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Gran Turismo 6 - Test

Nur die KI liegt zwischen alles und … immer noch sehr, sehr viel.

Einmal alles, bitte. Kein Modus, keine Strecke, die das letzte große Rennspiel für die PS3 auslässt, technisch und spielerisch auf der Höhe.

Der Sunday-Cup gehört einfach dazu. Die Aufteilung nach Lizenzen auch. Selbst die dummen Lizenzprüfungen würde selbst ich nur ungern ganz aufgeben. Manche Dinge erwartet man einfach, wenn man ein Spiel mit einer laufenden Versionsnummer kauft. Gran Turismo 6 ist da sicher keine Ausnahme. Es ist letztlich ein Sportspiel und bei denen sind ganz große Innovationen selten. Hier ist nichts (wirklich) Wichtiges, was ihr nicht schon in einem der Vorgänger gesehen habt. Aber es ist die beste Version all dessen und das in einem großen Paket.

Mit Grazie durch die Struktur

Das macht sich zuerst an der Benutzerführung bemerkbar. Diese wurde gefühlt mit jedem neuen GT undurchsichtiger, während sie versuchte, mehr Modi und Optionen irgendwie benutzbar zu gestalten und damit zuletzt bei Teil 5 nun komplett daneben lag. Dieses Mal ist es vielleicht kein ekstatisches Vergnügen, durch die Menüs zu wandern, aber es ist eine Oberfläche, die euch klar zeigt, was es gibt, was sich dahinter verbirgt und wie ihr schnell an das gelangt, was ihr gerade sucht. Mitunter dachte man sogar an kleine, aber feine Abkürzungen, an einigen wenigen Stellen wurden sie auch wieder mal vergessen, aber im Großen und Ganzen ist GT6 tadellos benutzbar.

Ordnung ist das halbe Leben.

Das ist in diesem Falle keine Kleinigkeit, denn die Flut an Optionen erschlägt wie immer. Da wären die bekannten Karriere-Ligen mit der Lizenzunterteilung und Hunderten von Rennen dahinter. Es gibt den Arcade-Modus zur freien Renngestaltung. Den Multiplayer. Die nicht gerade optionsarmen Möglichkeiten für Autokäufe, Tuning und Design. Die Spezialrennen. Vision GT mit seinen Prototypen. Ein paar handwerkliche Dinge wie Optionen, Foto- und Filmverwaltung und Store wollen auch gefunden werden. Und ja, gleichzeitig so schlicht wie elegant brachte man all das auf einen übersichtlichen Screen. Auch dahinter blieb der Verstand Herr der Gestaltung und vor allem gibt es innerhalb der Menüs keine Ladezeiten oder andere Wartepausen. Endlich lässt sich alles, was das Spiel zu bieten hat, tadellos nutzen. Wurde ja auch mal Zeit.

Wie schon angedeutet, was dieses Alles nun im Detail ist, kommt einem durchaus bekannt vor, daran lässt sich nicht rütteln. Die straffe Unterteilung der einzelnen Rennen nach bestimmten Autoklassen und den Maximal-Werten, die sie für die Teilnahme haben dürfen, sowie den Lizenzen, ist ebenso vertraut wie sinnvoll. Zum einen zwingt es euch relativ sanft, alle Arten von Fahrzeugen mal auszuprobieren, zum anderen ist sie nicht so restriktiv, dass ihr für alles immer ein ganz bestimmtes Auto braucht. Hier wurde viel Feinschliff betrieben und GT6 bekommt diese Balance zwischen Vorschrift und Option besser hin als jeder seiner Vorgänger.

Den Countach gibt es für ein Taschengeld, der Reventon dagegen ...

Dabei hilft euch die neue Liste von Empfehlungen zu jeder der Klassen, was das Beste in den unterschiedlichen Preiskategorien sein könnte. Ob es wirklich das „Beste" ist, ist angesichts von über 1200 verschiedene Autos zum Teil auch eine Frage der Philosophie. Aber ich hielt mich während des Tests fast immer an diese Auswahl, sobald ich eine bestimmte Voraussetzung für ein Rennen erfüllen musste und es war nie eine Niete dabei.

Bevor es auf die Piste geht, noch ein paar Worte zum Tuning. Hier hat sich herzlich wenig getan. Die Struktur wurde leicht aufgearbeitet, es bedient sich nun eleganter und wie bei allen Menüs gibt es keine oder nur sehr, sehr kurze Ladezeiten. Egal ob ihr neue Teile kauft oder in den erschöpfenden Menüs für die Fein-Trimmung an ihnen herumspielt oder euren Lieblingen einen neuen Anstrich verpassen wollt, alles verläuft klar geordnet, intuitiv, ohne nennenswerte Verzögerungen, es ist ein Vergnügen.

Bei über 1200 kann es nicht nur Gewinner geben.

Zeit, sich der Piste zu nähern und als Erstes fällt der frischere Look der Modelle ins Auge. Diese sind das, was die Current-Gen-Technik am oberen Limit zulässt, um es noch ohne Einbußen zu erlauben, dass stellenweise mehr als ein Dutzend davon über die Piste rollen. Das gilt diesmal für alle Fahrzeuge, womit die PS2-Resteverwertung bei den äußeren Modellen also endlich ein Ende gefunden hat. Dank einiger frischer Lichtspielereien und feiner Details wirken sie sogar noch einladender und begehrenswerter.

Was es gibt, ist bei dieser Serie inzwischen eh in die falsche Richtung gefragt. Stattdessen muss man sehen, was fehlt und das ist leider und wie immer Porsche, die allerdings indirekt und auch wie immer durch eine Handvoll RUFs vertreten sind. Ansonsten wird es schon schwierig, da selbst Exoten wie Spyker oder Autobac reichlich vertreten sind und die Standards alle abgedeckt werden. Für die Zukunft bleiben eigentlich nur noch der aufstrebende China-Markt und ein paar usbekische Laster-Fabrikanten. Angesichts dieser Masse ist es erstaunlich, dass für jedes Auto ein relativ umfangreicher Text zur Geschichte des Wagens vorhanden ist. Selbst ich als jemand, der nun sonst nicht gerade Auto-Motor-Sport studiert, erwischte mich dabei, ziemlich lange durch die virtuellen Händler-Regale zu wandern und zu lesen, was es wohl mit dem einen oder anderen Klassiker oder Exoten auf sich hat.

Ein wenig Schotter gehört einfach dazu.

So informiert müsst ihr euch jedoch damit abfinden, dass ihr nicht direkt nach der wundersamen Historie eines Panoz GTR-1 in diesen einsteigen dürft, sondern einen Honda Fit Kombi durch den Sunday-Cup steuert. Viel Platz für Reisen oder Einkäufe, ein sicher praktisches Auto in vielen Lebenslagen und auf der Piste so aufregend wie ungetoastetes Weißbrot. Brav der Tradition folgend bedeutet für Gran Turismo die große Bandbreite und Auswahl an Fahrzeugen, dass ihr euch wieder einmal mit den Niederungen der unteren Mittelklasse herumschlagen dürft, bevor es irgendwann dramatisch wird. Die Progression durch das Spiel verläuft dabei jedoch etwas zügiger als zuvor. In jeder Klasse müsst ihr genug Punkte sammeln, um den neuen Führerschein anzugehen und aufzusteigen. Da es diese Punkte für die ersten sechs Plätze gibt und die Fahrprüfungen kürzer und in Bezug auf das ausreichende Bronze-Ranking gnädiger ausfielen, bleibt ihr diesmal nicht lange in den unteren Ligen hängen.

Mikrotransaktionen? Gibt es. Aber das sagt euch das Spiel nicht.

Das ist insoweit ein Segen, da es dort herzlich wenig Credits zu gewinnen gibt. Lieber schnell vorankommen, mit jedem Aufstieg ein Auto kassieren und dann auf den lohnenden Kursen die Credits holen, mit denen ihr euch dann die Autos holt, die euch Spaß machen, um die ausgelassenen Fahrten nachzuholen. Gran Turismo 6 ist, was solche Strategien zum Vorankommen angeht, flexibel und großzügig. Bisher hatte ich noch keinen Punkt, an dem ich endlos Rennen wiederholen musste, nur um genug Credits zu haben, um weitere Rennen beenden zu können. Ich fahre zwar nicht immer - eigentlich nur sehr selten - mit den Autos, die ich wirklich haben will - 1 Million Credits aufwärts in der Regel ... - aber die, die ich mir leisten kann oder gestellt bekomme, sind auch nicht zu verachten. Sparen ist nach wie vor unumgänglich, will man sammeln, aber wer nur spielen möchte, muss sich bei diesem Gran Turismo endlich nicht mehr auf endlose Grinds einlassen. Wer einen Stall voller Vollblut-Rennwagen haben möchte, allerdings schon.

Dank dezent-frischer Lichteffekte immer noch auf der Höhe der Zeit.

Da das Thema grad so aktuell ist, ein paar Worte zu den Mikrotransaktionen: Sie sind in Gran Turismo 6 so gut versteckt, dass ich erst den Verdacht hatte, sie wären ein Mythos. Habt ihr nicht die Credits, schickt euch das Spiel nicht in einen Echtgeld-Shop, sondern sagt einfach, dass es nicht reicht. Erst ganz weit links im Hauptmenü versteckt sich verschämt der Store. Alles, was es dort gibt, sind eben die ehrlich überteuerten Credits. Sie bringen keine Vorteile, außer dass ihr euch die Traumwagen schneller holen könnt. Einfluss auf das Spiel hat das nicht wirklich, da ihr immer auch so genügend Credits gewinnt, um mit Würde mithalten zu können, Tuning vorzunehmen und von Zeit zu Zeit ein neues Auto zu kaufen. In diesem Punkt ist es so knauserig oder großzügig wie jedes andere GT vor ihm - ich persönlich empfinde sie alle als knauserig - und damit hat das Mikrotransaktionssystem keinen Einfluss auf das Spiel.

Wie weit kommt ein Supersportwagen mit einem Liter? Wie hüpft es sich auf dem Mond?

So, jetzt aber endlich hinters Steuer. Bei etwa drei Viertel der Autos müsst ihr hier feststellen, dass zwar außen nun 1200 Mal durchgehend Schönheit herrscht, aber innen nicht immer ein Cockpit ausgestaltet wurde. Zumindest gibt es eine generische Ansicht mit schwarzen Schatten und kein Überspringen der Perspektive, aber trotzdem leidet die gerade bei Lenkradfahrern beliebte Sicht doch unter diesem Schönheitsmangel. Bei dem Viertel der Wagen, die ein ausgestaltetes Cockpit bekamen, sieht es auch authentisch genug aus, um damit zufrieden sein zu können.

Solche Perspektiven fangt ihr nur im Foto-Modus ein.

Das "wo" ihr euch bewegt ist in GT6 fast so umfangreich, wie das "womit" es um die Kurven geht. Alle etwa 30 Tracks aus GT5 sind dabei, also von dem wie immer sterbensöden TopGear-Test-Track über die Eiger-Nordwand bis hin zum Fuji-Speedway und natürlich dem Nürburgring alles, was man kennt. Dazu kommen sieben neue Strecken, deren Spektrum dazu passt. Silverstone und Willowspring sind eher konventionelle Kurse, während die Matterhornstrecke viel fürs Auge bietet. Anspruchsvoll sind sie alle, sauber entworfen sowieso, und damit es auch was mit richtig viel Schauwert gibt, packte man kurzerhand den Mond dazu. Das ist richtig, in einer der erstaunlich kreativen Neben-Aufgaben kurvt ihr mit dem Lunar-Mobil bei einem Sechstel der Schwerkraft umher, versucht möglichst geschickt Gesteinsbrocken zu umfahren, um rechtzeitig am Zielpunkt anzukommen. Ich wusste gar nicht, wie viel Zeitdruck es bei diesen Fahrten damals gab. Ebenfalls in diese Kategorie gehört auch die Öko-Challenge. Ihr habt einen Liter Sprit in einem Supersportwagen und zwei Minuten Zeit. Wie weit kommt ihr? Es ist ein unglaublich unterhaltsames Puzzle, auf das bisher noch nie jemand kam. Es ist schade, dass ein Großteil der restlichen Challenges sich eher um Hütchen-Umfahr-Kurse dreht. Aber es ist ein Anfang, nicht nur ökologisches Denken in das Spiel zu bringen - irgendwie jedenfalls - sondern sich auch Gedanken zu machen, was es noch jenseits der Zeit und den Gegnern in einem solchen Spiel geben könnte. Kudos für so viel Einfallsreichtum, mehr davon, auch gern schon bald als DLC-Paket, um nicht bis GT7 warten zu müssen.

Der allergrößte Teil ist aber natürlich immer noch das klassische Rennen und in diesen werdet ihr auch die neue Physik der Fahrzeuge kennenlernen. Gut darin, ein realistisches, aber handhabbares Fahrgefühl voller Subtilitäten und Feinheiten zu vermitteln war Polyphony schon immer. Auch darin, die Unterschiede nicht nur zwischen den Klassen von Autos, sondern wirklich zwischen einzelnen Fahrzeugen schön herauszuarbeiten. Ein Problem, das jedoch bestand, war etwas, das man nicht sofort bemerkte, da es bei den untermotorisierten Kleinwagen keine große Rolle spielte. Auch diesmal werdet ihr erst nach einigen Stunden, wenn ihr eure ersten Supersportwagen bekommt, feststellen, dass sich etwas geändert hat. Die Wagen sind nun deutlich stabiler unterwegs und auch bei Geschwindigkeiten von 300 Km/h mit Feingefühl beherrschbar, ohne, dass sie gleich wegzittern. Auch das Drift-Verhalten in Kurven ist bei hohen PS-Zahlen nun deutlich stabiler. Es macht einfach mehr Spaß als zuvor, ein gutes, leistungsstarkes Auto zu kaufen, weil man nun weiß, dass es nicht schon auf einer Geraden zu einer Zitterpartie am Pad ausartet.

Die KI, die euch immer etwas zu gut aussehen lassen möchte.

Mit diesem verbesserten Gefühl der Kontrolle werdet ihr auch nun deutlich mutiger in die Kurven gehen und hier kommen wir jetzt zum ersten und auch wichtigsten Punkt, an dem Polyphony noch deutlich mehr hätte feilen können. Die KI wurde verändert, das steht fest. Sie fahren nicht stur in gleichem Abstand die Ideallinie ab, sondern bewegen sich ein wenig, versuchen, euch auch mal zu bedrängen, ohne gleich ganz billig zudringlich zu werden und es ist eine KI, die in der Current-Gen nicht weiter auffällt. Nur, dass ihr immer noch der Biss fehlt. Wenn ihr auch nur minimal mit etwas Mut an eine Kurve herangeht, ein wenig später bremst und mehr Tempo drauf habt als die Ideallinie suggeriert, dann ist die Kurve euer bester Freund. Ihr müsst nicht mal über den Acker schneiden - was immer noch nicht bestraft wird - oder dem Vordermann ins Heck krachen. Was ebenfalls immer noch ohne Abzüge und Strafen eine echte Option ist. Ihr müsst nur ein wenig am Limit fahren und ihr holt in so mancher Schikane locker eine halbe Sekunde heraus.  

Ja, echte Rennstrecken sind echt nicht hübsch.

Selbst mit meinem gar nicht mal so überzüchteten Clio gewann ich am Ende weit mehr Rennen als es hätte möglich sein sollen, allein dadurch, dass ich in den Kurven mehr herausholte als die schnelleren Autos der KI auf den Geraden wettmachten. Das ist jedoch leider erst der Anfang der Probleme, die Krönung dieser ist ein sehr seltsames Gummiband, was an sich schon heutzutage eine Kardinalsünde sein sollte. Es kam häufig vor, dass ich in einem eigentlich zu schwachen Auto auf die beiden Vordermänner zehn oder mehr Sekunden Rückstand hatte, die sie sich dank überlegener Motorleistung auf den langen Gerade herausfuhren und die ich bis dahin in den Kurven auch nicht wettmachen konnte. In der letzten Runde jedoch begann ich jede Kurve weit mehr aufzuholen als es ausgehend von den voherigen Runden möglich sein sollte. Und doch, ein paar Kurven vor Ziel überholte ich sie. Es geht auch andersherum. Jede Runde holte ich zwei oder drei Sekunden heraus und hatte ein solides Polster für die letzte Runde. Seltsamerweise jedoch begann der Zweite plötzlich wie ein Teufel zu fahren, aber nur bis ich ihn gut in meinem Rückspiegel sehen konnte. Dann blieb er erst mal dran und wartete auf einen Fehler. Da ich ihm diesen Gefallen meist nie tat, siegte ich doch und für einen Außenstehenden sah es wohl so aus, als wäre es ein knapper, spannender Sieg. Auf mich jedoch wirkte es wie eine Inszenierung. Ich muss zugeben, dass sich das als ziemlich unbefriedigend herausstellte und viel von der Rennillusion zerstörte, zumal es sich sehr oft wiederholte.

Sagt nicht, dass euch das Spiel nichts zeigen würde.

Ein weiterer Ballast aus alten Generationen der GT-Serie ist das nicht vorhandene Schadensmodell. Nachdem ihr ungebremst mit 150 oder mehr in den Vordermann gerauscht seid, gibt es das bekannte Geräusch, das klingt als würde jemand im Hausflur eine Tür schlagen und lediglich ein paar Kratzerchen zeugen von dem, was passierte. Dünn, selbst im Vergleich zur auch nicht so rühmlichen Konkurrenz.

Was ein wenig über solche Altlasten hinwegtröstet, sind andere "Altlasten". Das schon zuvor bekannte Wetter zum Beispiel ist natürlich dabei, so dass ihr auch mal in den Genuss von Regen kommt, selbst wenn das in der Karriere nur selten passiert. Die Rallye-Einlagen sind nach wie vor ein Highlight und der Driftspaß auf einer nicht befestigten Piste allein erinnert auf das Angenehmste daran, dass es mal wieder Zeit für ein wirklich gutes Rallye-Spiel wäre. Gran-Turismo-Rallye zum Beispiel. Nur so als Spin-off-Idee. Rein von der Physik und vom Spaß her scheint ja alles vorhanden, nur noch ein paar schöne, lange Strecken und ein Klassiker könnte entstehen. Zurück zum Thema.

1080p. Um jeden Preis.

Was hier noch bleibt, ist zum einen der Multiplayer und zum anderen die Technik. Ersteres ist schnell abgehandelt. Zwei Freunde auf der Couch greifen zum Split-Screen, online wurden die Lobbys ein wenig aufgeräumt. Es lässt sich einfach aber vielfältig definieren, was erlaubt ist, welche Autos und Strecken ihr sehen wollt, und dann geht es auch recht direkt los. Steigt ihr in eine bestehende Runde ein und müsst warten, bis ihr dazustoßen könnt, dürft ihr euch live das laufende Rennen ansehen und schon mal gucken, wie gut die Konkurrenz wirklich ist. Es läuft stabil und unauffällig, ohne jedoch viel Neues zu bieten. Aber das muss man bei bis zu 16 Fahrern auf einer Piste auch nicht wirklich, um sehr lange, sehr viel Spaß zu haben. Und eine Sache darf man nie unterschätzen: Die KI mag ein wenig zu nett sein. Die Spieler da draußen sind es nicht. Hier findet ihr jede Herausforderung, die ihr sucht.

Zugucken geht immer.

Was die Technik angeht, bin ich persönlich hingerissen. Das allerdings unter dem Vorbehalt, dass man bedenken muss, dass das Spiel auf sehr alter Hardware läuft. Auf den eher schlichten Strecken wie Silverstone oder dem Wüstenkurs Kaliforniens sieht das Spiel nicht groß anders aus als der eine Titel der Next-Gen, mit dem man es vergleichen könnte. Sobald Objekte wie Gebäude dazukommen, ändert sich der Eindruck. Irgendwo musste bei der Detailfreude gespart werden. Schlimm ist das nicht, schließlich bleibt man eher selten stehen, um sich die eh nicht schönen Funktionsgebäude einer Rennbahn anzugucken. So bleiben zumindest die 1080p60 für ein Weilchen erhalten. Ganz schafft es Polyphony aber nicht, dieses Wunder zu vollbringen. Bei einer Vielzahl der Kurse, insbesondere den bewaldeten, gibt es deutliche Abfälle der Framerate, ohne jedoch in kritischen Bereichen zu landen. Es bleibt grundsätzlich immer flüssig zu lenken, selbst wenn die Schwankungen zwischen butterweich und ganz leicht verzögert bemerkbar sind.

Was auf jeden Fall jedoch wahrnehmbar ist, und zwar genau bei diesen Strecken und in schnellen Kurven, ist das Tearing. Ich persönlich bin nicht sonderlich empfänglich für diesen "Effekt" und musste mich nach ein paar Stunden Spielens darauf konzentrieren, da ich ihn unbewusst bereits wieder ignorierte. Wer dafür jedoch anfällig ist, wird immer wieder mal daran erinnert, dass die besten Jahre dieser Konsole hinter ihr liegen. In seiner Gesamtheit ist GT6 jedoch nichtsdestotrotz ein wunderschönes Spiel, das auch noch eine Sache zu bieten hat, an der sogar die Next-Gen mit ihrer Festplatteninstallation mehr zu knabbern hat. Die Ladezeiten sind extrem kurz. Teilweise sind Strecken innerhalb von weniger als 10 Sekunden fahrbereit, länger als 20 oder 25 dauert es nie. Das sind fantastische Zeiten und eine echte Leistung, was die Optimierung angeht.

Zeit fürs Kegeln muss man sich einfach nehmen.

Eine große Leistung in Sachen Optimierung. Das fasst es eigentlich für Gran Turismo 6 gut zusammen. Es erzählt aber nicht die ganze Geschichte, nämlich wie gut es Polyphony endlich gelang, das Spiel zu machen, das wirklich rund läuft, egal ob auf oder neben der Piste. Sei es das wie immer brillante und dank der neuen Physik weiterentwickelte Fahrverhalten, die nun aufgeräumte Benutzerführung, welche sehr von den extrem kurzen Ladezeiten profitiert oder der erfolgreich und dank Prototypen und Details spannend zelebrierte Auto-Fetischismus, Gran Turismo 6 ist ein absolut bemerkenswertes Gesamtpaket. Die schiere Masse an Inhalten beschränkt sich nicht darauf, einfach nur "viel" zu sein, es gelingt ihr auch, eine durchgehend hohe Qualität zu bieten. Spielmöglichkeiten für Monate stecken darin und ich freue mich jetzt schon darauf, immer tiefer einzusteigen.

Sicher, es ist nicht alles top, wann ist es das schon? Insbesondere ein Punkt macht dem letzten Ritterschlag einen Strich durch die Rechnung. Die neue KI ist sicher ein kleiner Fortschritt, wenn es um die Lebendigkeit geht. Das Gummiband aber, das das Gefühl der eigenen Leistung deutlich schmälert und das einen immer wieder die Fairness der Rennen anzweifeln lässt, selbst wenn es oft genug zugunsten des Spielers eingreift, ist ein selbst geworfener Knüppel, den sich das Spiel zwischen die eigenen Beine haut. Angesichts dessen und des ganz offensichtlich fehlenden Bisses der KI fühlen sich Siege nie so befriedigend an, wie sie sein sollten.

Am Ende erfindet Gran Turismo 6 sich nicht neu. Es hat sich erfolgreich von einigen Altlasten befreit, es hat sich feierlich herausgeputzt und es läuft, als wäre die PS3 noch jung und frisch. Es ist das beste Gran Turismo in seiner jetzigen Form und könnte ein würdiger Abschluss nach 15 Jahren für den Real "Driving" Simulator sein. Jetzt darf sich das "Driving" auch gern zum "Racing" weiterentwicklen. Wenn es das dann mit der gleichen Qualität vielleicht schon in GT7 umsetzt, muss sich die Konkurrenz ganz warm anziehen.

9 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Gran Turismo 6

PS3

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