GT Pro Series
Geht's noch schlimmer?
Dass eine mehr oder weniger innovative Steuerung nicht ausreicht, um aus einem unterdurchschnittlichen Spiel noch etwas Gutes zu machen, haben wir erst kürzlich bei Ubisofts Monster 4x4 erlebt. Zum Wii-Start schießt der Publisher mit GT Pro Series ein weiteres Rennspiel auf die Piste. Und wieder scheitert auch bei diesem Spiel der Versuch, uns ein halbgares Produkt unterzujubeln. Warum wir nur empfehlen können, einen großen Bogen um GT Pro Series zu machen? Lest selbst..
Ist das ein PSX-Game?
Als Vorlage diente diesmal nicht ein Xbox-Titel, sondern ein Gamecube-Spiel, das sogar schon satte drei Jahre auf dem Buckel hat (GT Cube - nur in Japan erschienen). Und um das zu erkennen, müsste man auch eigentlich gar nicht groß recherchieren, denn schon der erste Blick auf das Spiel versetzt mich praktisch in einen Schockzustand: Wenn das die Qualität ist, mit der uns die Spielehersteller auf dem Wii beglücken wollen, na dann Prost Mahlzeit. GT Pro Series präsentiert eine derart schlimme Grafik, total verpixelte Wagenmodelle, sterile Umgebungen und grobklotzige Objekte, dass man sich zwangsläufig fragen muss, ob angenommen wird, Spieler würden beim Launch einer neuen Konsole aus Begeisterung wirklich jeden Mist kaufen.
Dabei liest es sich eigentlich gar nicht mal so schlecht, wenn es heißt, das Spiel biete über 80 lizenzierte Fahrzeuge - auch wenn es sich hier nur um Vehikel japanischer Fabrikate handelt. Ähnlich der Ridge Racer-Reihe bugsiert Ihr diese Kisten dann durch ein Arcade-Gameplay gespickt mit Drift-Manövern. Allerdings sind lediglich zehn verschiedene Strecken extra in den Kurven „ausgebeult“, um solches Rumschlittern zu ermöglichen. Und dass sich alle Kurse aufgrund der marginalen Unterschiede gleichen, macht das Ganze auch nicht besser.
Plastiklenkrad + Wii = Kaufgrund?
Wie bei Monster 4x4 gibt es auch mit GT Pro Series ein Plastiklenkrad gratis, in das Ihr Eure Wiimote integrieren könnt - und auch solltet. Die Steuerung der Rennwagen lässt sich auf diese Weise deutlich besser kontrollieren, als wenn Ihr den Controller nur horizontal haltet. Es ist einfach ein authentischeres Feeling und zudem habt Ihr auch wirklich etwas "in der Hand". Egal, ob Ihr nun in Einzelrennen antretet, Drift-Combo-Wettbewerbe angeht, per Split-Screen in Mehrspielerpartien gegen Kumpels spielt oder die Meisterschaft mit ihren diversen Unter-Modi abspult - das Lenkrad wird Euch gute Dienste leisten. Es bietet selbstverständlich nicht annähernd den Halt eines echten Force-Feedback-Lenkrads, hilft Euch aber trotzdem dabei, durch die Kurven zu rutschen und den KI-Fahrern den Auspuff zu zeigen.
Trotz allem müsst Ihr Euch mit der mangelnden Präzision der Lenkung auseinander setzen, die sich bisweilen schwammig und störrisch zeigt und nicht besonders feinfühlig auf Eure Bewegungen reagiert. Gelegentlich gibt es sogar signifikante Verzögerungen, die das Spielgeschehen behindern. Grundsätzlich ist das Fahrverhalten der verpixelten Rennwagen zwar durchaus solide, doch gerade in den Kurven steuert Ihr häufig gegen und kompensiert so die Ausbrüche des Hecks. Das ständige Hin- und Her, das Ihr mit dem Steuerrad ausführt, ermüdet schnell und sorgt auch nicht gerade für eine wirklich gute Kontrolle über die Fahrzeuge – die zu allem Überfluss eher über die Piste schlingern als fahren. Glücklicherweise ist es möglich, die Sensitivität im Spielmenü halbwegs feinzutunen und damit Eurem Geschmack anzupassen.
Doch auch das schützt nicht davor, sich schon nach sehr kurzer Zeit gelangweilt abzuwenden. Abgesehen von den billigst gestalteten Cell-Shading Automobilen, die noch nicht mal ansatzweise in optische Regionen vorstoßen, die man heutzutage auf einer Spielkonsole sehen möchte, bieten sie auch kein Schadensmodell. Während Ihr um die Kurven jagt, kommt es häufiger vor, dass Ihr die Leitplanken "küsst". Allerdings berührt Ihr die Straßenbegrenzungen nicht wirklich, denn das Spiel verfügt über denkbar schlechte Kollisionsabfragen. Bevor es also zum Crash kommt, prallt Ihr einfach ab. Teilweise kommt sogar das Gefühl auf, dass man durch die Fahrzeuge der Kontrahenten „hindurch“ fährt. Dass die Vehikel dabei keinen Schaden nehmen, ist also nicht verwunderlich.
Als Michael Schumacher geboren ...
Trotz dieser Probleme ist es zumindest anfangs praktisch überhaupt kein Problem, als erster über die Ziellinien zu fahren. Die KI-Kontrahenten stellen sich nicht übermäßig klug an und folgen meistens starr der Ideallinie. Vor allem in den Kurven ist es daher häufig ohne übermäßige Gegenwehr möglich, an ihnen vorbeizuziehen. Erst etwas später im Spiel leisten die KI-Fahrer endlich mehr Widerstand, doch aufgrund der sehr spielerfreundlichen Erweiterungsmöglichkeiten relativiert sich das schnell. So erhaltet Ihr durch Siege Zugriff auf weitere Wagen, die Ihr nicht einmal bezahlen müsst. Genauso kostenlos einsetzbar sind Tuning-Teile: sobald Ihr sie erst freigeschaltet habt, stehen sie Euch unentgeltlich zur Verfügung. Im Prinzip bekommt Ihr also fast alles hinterher geschmissen und müsst Euch noch nicht einmal groß dafür anstrengen. Und auch nicht lange, denn in ca. fünf Stunden ist der Meisterschaftsmodus abgeschlossen.
Insgesamt bietet GT Pro Series eine ziemlich geringe Spieltiefe mit immer denselben Abläufen, und somit kaum Motivation länger zu zocken. Dagegen erscheinen Spiele wir Ridge Racer nahezu als Spieltiefen-Wunder. Ebenfalls gering ausgeprägt ist das vermittelte Geschwindigkeitsgefühl. Nur selten kommt richtiges Rennfeeling auf, was im Kombination mit den anderen erwähnten Mali einfach verdammt schlecht ist.
Wer sich von all den genannten Punkten und der grausamen Optik nicht abschrecken lässt, wird aber vermutlich von dem Ohrenkrebs-erzeugenden Sound zur Konkurrenz getrieben. Der Musikbrei präsentiert einen billigst wirkenden Mix aus Elektro- und Tekkno-Versatzstücken und lädt schon nach wenigen Minuten zum Abschalten ein. Ebenso misslungen sind die lachhaften Motorengeräusche, die mit Aussetzern, Geröchel und dünnem Fiepsen erschrecken.
Wenn Ihr Feinde habt oder jemand in diesem Jahr wirklich unartig war, dann tischt Euch GT Pro Series das ideale Weihnachtsgeschenk auf. Allen anderen können wir vom Kauf des Spiels nur abraten. Grottige Optik, die vielleicht vor einigen Jahren noch halbwegs akzeptabel gewesen wäre, schlimmer Sound, sehr geringe Spieltiefe, kaum Abwechslung, fehlendes Renn-Feeling, merkwürdige Kollisionsabfragen - die Liste der Verfehlungen ist ellenlang. Einzig die neue Wii-Steuerung kann „halbwegs“ überzeugen, rettet dieses Spiel aber auch nicht vor der Kategorie "Wie man versucht mit Müll Geld zu verdienen"-Einstufung. Und falls es jemanden interessieren sollte: Das Spiel ist komplett in englisch!