God of War III
Dante May Cry
In den Sandaletten des Hermes sprintet ihr dagegen senkrechte Wände hinauf (ein Feature, das Sony Santa Monica ein wenig verschenkt) oder prügelt euren Gegnern Knoten in die Arme. Erneut komplettiert ein Bogen das Arsenal, für den das Team eigens einige explosive Fässer im Spiel platziert hat und der ebenfalls gut dazu geeignet ist, Harpyien anzustacheln, sich in eure Richtung zu bewegen - nur um euch von den unglücklichen Biestern daraufhin über eine Schlucht tragen zu lassen. Insgesamt sind das sicherlich keine weltbewegenden Features. Im Spielkontext tun sie aber genau das, wofür sie eingebaut wurden: Sie sorgen dafür, dass GoW III nicht zur stumpfen Metzelorgie verkommt.
Die Rätsel und andere Auflockerungen fallen ebenfalls in diese Kategorie Spielelement: Sie halten zwar niemanden mit eineinhalb funktionierenden Hirnhälften davon ab, den nächsten Raum zu erreichen, lösen sich aber immerhin nicht von selbst und sind oft recht interessant in ihrer Aufgabenstellung. Eine schwache Musikspieleinlage, bei der - wenig elegant - sogar die Symbole der PlayStation-Buttons in die Spielumgebung eingearbeitet sind, bildet hier eine verkrampft-misslungene Ausnahme, ist aber zum Glück schnell vorbei. Wirklich gelungen sind dagegen die Gärten des Olymp. Der gesamte Level ist ein einziges großes Perspektiven-Puzzle.
Mit dieser Sorte Auflockerung hält God of War III das Spielerinteresse über die gesamten zehn Spielstunden (Fehlversuche über Fehlversuche, die auf dem normalen Schwierigkeitsgrad etwa eine bis eineinhalb Stunden zusätzlich ausmachen dürften, nicht mit eingerechnet) auf einem extrem hohen Niveau. Und wenn man dann durch ist, warten noch der nächsthöhere Schwierigkeitsgrad, eine Unmenge an Making-Ofs und Dokumentationen sowie die knackigen Herausforderungsräume mit einigen netten Aufgaben auf euch.
Wirkliche Probleme kennt der God of War nur wenige: An ein, zwei Stellen bin ich gestorben oder in den Tod gestürzt, weil das Spiel mir nicht so recht vermittelte, wie beziehungsweise wo es weitergehen sollte. An einer weiteren ließ mich das Spiel mehrmals einen Sprung in den Tod wagen, weil ich einen Geheimgang an der Rückseite der Wand nicht entdeckt habe. Wer mir von Zuhause aus nun „eigene Blödheit“ attestiert, sollte bedenken, dass God of War selbst Höhenunterschiede zweier begehbarer Ebenen, die sogar mein Hund mit einem Satz überwinden könnte, gerne mit einer unsichtbaren Wand idiotensicher macht. Warum machen sie es dann nicht auch an einer Stelle, an der es für den Spieler einfach nicht weitergeht?
Eine weitere (leichte) Irritation des Spielgenusses ist in der wackeligen Bildrate zu finden. Die bewegt sich zwar immer in „noch guten“ bis ausgezeichneten Bereichen (sprich: eine Idee unterhalb von 30FPS, oft genug aber auch bis nah unter die 60FPS), aber sie schwankt eben und das fühlt man.
Dafür ist das Tearing, für das die Reihe berüchtigt ist, endlich Geschichte und das optisch Gebotene einfach wunderbar. Ein Dante’s Inferno, das sich lobenswerterweise wie ein Rottweiler in seine 60 Bilder pro Sekunde verbeißt und niemals loslässt, sieht im direkten Vergleich trotzdem einfach weniger gut aus. Ich würde nicht tauschen wollen.
Ein weiteres Mal habe ich mich auch ein wenig an der extremen Gewalt gegen Wehrlose gestoßen. Nicht, weil ich sie nicht ertragen würde, sondern einfach, weil sie unnütz und albern ist. Ich verstehe nicht, wieso Kratos ausgerechnet eine gefesselte Frau dazu benutzen muss, einen knochenzermalmenden Schaltmechanismus zu blockieren. Mit solchen Schoten verkauft Sony Santa Monica sich und seinen Helden unter Wert. Das trifft übrigens genauso auf das alberne Sex-Minigame zu, das man wegen missverständlicher Stickeinblendungen (wer den Stick so schnell um die eigene Achse rotiert, wie es angezeigt wird, darf von vorne anfangen) x-Mal vergeigt.
Ein paar Stinker haben sich letzten Endes also doch noch in Kratos' vorerst letzten Gewaltakt eingeschlichen. Das Spiel deshalb abzukanzeln, wäre allerdings so, als würde man einen inbrünstigen Liebesbrief, den einem jemand unter die Tür durchgeschoben hat, zuerst auf Tippfehler untersuchen und dann korrigiert zurückzuschicken. Das Auge fürs Detail, die Liebe zu dieser Welt und zu seinem Hauptcharakter merkt man Sony Santa Monica jeden Meter an. Umso beeindruckender, dass es das Studio übers Herz gebracht hat, Kratos ein Ende zu spendieren, das sich auch wie eines anfühlt.
Es klingt vielleicht komisch, aber man hat irgendwie das Gefühl, sich dafür bedanken zu wollen.
Für einen detaillierten, technischen Blick unter die Haube von Sony Santa Monicas Epos lest ihr unser Making of zu God of War III