German Truck Simulator
Großer Selbstversuch: Ein Tag als Lkw-Fahrer
Fortgeschrittene Simulanten wie ich stellen auf jeden Fall noch ein Lkw-Kennzeichen mit dem eigenen Namen auf den Schreibtisch. Solche Dinger liegen ja immer hinter den Windschutzscheiben der Trucks. Leider hatte ich keins mit dem Schriftzug Hans, Manni oder Siggi und musste mich mit einem ausrangiertem Autokennzeichen zufrieden geben.
Mein Alter Ego nannte ich übrigens Horst Voll. Weil ich bei einer Polizeikontrolle die Frage „Wie heißen Sie?“ schon immer mal (Achtung, jetzt kommt ein Mörderbrüller!) mit den Worten „Ich bin der Voll, Horst“ beantworten wollte.
Ein bisschen blöd ist halt, dass die Ordnungshüter im German Truck Simulator niemals aufkreuzen. Selbst, wenn man wie ich absichtlich auf der A9 in die falsche Richtung rast, um aus Spaß einen lustigen Stau von Nürnberg bis zum Mars zu provozieren. Ein Beweisbild dazu gibt’s übrigens in der Bildergalerie.
Kommen wir zu anderen Verstößen: Während der Fahrt mit dem Handy zu telefonieren, ist laut Straßenverkehrsordnung bekanntlich verboten. Doof!
Na ja, wer mit einem 40 Tonnen schweren Gefahrguttransporter heiße Chemikalien durch Deutschland kutschiert, darf wenigstens straffrei Zeitung lesen, Porno gucken oder Double Whopper futtern, damit ihm nicht langweilig wird. Das klappt auch mit dem German Truck Simulator, was sehr realistisch ist.
Natürlich habe ich alle Arten von Ablenkungen ausprobiert – und es kam außer einem Vorfahrt-achten-Schild niemand ums Leben! Mone behauptet, das liege schlicht und ergreifend an der traurigen Tatsache, dass im ganzen Spiel kein einziger Passant herumläuft. Okay, diesbezüglich hat sie Recht. In Rostock gibt es sogar weder Menschen noch rechtsradikale Blödmänner, die man überfahren könnte. Insofern ist das Lkw-Spiel doch nicht ganz realistisch. Trotzdem lernt man viel fürs wahre Leben. Zum Beispiel, wenn ihr euch mit dem letzten Tropfen Sprit bis nach Dortmund gerettet habt, um dort festzustellen, dass es in Städten keine Tankstellen gibt. WTF?
Auch brachte mir der German Truck Simulator bei, dass sich mein Intelligenzquotient im einstelligen Bereich befinden muss (zu meinen Gunsten geschätzt). Was war ich stolz, dass ich die 568 Kilometer von Dortmund nach Dresden in einer Rekordzeit von fünf Stunden und 38 Minuten schaffte! Ich hatte alles, was mir auf der Bundesstraße vor den Kühler kam, unter Einsatz meines virtuellen Lebens erbarmungslos in den Rückspiegel befördert und war zweimal für je 250 Euro geblitzt worden. „Platz da, du mit deinem Mazda!“, brüllte ich immer wieder infernalisch, was mir den einen oder anderen tadelnden Blick von Mone einhandelte. Tz, kein Sinn für die Ästhetik des Wahnsinns, diese Frau.
Warum mein Laster bei den mörderischen Überholmanövern abging wie nie zuvor, merkte ich erst, als ich ankam. Genau genommen registrierte ich es, als Mone trocken resümierte: „Das hast du gaaanz toll gemacht, Horst. Aber das nächste Mal solltest du in Dortmund nicht vergessen, den Hänger mit der Ladung anzukoppeln, okay?“ Jajaja. So ein kleiner, unbedeutender Fehler kann im Eifer des Gefechts schon mal passieren. Kein Grund, hämisch zu grinsen, MANN!
Okay Leute, tut mir Leid, ich muss für heute aufhören mit dem Schreiben, Oberschwester Mone und die stämmigen Männer in den weißen Turnschuhen sind gerade in die Gummizelle gekommen. Sie bringen die Medikamente, verpassen mir Elektroschocks und setzen mir meine Ledermaske wieder auf. Wenn ich heute niemanden mehr beiße oder gar aufesse, darf ich morgen wieder German Truck Simulator spielen, sagen sie. Das ist sehr schön.