Good Job - Test: Das Untitled Goose Game des Jahres 2020
Chaos im Büro.
Einen Projektor von Raum A nach Raum B bringen, damit dort eine Präsentation stattfinden kann. Das klingt nicht nach der kompliziertesten Aufgabe, der ihr euch je in eurem Leben gestellt habt. Tür auf, rüberschieben, fertig. Das wäre der normale Weg. Der langweilige Weg. Und was, wenn Türen sich nicht öffnen lassen? Verwenden wir einfach ein Stromkabel als Katapult und sehen was passiert. Der Projektor fliegt mit Schwung durch den Bürobereich, reißt klaffende Löcher in Wände, ohne dabei kaputt zu gehen - fragt nicht nach Logik! - und am Ende sind in dem komplett verwüsteten Abteil alle froh, dass die Präsentation endlich beginnt.
Wie ihr in Good Job euer Ziel erreicht, das bleibt wahrlich euch überlassen - innerhalb festgelegter Grenzen experimentiert ihr einfach drauf los und überlegt, wie ihr eure Aufgabe sinnvoll erledigt. Und Geld spielt keine Rolle, denn ihr seid der Sohn eines reichen Geschäftsmannes. Ihr habt im Grunde Narrenfreiheit und eure Aufgabe ist, euch buchstäblich in der Firma eures Vaters über eine Reihe von Stockwerken hinweg nach oben zu arbeiten. Und das ohne Rücksicht auf Verluste. Ein Glück, denn es macht viel mehr Spaß, mit allen Dingen herumzuspielen, die die Level hier zu haben haben.
Wie gesagt geht es darum, sich nach oben zu arbeiten. Ihr klappert die Level Stockwerk für Stockwerk ab und habt es dabei mit verschiedenen Arbeitsbereichen der Firma zu tun. Das fängt im ersten Stock mit den Bürogebäuden an und geht dann zum Beispiel ein Stockwerk darüber in eine Art Warenhaus über, in der ihr Gabelstapler und Kräne benutzt - dass dabei kaum eine Kiste oder ein Container auf dem anderen stehen bleibt, versteht sich von selbst. In jedem Level habt ihr dabei eine spezifische Aufgabe. Die sind im Kern häufig wenig komplex, wenngleich es sich in den meisten Fällen als kniffliger erweist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Die direkten Wege sind versperrt, daher braucht es Alternativen. Und dann geht es einfach ab und an mitten durch die Wand, wenn nichts anderes hilft. Dank der Physik-Engine lässt sich im Grunde mit allen Objekten innerhalb eines Levels Schabernack treiben.
Okay, dass Geld dabei keine Rolle spielt, stimmt nicht ganz. Am Ende geht es zwar alleine darum, euer Ziel zu erreichen, um in den nächsten Level zu gelangen. Aber: Das Spiel bietet Anreize, sie erneut zu spielen. Ihr erhaltet beim Abschluss eines Levels jeweils eine Bewertung, die von eurer Zeit und dem angerichteten Schaden abhängt. Und wenn ihr eine Spur der Zerstörung nach euch zieht, ist mit dem Erhalt der bestmöglichen Bewertung eher nicht zu rechnen. Somit gibt es den Ansporn, ein wenig vorsichtiger zu sein, wenngleich ich beim ersten Versuch einfach die Sau rauslassen würde. Dabei lernt ihr den Level kennen und seht, wie es einfacher, schneller und sicherer klappt. Und wenn ihr kein Perfektionist seid, kommt ihr erfreulicherweise auch so weiter.
In jedem Level verstecken sich weiterhin verschiedene Kleidungsstücke, die ihr zur Anpassung eures Charakters verwendet. Ein weiterer Grund, sie bis in die letzte Ecke zu erforschen. Das Knifflige daran ist, dass sie euch häufig genug einfach ins Auge fallen, ihr aber dann zuerst einen Weg finden müsst, um an sie zu gelangen. Das geschieht zum Beispiel durch die Nutzung anderer Objekte, Zerstörung und so weiter. Ihr findet so verschiedene Masken, Jacken, einen Wikingerhelm und ähnlich skurrile Dinge. Habt ihr sie einmal gefunden, lassen sie sich jederzeit im Pausemenü erneut ausrüsten.
Und wenn ihr bei eurer Arbeit Unterstützung benötigt, holt ihr euch einen Koop-Partner mit an Bord. Das bedeutet im Grunde doppeltes Chaos und doppelte Zerstörung, wenngleich es keine speziellen gemeinschaftlichen Aufgaben gibt. Ihr macht einfach das zu zweit, was ihr ansonsten alleine in Angriff nehmen würdet. Durch eine effektive Zusammenarbeit - einer räumt zum Beispiel den Weg frei - steigert ihr dabei aber eure Effizienz, wobei wie gesagt die Gefahr größer ist, dass Dinge zu Bruch gehen, da zwei Spieler mit all den Objekten interagieren.
Das Gute an Good Job ist, dass es euch nicht bestraft, wenn ihr vermeintlich was falsch gemacht und eine Wand eingerissen habt. Klar, zur bestmöglichen Bewertung führt das am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, euer Ziel erreicht ihr trotz dieses einen Malheurs - und auch wenn der halbe Level in Schutt und Asche liegt. Vereinzelt kommt es dabei dezent spürbaren Einbrüchen der Framerate, wenn ihr viele oder einige spezifische Objekte manipuliert. Nichts Dramatisches, was das Spiel in dem Moment unspielbar macht, in Anbetracht des davon abgesehen flüssigen Gameplays fällt's einfach auf.
Am Ende gibt es an Good Job wenig zu kritisieren. Wenn es darum geht, ohne große Einschnitte Chaos anzurichten, ist es im Grunde das Untitled Goose Game des Jahres 2020. Wenngleich ich mir hier und da wünschte, dass all die Leute auf den einzelnen Etagen mehr auf die Verwüstungen reagieren würden, die ihr da anrichtet. Es lässt sie weitestgehend kalt, was schade ist. Das wäre noch das Sahnehäubchen auf dem Pfad der Zerstörung gewesen. Good Job versprüht mit seinem simplen Gameplay von der ersten Minute an Spaß und regt euch durch fehlende Strafen zum freudigen Experimentieren an, ob alleine oder gemeinsam. Es ist aufgrund seiner Unvorhersehbarkeit immer für einen Lacher gut und gleichzeitig habt ihr durch die Bewertungen den Ansporn, es optional ebenso ohne chaotische Zustände zu versuchen. Ein Gute-Laune-Spiel für zwischendurch, das definitiv eure Aufmerksamkeit verdient hat.
Entwickler/Publisher: Paladin Studios/Nintendo - Erscheint für: Switch - Preis: 19,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Switch - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein