Skip to main content

Giana Sisters DS

Heitere Hupfdole

Ein weiteres neues Spielzeug ist die Sodaflasche. Sobald die Heldin sie schüttelt und öffnet, schießt ein Strahl heraus. Der zerstört bestimmt Steinstrukturen und löscht Flammen. Oder schubst nerviges Getier beiseite – quasi wie in den Achtzigern die Wasserwerfer bei „Petting statt Pershing“-Demonstrationen. Teleporter existieren auch in der Neufassung. Allerdings führen sie lediglich in Bonus-Höhlen oder andere Abschnitte. Niemals direkt in höhere Level, wie das bei diversen versteckten „Warp-Abkürzungen“ der Urfassung der Fall war. Seinerzeit musste man also nicht mal alle 33 vorhandenen Abschnitte durchwandern.

Ich fand Giana immer toll, weil sie eine der wenigen Frauen in meinem Leben war, die auf Befehl springt. Wo wir beim nächsten Gesichtspunkt wären: „Besonders gut gelungen ist die Steuerung“, urteilte Ottfried Schmidt vor über zwei Dekaden im Test der Zeitschrift ASM über das erste Werk mit der beliebten Hupfdole. Auch in der Neuauflage lenkt Ihr sie pixelgenau durch die Pampa, was sich besonders im späteren Spielverlauf als wichtig beweist.

Wenn die Dame beispielsweise auf nur wenige Millimeter großen Felssimsen umherturnt. Giana Sisters ist nie unfair. Im Gegenteil, durch jahrelange Erfahrung geadelte Steuerkreuz-Ritter scheint das Abenteuer eher zu wenig herausfordernd. Das liegt zum einen am relativ leicht durchschaubaren Leveldesign und den Blumen, die zwischendurch als Speicherpunkte dienen. Zum anderen nibbelt Giana nicht gleich bei der ersten unglücklichen Berührung mit einem Gegner ab – sofern sie gerade mit Punkfrisur unterwegs ist. Stattdessen verliert Madame nur ihre „wilde Seite“, wie es im Handbuch heißt.

Schon an diesem pummeligen Drachen ersichtlich: Das Spiel sieht zuckersüß aus.

Darüber hinaus gestaltet sich das Spiel einfacher als die Version 1987, weil Ihr mit großzügigen fünf Leben startet, relativ leicht Extraleben dazu gewinnt (eins für 100 gesammelte Diamanten) und mit einem deutlich weniger fiesen Zeitlimit kämpft. Apropos Zeit: Es dauert zwischen fünf und zehn Stunden, um durch das Spiel zu hopsen. Je nachdem, wie akribisch Ihr die Welten nach so genannten Achievements (Erfolge) und roten Diamanten durchforstet, um damit Bonus-Levels freizuschalten. Somit behält eine weitere Feststellung der Happy Computer von vor über zwei Dekaden ihre Bedeutung: „[Giana Sisters] ist nicht nur ein Geschicklichkeitsspiel mit netter Grafik, sondern bietet durch die vielen versteckten Extras einen zusätzlichen Spielanreiz.“ Hilfreich bei der Suche ist, dass Ihr das Sichtfeld etwas nach oben und unten verschieben könnt, wenn Ihr das Steuerkreuz in die entsprechende Richtung bewegt. Als nützlich erweist sich dieser Späh-Modus ferner, weil überall Gemeinheiten wie etwa Abgründe, Feuer und Wasserlöcher lauern.

Giana Sisters DS sieht für heutige Verhältnisse nicht atemberaubend aus, aber immerhin hübsch. Das Jump & Run wirkt dank des kindlichen Grafikstils und der drolligen Animationen so zuckersüß, man möchte beinahe Schwarzwälder Kirschtorte draus machen. Und der Ton? Über die Musik-Untermalung des Originals hieß es bei Happy Computer: „In Sachen Sound ist besonders viel los.“. ASM vergab indes sogar die Höchstpunktzahl 12. „Die Melodie […] glänzt durch zahlreiche Einheiten, die selbst beim C64 nicht alltäglich sind“, jubilierte Verfasser „Baller-Otti“, völlig überwältigt über „fünf Stimmen“ und das „digitalisierte Schlagzeug“.

Für einen Ohrgasmus reicht es anno 2009 nicht, aber es gilt ebenfalls: Die Macher haben das Flair der Urfassung prima eingefangen. Spielemusik-Komponist Fabian Del Priore ließ sich spürbar von „Sound-Magier“ Chris Hülsbeck inspirieren. Der DS düdelt ähnlich wie damals Sid, der C64-Soundchip. Zeitweise glaubt man gar, komplett identische Tonfolgen zu erkennen. Die spielerische Nähe zum Original kommt ja auch deshalb nicht von ungefähr, weil hinter dem DS-Projekt Armin Gessert steckt, neben Manfred Trenz einer der Giana-Urväter.

Es ist schon wichtig, dass das USK-Logo bei Spielen ohne Altersbeschränkung größer ist als das Cover-Motiv.

„Für mich ist Giana Sisters […] ein Spiel, das sich wohltuend aus der Masse der Neuveröffentlichungen hervorhebt.“, befand Ottfried Schmidt in der ASM von 1987. Das gilt für die DS-Variante nur bedingt. Kult-Status wie das große C64-Vorbild (momentan läuft wieder eine Versteigerung bei Ebay, die einen Preis von gut 200 Euro oder mehr erwarten lässt; siehe hier) erreicht sie sicher nicht. Zum einen, weil Rainbow Arts die Urfassung damals wegen eines Plagiatvorwurfs durch Nintendo (Super Mario Bros.) vom Markt nahm und damit heute relativ wenige gut erhaltene Exemplare im Umlauf sind. Zum anderen aber vor allem, weil das Spiel für heutige Verhältnisse sich dann doch etwas zu retro „anfühlt“. Einen Mehrspielermodus gibt's übrigens nicht, also auch keine Maria.

Dem Leveldesign fehlt es an Überraschungen, die Zahl der Gegnertypen ist zu gering und am Ende wartet stets derselbe Zwischenboss, dem man lediglich immer häufiger auf die Omme springen muss, um ihn zu besiegen. Mir hat Giana Sisters trotzdem einen Heidenspaß gemacht, und zwar so viel, dass ich mir jetzt einen eigenen DS hole. Mein Fazit: Weil der Schwierigkeitsgrad erst spät herausfordernder wird, spricht die niedliche Hüpferei wohl zwei Zielgruppen an: Dreikäsehochs unter sechs Jahre und Greise. Also alte Säcke ab 30. Womit sich der Kreis zum Song von Donald Dark schließt.

Giana Sisters ist exklusiv für DS und DSi erschienen und kostet rund 35 Euro.

7 / 10

Schon gelesen?