God of War: Ascension – Relevanz durch Multiplayer-Komponente?
Wir haben mehr als ein Zyklopenauge auf die Beta geworfen.
Es ist die Antwort auf eine Frage, die eigentlich keiner gestellt hat: Was wäre, wenn man God of War zusammen mit anderen spielen könnte? Demzufolge dürfte es nicht einmal Sony gewundert haben, dass die eine oder andere Augenbraue über die Ankündigung der Multiplayer-Komponente in die Höhe schnellte - zumindest bei den Leuten, die die Reihe nach drei Heimkonsolen- und zwei Handheld-Ablegern mit im Grunde unverändertem Spielablauf noch brennend genug interessierte.
Das regt natürlich zu Spekulationen an. Denn so toll God of War 3 auch war, so war ich mir doch ziemlich sicher, dass es damit erst einmal gut gewesen ist - für eine ganze Weile. Tatsächlich werden mit der Veröffentlichung von God of War: Ascension ziemlich genau drei Jahre ins Land gegangen sein, lange genug eigentlich. Aber soll der Multiplayer-Modus Sonys alleinige Antwort darauf sein, was mit der Reihe passieren muss, damit sie weiter relevant und reizvoll bleibt?
Alte Schule, neue Grafik
Das können wir zur Gänze wohl erst im März klären. Worüber ich euch allerdings schon ein paar Dinge erzählen kann, das ist der Beitrag, den die Mehrspieler-Komponente zur God-of-War-Reihe theoretisch zu leisten imstande ist: Es sieht bislang nach der Sorte Modus-Dreingabe aus, die man sich deutlich überflüssiger vorstellte. Den einen oder anderen Nachmittag verbrennt man schon in der knapp bemessenen Beta mit ihren zwei Spielmodi und ebenso vielen Maps und erinnert sich dabei an die Vierer-Klopper der alten Tage. Bleibt die Frage, wie viele Nachmittage das in der Vollversion sein werden, bevor man den Titel zugunsten eines anderen Spiels aus seiner Mehrspieler-Rotation entlässt und nie wieder daran denkt.
"Bleibt die Frage, wie viele Nachmittage man Spaß hat, bevor man den Titel wieder aus seiner Mehrspieler-Rotation entlässt und nie wieder daran denkt."
Der Einstieg gestaltet sich direkt interessant. Zunächst wählt ihr, welcher Gottheit ihr Tribut zollen will. Vier kann man schon sehen, zwei durften in der Mehrspieler-Beta aktuell gewählt werden: Ares und Zeus. Jeder Gott bestimmt gewissermaßen eure Charakterklasse. Zeus-Diener gehen besser mit Magie-Attacken um, während Ares-Streiter stärker austeilen. Für jede Gottheit gibt es demzufolge einen Pool an freischaltbaren Skills und Start-Fähigkeiten, die ihr für ihn zu Felde führt.
Für Level-Aufstiege erhaltet ihr Punkte, die ihr in effektivere Fertigkeiten investiert und so ein wenig euren Kampfstil mitformt. Rüstungen und Waffen werden gegen gewisse Aktionen und "Heldentaten" freigeschaltet, etwa eine bestimmte Anzahl an "ersten Treffern", geöffnete Truhen mir roten Orbs oder weil ihr zehn Gegner aus dem Ring geworfen habt. Jederzeit dürft ihr zudem ins Lager einer anderen Gottheit wechseln. Eure Ausrüstung behaltet ihr dabei, während ihr euch erst wieder neu im Rang hochprügeln müsst, um fortgeschrittene Skills und Zauber zu erlernen.
Muskelgedächtnis erwünscht
Im Vier-Spieler-Deathmatch namens "Favor of the Gods" (Gunst der Götter) geht es in der Arena des Herkules zur Sache, die man in God of War 3 besuchte. Der Kraftmeier steht oben auf einem Podest, um ab und an in die Arena zu springen und mit seinen güldenen Handschuhen eine Schockwelle durch die Arena zu schicken. Unten toben unterdessen die Spieler nach bekanntem Schema durch die Arena und versuchen sich mit leichter und schneller Attacke, drei Spezialangriffen und einem Zauber etwas zu großzügig zu skalpieren. Leichte Attacken kann man parieren, um einen Gegenangriff zu starten, während man schweren mit der Ausweichrolle entkommt.
"In 16-Bit-Pixeloptik könnte das Ding in jeder Nostalgie-Arcade stehen."
Hier und da entlassen die Götter Gesundheits- oder Magie-Orbs in die Arena, die Spieler ebenso schnellen Auges wie Fußes einsacken und sich dadurch einen Vorteil verschaffen. Zudem spawnen ab und an Sekundärwaffen, die sich häufig wirklich lohnen. Erreicht ein Spieler 8.000 Gunst-Punkte, gewinnt er das Spiel. Schnell einigt man sich auf die Taktik, immer dem Widersacher mit der kürzesten Energieleiste hinterherzurennen, und versucht, nah genug heranzukommen, um eine der langsamen, aber treffsicheren harten Attacken zu landen. Ist die Energieleiste eures Opfers leer, besiegt ihr den Unterlegenen mit einer normalen Attacke oder einem brutalen Finisher. Es ist eine Weile recht unterhaltsam, eben weil es doch ziemlich an alte Zeiten gemahnt: Es ist ziemlich geradeaus, schnell und oft recht chaotisch, wenn zwei bis vier Spieler in einem Knäuel aus flammenden Lichtwischern und diversen Zauber-Gewittern zusammenkrachen. In 16-Bit-Pixeloptik könnte das Ding in jeder Nostalgie-Arcade stehen.
Der zweite Modus ist im Grunde die Team-Variante des ersten, für acht Spieler und nicht nur deshalb direkt deutlich komplexer ausgerichtet. Vor dem angeketteten Zyklopen Polyphem rollt sich eine recht große, mehrstöckige Arena aus, auf der drei Altare platziert sind, die ihr erobern müsst, um eure Gunst zu steigern. Das Schema ist bekannt, allerdings ist der Ablauf deutlich kniffliger, wenn euch dieses Mal bis zu vier Spieler im Nacken sitzen, die euch während eurer Altar-Eroberungspose mit einer langen Kombo erst empfindlich treffen und dann auch noch in die Luft schleudern können. Zudem ist die Arena mehr eine Aneinanderreihung von Stegen und Wegen, weshalb ihr Konfrontationen bereitwillig annehmen müsst - oder ihr hofft, dass der Feind gerade Wichtigeres zu tun hat, als sich euch zu stellen.
Zwischen Wusel und Dusel
Eine alternative Siegbedingung ist es, das gebeutelte, titanische Einauge im Hintergrund zu töten, das durch satte Handplatscher selbst den einen oder anderen Kill für sich verbuchen kann. In jeder Runde werfen die Götter einen magischen Speer aufs Schlachtfeld - leider in einer Cutscene, die jegliche Kombo unterbricht - der Polyphem mit einem Augentreffer über den Hades schickt und so den Sieg für das jeweilige Team bedeutet. Auch wenn in unserer Anspielsitzung nur wenige Spieler den Sinn des Speers verstanden, so entbrannten doch im Handumdrehen einige aufgeregte Stellungskämpfe um das göttliche Gerät. Und wenn man auf diese Weise einmal ein Match beendete, dann war es umso befriedigender.
Das alles ist deutlich weniger unpassend als ich eingangs erwartet hätte, auch wenn hier schwerlich Weltbewegendes passiert. Es ist erfrischend altmodisch und die clever gestaffelten Extras mit ihren unterschiedlichen Freischalt-Bedingungen belohnen zielgerichtetes Spielen. Oft holen sie einen so zurück in die Arena, wenn man nach einer Stunde gerade dachte, man hätte so langsam genug von dem chaotischen Gemetzel.
Trotzdem macht sich doch das Gefühl breit, dass die Entwickler für den Einzelspieler-Modus besser noch ein paar zündende Ideen haben sollten, die über tolle Szenenbilder und spektakulär choreografierte Action-Momente hinausgehen. Es wäre schade, wenn Ascension erneut eine endlose Variation von Quadrat, Quadrat, Dreieck vor einer schrecklich schönen Schlachten-Tapete wäre.
Sie hatten drei Jahre Zeit. Entweder das reicht, um die Formel zu erneuern, oder man muss sich fragen, ob man dem beneidenswert talentierten Team bei Sony Santa Monica mit der sechsten Neuauflage einer endlosen Rachegeschichte einen Gefallen tut.