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Gotham City Impostors - Test

Nicht genutzte Ideen sind die schlimmsten

Manchmal fragt man sich schon, wie ein Mann alleine gegen den Terror in einer gesamten Stadt antritt. Immerhin kann der dunkle Ritter nicht überall gleichzeitig präsent sein, um die Bösewichter in Gotham City zu bekämpfen. Außerdem existieren bei einer solch in der Öffentlichkeit beliebten Person zahlreiche Nachahmer, die in die Schuhe ihres Idols schlüpfen wollen. Das Prinzip gilt ebenso für die Opposition. Auch boshafte Genies haben ihre Fans, denen der Sinn nach Chaos steht.

Gotham City Imposters nimmt diesen Gedankengang als Grundlage und lässt zwei stümperhafte Gruppierungen gegeneinander antreten. Während sich die Hüter der Gerechtigkeit als Batman verkleiden und den typischen Umhang tragen, schminken sich die Anhänger des Jokers und frisieren ihre grün gefärbten Haare.

Dabei besitzt die Fledermaus-Truppe natürlich nicht die Milliarden eines Bruce Wayne und kleidet sich dementsprechend lächerlich. Das Logo ist auf einem ausgewaschenen T-Shirt mit der Aufschrift Pizza festgetackert und manche Figuren tragen einen bemalten Karton auf dem Schädel, der an der Seite zwei Zacken als Ohren besitzt. Es wirkt ein wenig so, als hätte sich eine Truppe betrunkener Studenten in wenigen Minuten Batman-Kostüme gebastelt, um damit grölend durch die Straßen zu laufen und 'I'm Batman' zu schreien. Die Joker-Seite ähnelt ihrem Vorbild zwar ein wenig mehr, doch die knalligen Outfits wirken ebenfalls amüsierend.

Gotham City Impostors - Launch-Trailer

Der Humor und die lockere Attitüde bilden somit den Höhepunkt des Spiels. Man merkt in den ersten Minuten, dass der Titel sich nicht ernst nimmt, und stellt dadurch eine erfrischende Abwechslung zur CoD-Mentalität dar. Doch in diesen Bereich fällt bereits Valves ausgereiftes Team Fortress 2. Und genau hier liegt der Hund begraben. Team Fortress bietet mit seinen durchgeknallten Charakteren eine ähnliche Basis und macht in sämtlichen Bereichen alles besser.

Ein schwerwiegendes Problem sind die vorgegaukelten Klassen. Ihr wählt zwischen fünf verschiedenen Körperformen, die sich in Geschwindigkeit und Schadensresistenz unterscheiden. Jeder kann alle Waffen und Fertigkeiten haben, sobald er sie freischaltet. Eine besondere Klasse wie einen Medic oder etwas komplett Alternatives wie den Spion sucht ihr vergebens. Alles basiert auf bekannten Normen, die ihr in jedem Multiplayer findet.

Glücklicherweise gibt es die Gadgets, die eure Bewegung verändern. Mit dem Greifhaken zieht ihr euch beispielsweise in Sekunden quer über die Karte und die Sprungstiefel verleihen zusätzliche Höhe. Durch Rollschuhe erhöht sich die Geschwindigkeit eurer Figur und ihr könnt zudem Rampen für größere Sprünge nutzen. Der Umhang lässt euch dagegen gleiten, nachdem euch ein Luftstrom hinauf geblasen hat, und ermöglicht einen Sturzflug auf eure Feinde.

Die Bewegung in der Vertikalen fällt also wesentlich leichter, worauf die fünf Karten auch gut reagieren. Sie bieten viele Möglichkeiten für den Einsatz aller Gadgets und die Kämpfe finden häufig auf mehreren Ebenen statt. Zieht euch mit dem Greifhaken zu eurem Feind auf das Dach oder springt kurz vor dem Aufprall einer Rakete in die Luft. Diese Momente zeigen die Stärke der teils hektischen Auseinandersetzungen.

Gotham City Impostors - Trailer

Bevor ihr allerdings in den Genuss dieser Abwechslung gelangt, müsst ihr die Ausrüstungen wie alles andere im Spiel erst einmal freischalten. Mit jedem Levelaufstieg erhaltet ihr die Möglichkeit, eine neue Waffen, Modifikationen, Fertigkeiten, Gadgets oder optische Veränderungen auszuwählen. Zu Beginn steht euch in jeder Kategorie nur eine Option zur Verfügung. Bis ich alle Gadgets in Online-Kämpfen ausprobieren konnte, vergingen knapp sechs Stunden.

Sie machen den Hauptreiz des Spiels aus. Wieso kann ich sie dann nicht von Anfang an auswählen? Immerhin darf ich alle in den Singleplayer-Challenges benutzen. Wenn ich für das komplette Spiel bezahle, will ich es auch von Beginn an spielen dürfen. Stellt euch vor, ihr müsstet in Team Fortress 2 jede einzelne Klasse einzeln erspielen. Nicht gerade eine angenehme Herangehensweise, oder?

Auch die Art der Freischaltung ergibt für mich wenig Sinn. Sobald ich das erste Mal eine neue Fertigkeit auswählen durfte, nahm ich direkt die für mich interessanteste. Danach war es mir egal, ob ich eine weitere nehmen konnte. Die Aktuelle war für mich von Anfang an der Favorit. Bei den Waffen und ihren Modifikationen ergibt sich das gleiche Problem. Die Freude neuer Dinge bei einem Aufstieg geht komplett verloren.

Motivation kann Neulingen ebenso durch das langsame Matchmaking vergehen. Wenn endlich eine Partie zustande kam, sah ich mich häufig Gruppen von Spielern gegenüber, die im Schnitt 30 bis 40 Level höher waren und mit meinem Team den Boden aufwischten. Da interessiert es mich in den ersten Momenten nicht, wie flüssig sich die Schießereien spielen und wie viel Spaß es macht, sich mit dem Greifhaken durch die Gegend zu ziehen. Wer mit Misserfolgen nicht gut umgeht, kehrt dem Spiel schnell den Rücken zu.

"Wenn endlich eine Partie zustande kam, sah ich mich häufig Gruppen von Spielern gegenüber, die im Schnitt 30 bis 40 Level höher waren und mit meinem Team den Boden aufwischten."

Habt ihr euch aber daran gewöhnt und ein paar Dinge freigeschaltet, entfaltet sich der Spaß am Titel. Ihr experimentiert mit verschiedenen Loadouts und versucht, die Ausrüstungen auf kreative Weisen zu nutzen. Und dann nimmt euch der magere Content den Wind aus den Segeln. Drei in anderen Spielen schon hundertfach erlebte Spielmodi und fünf Karten sind selbst bei dem gefragten Preis von 15 Euro sehr wenig. Vor allem bei den Spielmodi bin ich enttäuscht, da sie nichts mit den Gadgets anstellen. Erinnert euch an Red Faction: Guerilla, das aus seiner zerstörbaren Umgebung einen neuen Modus entwickelte, in dem man die gegnerischen Gebäude vernichten musste. Warum setzten die Entwickler hier nur auf bewehrte Dinge, wenn man so ein einzigartiges Fundament besitzt?

Nach ein paar Abenden mit Gotham City Imposters bin ich leicht enttäuscht. Da erschafft Monolith ein frisches Konzept mit einer soliden Steuerung und neuen Bewegungsmöglichkeiten und reizt diese nicht annähernd aus. Anstatt wie bei dem Aussehen der Charaktere auch beim Gameplay und den Karten Neues zu bieten, bleibt man hier auf den altbewehrten Tugenden hängen. Sie funktionieren zwar gut und machen Spaß, bieten nach einem interessanten Anfang aber nicht genug, um euch bei der Stange zu halten, wodurch die meisten wieder zu ihrem Call of Duty oder Team Fortress 2 zurückkehren dürften.

Die seltsame Art der Freischaltung und Restriktionen in den ersten Stunden machen den Einstieg unnötig demotivierend. Nicht jeder möchte die Zeit investieren, um alle Spielweisen zu entdecken, wegen denen man das Spiel überhaupt gestartet hat. Fünf Karten und drei Spielvarianten, weitere ausschließlich als kostenpflichtiger DLC, verhelfen da nicht gerade zu einem besseren Eindruck. Am Ende bleibt das leere Versprechen eines großartigen Erlebnisses, das mich mit seinen frischen Ideen und unkonventionellen Spielweisen zwar von den Genre-Größen weglockt, nach wenigen Stunden aber unbefriedigt stehen lässt.

Gotham City Imposters ist bei Weitem kein schlechtes Spiel. Die wenigen Karten sind perfekt auf das Spielgeschehen abgestimmt und das Gameplay passt. Es bietet bis auf die wenigen Neuerungen nur nichts, was mich länger beim Spielen hält, und bleibt in allen anderen Aspekten hinter einem Team Fortress 2 zurück.

6 / 10

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