Gran Turismo World Series Showdown 2023: Renn-Action in Amsterdam
Dynamische Wetterbedingungen, taktische Reifenwechsel und ein Doppelsieg für den Spanier José Serrano beim ersten Live-Event der Saison.
Darauf habe ich mich schon seit einigen Monaten riesig gefreut: Am vergangenen Wochenende fand das erste Live-Event der Gran Turismo World Series statt. Die besten Fahrer der Online-Qualifikation im Sportmodus von Gran Turismo 7 der laufenden Saison kamen beim Showdown Amsterdam zusammen, um den Sieger im Manufacturers sowie Nations Cup zu küren.
Bevor ich auf die spannenden Pistenduelle eingehe: Vor dem Theater Amsterdam, dem Austragungsort des Showdowns, gab es einen imposanten Fuhrpark zu bewundern. Neben dem Nissan Nismo GTR, der prominent im Gran Turismo Film zu sehen ist und zahlreichen Mercedes-AMG-Modellen der S-, G- und E-Klasse, hat es mir besonders der auf strikt 55 Exemplare limitierte GT Track Series angetan. Der 734 PS starke Bolide aus Affalterbach mit 4,0-Liter-V8-Biturbomotor ist ein schier unglaubliches Kraftpaket und wurde anlässlich des 55-jährigen Jubiläums der Mercedes-AMG Motorsportabteilung produziert.
Mit einigen Modellen wie dem SL 63 oder EQE 53 durfte ich ein paar Runden drehen und sogar eine Spritztour ins nahe gelegene Zandvoort machen, den Track Series konnte ich leider nicht selbst fahren. Schade eigentlich, bei lediglich noch drei Fahrzeugen, die nicht in den Garagen von Sammlern und Superreichen verschwunden sind, werde ich wohl so schnell keine Gelegenheit mehr dazu bekommen. Aber gut, ich bin ja nicht zum Vergnügen nach Amsterdam gekommen.
Also auf zu den Rennen: Zunächst war der Manufacturers Cup an der Reihe, bei dem 12 Teams mit je drei Fahrern für ihre bevorzugte Marke an den Start gingen. Eine Ausnahme gab es diesmal aber: Das spätere Siegerteam von Porsche stellte mit Takuma Sasake aus Japan und dem Spanier José Serrano nur zwei Fahrer auf. Der eigentlich Dritte im Bunde, Angel Inostroza aus Chile, musste wegen eines Unfalls zurücktreten und wurde nicht ersetzt. Umso beachtlicher war die Leistung der beiden verbliebenen Fahrer, die sich die anstrengenden 35 Runden auf dem Suzuka Circuit mit ihren kniffligen S-Kurven teilen mussten.
In den ersten 30 Runden sah es auch so aus, als würde der Vorjahressieger Team Subaru mit den amtierenden Champions Kylian Drumont und Takuma Miyazomo sowie dem Neueinsteiger Roberto Sternberg erneut souverän den Sieg einfahren. Dicht gefolgt vom Team Porsche und dem Team Lamborghini eroberte Subaru vom Start weg die Pole-Position. Daran änderte zunächst auch das dynamische Wetter nichts, das ab Runde 16 die Strecke mit Regenschauern überzog. Taktisch klug hatten die führenden Teams die Anzeige des Wetterradars im Auge und zogen rechtzeitig die richtigen Reifen auf.
Doch es kam anders: In Runde 33 zeigte der Subaru-Pilot Sternberg Nerven und der Porsche mit José Serrano am Steuer zog vorbei. Mitentscheidend für den späten Verlust der Führung war auch die Reifenwahl. Subaru war als einziges Team noch mit harten Reifen unterwegs, während die Verfolger allesamt Medium-Pneus aufgezogen hatten. So baute Porsche seinen Vorsprung in den verbleibenden Runden noch um einige Sekunden aus und überquerte die Ziellinie vor Subaru und Lamborghini.
Es sollte nicht der einzige Sieg des Ausnahmefahrers Serrano bleiben, der zusammen mit seinen Landsmännern Pol Urra und dem Weltmeister von 2022, Coque López, auch den Nations Cup gewann. Erstmals wurde der Nations Cup als Teamwettbewerb mit drei Fahrern aus einem Land ausgetragen. Gefahren wurden 30 Runden auf dem Lago Maggiore mit dem im letzten Jahr vorgestellten Ferrari Vision GT. Die Regeln waren klar: Jeder Fahrer muss fahren, jeder Reifentyp (Soft, Medium, Hard) muss aufgezogen werden und ein Qualifikationsrennen entscheidet über die Startposition. Dynamische Wettereinflüsse waren allerdings nicht zu befürchten.
Das Starterfeld lag nach dem Qualifying dicht beieinander, mit Frankreich an der Spitze, dicht gefolgt von Italien, Japan, Spanien, Belgien und Brasilien, deren Rundenzeiten sich nur um wenige Zehntelsekunden unterschieden. Wer sich nun fragt, wie es um die deutschen Teilnehmer bestellt ist, den muss ich enttäuschen. Der zweifache Nations Cup-Sieger Mikail Hizal hat mit der Weltmeisterschaft im Manufacturers Cup 2020 den letzten Sieg für Deutschland eingefahren, ein Nachfolger scheint noch nicht in Sicht.
Die Pole Position blieb nach dem Start nicht lange im Besitz des französischen Teams, Spanien übernahm bereits in der ersten Runde die Führung und ließ sich diese nicht mehr streitig machen. Das fahrerische Können der Spanier, die sich keinen Fehler auf der Strecke erlaubten, war sicherlich ein wichtiger Grund für den Sieg. Aber eine kluge taktische Entscheidung brachte das Team überhaupt erst an die Spitze. López, Urra und Serrano starteten als einziges Team mit weichen Reifen, während alle anderen Teams mit H- oder M-Reifen ins Rennen gingen. Dadurch konnten die Spanier wertvolle Sekunden gewinnen und den Vorsprung bis ins Ziel halten.
Am Rande der gut besuchten Veranstaltung, bei dem am Tag des Nations Cup besonders viele Besucher aus den Niederlanden sowie dem benachbarten Belgien und Frankreich ihre Teams lautstark anfeuerten, konnte ich mich unter anderem mit der jungen GT4-Fahrerin Patricija Stalidzane unterhalten. Für sie ist Gran Turismo eine sehr gute Möglichkeit, sich auf echte Rennen vorzubereiten. Gerade am Anfang einer Karriere, wenn die Sponsoren noch nicht Schlange stehen und die finanziellen Mittel knapp sind, bieten die virtuellen Rennstrecken die Möglichkeit, jederzeit und so lange man will zu trainieren, ohne aufs Geld schauen zu müssen. Das wird von ihr auch rege genutzt, um sich beispielsweise für ein anstehendes Rennen auf der Nordschleife in Form zu bringen.
Änderungen gab es auch beim Setup: Statt des Thrustmaster T-GT II, der noch beim Weltfinale 2022 in Monaco zum Einsatz kam, stattete Sponsor Fanatec in Amsterdam die 12 Rennstationen mit dem von Polyphony Digital speziell für Gran Turismo entwickelten DD Pro Lenkrad, Pedalset und Boost Kit für ein 8 Nm Drehmoment aus. Diesmal durfte ich auch selbst im Recaro-Sitz Platz nehmen und am PRO-AM-Rennen teilnehmen, bei dem Medienvertreter einen Profi an die Seite gestellt bekommen und um einen Platz auf dem Siegertreppchen kämpfen.
Mit Simon Bishop aus Neuseeland hatte ich einen fantastischen Partner, der uns auf der Strecke Lago Maggiore souverän auf die vorderen Plätze brachte. Dass unser Team nicht über das Halbfinale hinauskam, lag allein an mir. Mit Rundenzeiten deutlich über zwei Minuten reichte es in dem starken Fahrerfeld am Ende einfach nicht für einen der vorderen Plätze.
Aber ich habe ja noch ein paar Monate Zeit, um an meiner Konzentrationsfähigkeit und dem optimalen Fahrstil zu arbeiten, wenn vom 1. bis zum 3. Dezember die Weltmeisterschaft ausgetragen wird. Schauplatz ist diesmal übrigens nicht das altehrwürdige Le Sporting Monte Carlo, wo das Finale in den vergangenen Jahren ausgetragen wurde, sondern erstmals Barcelona. Ich bin wirklich gespannt, ob die derzeit dominierenden Fahrer aus Spanien den zusätzlichen Heimvorteil nutzen können, um sich auch den Weltmeistertitel zu sichern.