Gran Turismo 7 & PlayStation VR2: Eine ganz neue Er-Fahrung – und Sophy kann mich mal!
“Kleiner” Ersteindruck von Update 1.29
Da ist es also: das Update, mit dem Gran Turismo 7 mit PlayStation VR2 spielbar ist. Und zwar nicht nur in einem separaten, stark limitierten Modus, wie das beim Vorgänger noch der Fall war, sondern auf allen Strecken, in allen Rennen, sowohl online als auch offline. Dafür habe ich heute Morgen vor dem Kaffee noch den Download angeworfen, um mich kurz darauf für ein paar Stunden ins virtuelle Cockpit zu setzen. Und der erste Eindruck war ein fabelhafter!
Nun wusste ich von zahlreichen anderen Simulationen und Rennspielen schon, dass gerade dieses Genre ganz enorm von der zusätzlichen Übersicht profitiert. Wenn man in einer langgezogenen Kurve bereits den fernen Ausgang sehen kann und bei Überholmanövern kurz zur Seite schaut, anstatt auf eine HUD-Anzeige, dann hat man ein viel besseres Gefühl dafür, was um das Fahrzeug herum passiert und wie man es steuern sollte, um möglichst schnell den Kurvenausgang zu erreichen.
Man sitzt eben mittendrin und ist nicht auf den relativ kleinen Sichtkegel direkt vor der Motorhaube beschränkt. Wenn ihr im Korkenzieher erst mal seht, wie dort eigentlich die Straße verläuft, könnte das jedenfalls ein Aha-Moment für euch sein, falls ihr vorher schon nur aus Cockpit-Sicht gefahren seid – was übrigens die einzige ist, die in VR zur Verfügung steht. Plötzlich wird einem klar, wie steil manche Geraden abfallen. Plötzlich kann man viel genauer abschätzen, wie sich das Gewicht beim Einlenken verlagert.
Es sieht ja vor allem verdammt gut aus! Das fängt bei den herrlich detaillierten Armaturen an und geht über die detaillierten Fahrzeuge bis zu den Rennstrecken. Im Regen fällt in der virtuellen Realität natürlich stärker als ohnehin schon auf, dass GT7 weder die beeindruckendste Gischt noch besonders glaubwürdige Regentropfen auf die Frontscheibe wirft, aber das ist verschmerzbar.
Was man dagegen nicht unterschätzen sollte, ist die veränderte Wahrnehmung, denn die hat mich mehr Eingewöhnung gekostet, als ich nach meinen bisherigen Erfahrungen in ähnlichen Spielen erwartet hatte. Man muss sich nämlich erst mal auf das neue Umsehen einstellen und Entfernungen neu lesen, bevor man in Rennen genauso Gas geben kann wie beim Blick auf einen Fernseher. Zumal der Körper in VR auf einmal Fliehkräfte erwartet, die selbstverständlich nicht vorhanden sind. Man muss dann erst mal verstehen, was das Auto gerade macht, während man den Kopf in einer engen Kurve weit zur Seite dreht. Das kann ohne reale Physik irritierender sein als es klingt. Selbst der intuitive Blick zur Seite ist anfangs gewöhnungsbedürftiger als das Anschauen der eingangs erwähnten HUD-Anzeige.
Ob Entwickler Polyphony an der Stelle vielleicht mehr aus dem haptischen Feedback im Headset hätte herausholen können? Das vibriert bei Unfällen beziehungsweise Kollisionen zwar (enttäuschend zart), aber womöglich hätte man darüber ja auch Fliehkräfte nachahmen können. Vorhanden ist so etwas jedenfalls nicht, obwohl ein solches Feedback wichtiger wäre als das Melden von Zwischenfällen.
Und weil ich mich gerade an Kleinigkeiten aufhalte: Es gibt da ein paar, derentwegen GT7 auch in VR noch nicht ganz der “Real Driving Simulator” ist, auf den man eventuell gehofft hatte. Die fangen dort an, wo man die Boxenausfahrt doch tatsächlich wie bisher auf der virtuellen Leinwand erlebt, bevor das Spiel erst an der Ausfahrt in den VR-Modus umschaltet. Das ist kein Spielverderber, in Sachen Immersion aber doch enttäuschend.
Ich wünschte außerdem, man könnte spätestens jetzt einzelne HUD-Elemente abschalten, sodass unter anderem die Anzeige des gewählten Gangs nicht als künstliches Element über dem Lenkrad klebt. Ach, und schaut beim Aufrufen einer Texteingabe nicht auf diesen Text. Dann befindet sich die virtuelle Tastatur nämlich direkt darüber, sodass ihr gar nicht seht, was ihr tippt.
Das größte Ärgernis ist für mich aber die Tatsache, dass das Headset konsolenseitig zentriert wird, indem man die Starttaste gedrückt hält. Das ist grundsätzlich super! Nur ruft man mit der Starttaste auch das Hauptmenü auf – was in einem Spiel, das ich zumindest fast ausschließlich online fahre, nun wirklich denkbar unglücklich ist. Ich wünschte deshalb, Polyphony würde die Option anbieten, eine beliebige Taste des Controllers dem neuen Justieren zuzuweisen.
Das wäre schon deshalb praktisch, weil ich das Headset hier erstaunlich oft zentrieren muss. Liegt es daran, dass es unter anderem beim Laden neuer Strecken und dem Aufrufen bestimmter Menüs automatisch den Mittelpunkt neu setzt? Dann würde ich wenigstens gerne einen festen Fixpunkt wählen dürfen. Auf jeden Fall ist mein Blick häufig leicht versetzt, weshalb ich ihn entsprechend oft neu einstellen muss.
Aber zurück zu den Stärken: Erwähnte ich schon die schicken Fahrzeuge und ihre Cockpits? Falls ihr davon nicht genug bekommen könnt, dann schaut in den neuen Showrooms vorbei, wo man die Wagen in einem exklusiven VR-Modus bestaunen kann. Diese Möglichkeit steht auch beim Kauf zur Verfügung – eine tolle Ergänzung, denn die Boliden sehen einfach klasse aus, weshalb das Bestaunen noch mal bedeutend mehr Spaß macht als ohnehin schon.
Erlaubt mir zum Schluss außerdem ein kurzes Wort zu Sophy, der neuen KI, die Sony mit dem aktuellen Update erstmals öffentlich testet und mit der sich Konkurrenten stärker wie menschliche Piloten verhalten sollen – die mir in Suzuka allerdings gleich mehrmals dermaßen knapp vor die Motorhaube gezogen ist, dass ich ihr fast den Heckspoiler abgefahren hätte. Abgesehen davon müsste man Sophy mal erklären, warum die Ideallinie “Ideal”linie heißt und dass man selbst auf niedrigeren Schwierigkeitsgraden vor leichten Knicks nicht in die Eisen gehen muss.
Auf dem höchsten Level machen die Flitzer mit Sophy am Steuer dafür schon eine wesentlich bessere Figur. Dort habe ich ein paar tolle Momente und spannende Rennen gegen bissige Kontrahenten erlebt. Aber es handelt sich bei der neuen Intelligenz ohnehin noch um eine bis Ende März dauernde Testphase mit speziell eingerichteten Solo-Rennen. Ich will deshalb wirklich nicht meckern. So wie Sophy jetzt schon auf recht unvorhersehbare Art Druck im Rückspiegel macht, fühlt sie sich tatsächlich mehr nach Mensch an als die bisherige KI. Ich bin gespannt darauf, was sie bei ihrem offiziellen Stapellauf irgendwann auf dem Kasten hat!
Ist Gran Turismo 7 also ein starkes Argument für PlayStation VR2? Nun, für alle, die nicht auf PC schon mit ähnlichen Headsets unterwegs sind, ist das hier die beste Art Rennsport zu erleben. Kleine Einschränkungen in Sachen Realismus und Immersion sowie dezente Unannehmlichkeiten im Hinblick auf die Benutzerführung muss man bei GT7 ja ohnehin in Kauf nehmen. Insofern bleibt sich Polyphony mit der VR-Fassung quasi treu. Das sollte euch nur nicht davon abhalten, hier ins Cockpit zu steigen!