr wäre." Tatsächlich spielt sich Gelly Break insbesondere bei den Endbossen durchaus herausfordernd - die warten übrigens in jedem der insgesamt zwölf Level, die ihr in verschiedener Reihenfolge spielen könnt. Ihr müsst euch also bemühen, sie zu besiegen - und doch müsst ihr nicht erst trainieren und an Workshops teilnehmen, um es zu schaffen. "Ich denke, wir haben es ganz gut hinbekommen, den Schwierigkeitsgrad richtig zu balancieren."
Hürden gab es bei der Entwicklung aber natürlich auch. "Wir haben zum ersten Mal die Unreal-Engine benutzt", sagt Reichelt. "Das hat uns geholfen, aber natürlich mussten wir uns auch erst mal dran gewöhnen. Interessant war außerdem die Problematik mit der Farbenblindheit. Wir setzen nun mal auf Orange und Grün als Signalfarben. Das sind aber gerade die Farben, die man nicht gut unterscheiden kann, wenn man mit einer Rot-Grün-Schwäche lebt. Das haben 15 Prozent der Menschen! Daran wollen wir arbeiten."
"Wir würden außerdem gerne noch mehr mit Gelly Break machen", sagt Reichelt. "Für den Release auf der Switch haben wir uns mit Wild River einen Publisher gesucht, der uns auch geholfen hat, mit dem es aber auch nicht immer ganz einfach war. Wir sehen aber, dass da noch mehr Potenzial drinsteckt." Deshalb will sich das Team spätestens Anfang nächsten Jahres noch einmal daran machen, das Spiel weiterzuentwickeln. Dann sollen erweiterte Versionen für PC, PS4 und Xbox One erscheinen, ein entsprechendes Update gibt's für Besitzer der Switch-Version dann kostenlos. "Wir würden gerne alles aus dem Spiel rauskitzeln. Der Umfang soll wachsen, außerdem werden wir daran arbeiten, die Story noch ein bisschen anzupassen. Wir werden auch am Ablauf der Level arbeiten", so Reichelt. "Außerdem arbeiten wir an Ideen wie einer Speed-Run-Challenge und an der Frage, ob man Gelly Break vielleicht sogar zu viert spielen könnte."
Ganz einfach ist die Arbeit aber natürlich nicht immer. ByteRockers' Games besteht insgesamt aus 20 Personen, die mit zwei Teams jeweils an verschiedenen Projekten arbeiten. Bei Gelly Break hat es mit vier Kollegen angefangen. "Später mussten wir aber aufstocken auf neun Leute." Gelly Break ist also noch nicht am Ende, der Vierspielermodus verspricht sicher eine Menge Chaos.
Auch abgesehen davon hat ByteRockers' Games Ambitionen: "Aktuell arbeiten wir an Gravity Lane 981, das ist unsere Liebeserklärung an Portal", so Reichelt. Der Spieler soll sich darin aber nicht in einer Reihe experimenteller, künstlicher Räume bewegen, sondern in einem Herrenhaus, in dem er mit einer Gravity Gun Rätsel löst. "Für den Zeitraum der gamescom kann sich übrigens jeder davon begeistern lassen, da wird es eine kostenlose Demo bei Steam geben", so Reichelt. "Ich freue mich im Übrigen auch sehr, dass wir für die Messe schon Termine mit Publishern haben. Ich bin wirklich stolz, das zu zeigen." Der Release von Gravity Lane 981 ist derzeit für 2020 geplant.
Entwickler/Publisher: ByteRockers' Games/Wild River - Erscheint für: Switch - Preis: 19,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Gespielte Version: Switch - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein