GTA 5 auf PlayStation 5 und Xbox Series X getestet - eine Runde geht noch
GTA 5 wurde einmal mehr für eine weitere Konsolengeneration aufpoliert. Vor allem überzeugen aber nach wie vor seine alten Werte: Welt, Chaos, Story, Figuren, Online.
Unglaubliche neun Jahre ist es her? Kinder, wie die Zeit verfliegt. Oder auch nicht, es erscheint einem wie ein Lebenszeitalter oder zwei, dass ich das erste Mal vom Stuhl fiel, als ich die Grafik von GTA V auf der mittlerweile vorvorletzten Generation von Xboxen sah. Und nun ist es wieder da, einmal mehr aufgehübscht für die neueste Runde.
PC-Spieler gucken mal weg, hier gibt es dank Mods nicht viel Neues für euch. 60 Frames sind da eher drollig, wenn ihr denn eine Grafikkarte habt, die nicht für Bitcoins genutzt wird. Das hier betrifft nur PlayStation 5 und Xbox Series, vor allem X. Und bei denen stellt sich die Frage, ob es denn einen guten Grund gibt, noch mal GTA V anzufassen.
Natürlich gibt es den, wenn ihr Online spielt. Dazu gleich noch mehr, aber ich fragte mich wirklich, ob ich noch mal Spaß haben würde nach fast einem Jahrzehnt die moralisch bestenfalls fragwürdige, meist in Sachen allgemeiner Anstand komplett neben allen Maßstäben laufende Handlung zu erleben. Nun, Alex verneint dies, meine Meinung ist etwas anders und es wirft wieder mal die alte Frage bei GTA auf. Sollte man sich mit Figuren, die man spielt, automatisch identifizieren? Die Antwort ist natürlich nein, weder hier noch in Final Fantasy und schon gar nicht in Last of Us, um willkürlich Titel in den Raum zu werfen. Aber kann man es immer abschalten? Will man das?
Die Frage lässt sich auf den Film zurückführen. Wenn man einen Film wie der Pate, Casino oder Heat schaut, hat man den Abstand, diese Figuren als Charaktere in einer Handlung zu sehen, die man spannend findet, oder kommt es direkt und unwillkürlich zu einer Identifikation mit den Figuren? Wissenschaftliche Abhandlungen wurden darüber geschrieben, oft genug von semi-gescheiteren Psychologie-Studenten. Die kurze Antwort meinerseits wäre einfach "kommt drauf an", und zwar vorrangig auf euch. Ich weiß mittlerweile, dass ich Distanz zu solchen Dingen habe und auch den nächsten Schritt gehen kann. Ich kann als Trevor in GTA V Leute foltern und umbringen, weil ich damit einen Teil von Trevors Geschichte erlebe. Ich mag Trevor deshalb nicht, aber auch diese Passagen sind Teil eines Charakters. Nicht von einem selbst.
Diese Frage ist am Ende nicht unwichtig, ob man in der Lage ist, sich auf so eine Geschichte einzulassen, vor allem interaktiv, ohne sich angewidert abzuwenden. Denn das ist klar, keine der Spielfiguren hier ist ein Rollenvorbild. Sie sind alle drei komplett durch, vielleicht sogar hassenswert und gesellschaftlich ein mittelschweres Problem. Gerade deshalb ist die Geschichte bis heute gut. Jenseits all des oft genug infantilen Humors bleibt eine Studie der Degeneration und keines der gesellschaftlichen Probleme, die hier mit dem Holzhammer bearbeitet werden, hat sich seitdem verbessert oder auch nur etwas entschärft.
Rechtfertigt das die Handlungen der drei Soziopathen? Nein, aber es nimmt sich die Zeit, sie zu erklären. Das und eine coole Heat-Story zu erzählen, wenn man Heat auf eine Seite des Plots reduziert. Die Einbrüche, ihre Planung, die Dialoge im Rahmen dessen, all das ergibt schon allein für sich immer noch ein Spiel, das man auch nach zehn Jahren noch gut spielen und mit dem man sehr, sehr viel Spaß haben kann. Es gab Momente in GTA V, die mir bis heute präsent sind und relevanter Teil meiner persönlichen Spielhistorie wurden.
Das ist aber noch nichts gegen die Momente, die eben nicht gescriptet waren und da kommen Alex und ich wieder zusammen. Nun, teilweise. Meine Lieblingsszene war eine ruhige Fahrt den Küstenhighway entlang, einen Mistkerl, der es verdient hatte, dort zu sein, im Kofferraum und "Pure Shores" im virtuellen Autoradio. Ich werde diesen Song nie wieder hören, ohne nicht an diese Fahrt zu denken, so intensiv, als wäre es ein realer Trip gewesen. So immersiv kann GTA V sein, wenn sein Radio, sein Wetter und seine Welt zusammenkommen. So wie über den Hügel zu fahren, Bob Segers Night Moves im Ohr und anzuhalten, um einen langen Blick auf die Lichter von Los Santos unter einem zu werfen. Ich lehnte noch nie drei Minuten einem Song lauschend an einem virtuellen Auto und genoss den Moment so sehr.
Auf die Frage, ob ich das nun, nach fast zehn Jahren noch mal alles erleben möchte: Nach vier oder fünf Stunden, ja. Ich bin wieder drin, erinnere mich an viel, aber nicht alles, weiß wieder, warum ich diese Charaktere so spannend fand und schon nach kurzer Zeit wissen wollte, was mit ihnen passiert. Immer noch großes Kino. Nun, großes, nicht hochmodernes Kino.
Auf den neuesten Konsolen haben wir schon ein paar sehr technisch beeindruckende Spiele gesehen, wohl wissend, dass das ganz sicher noch nicht das Ende, sondern erst der Anfang ist. GTA V dagegen? Es knarzt mittlerweile mächtig im Gebälk des technischen Grundgerüsts. Das merkt man weniger, wenn man hoch über den Dingen mit einem Hubschrauber schwebt und den Sonnenuntergang genießt. Auch die Automodelle haben sich dank konstanter Pflege ihrer für den Online-Modus gut gehalten oder wurden immer schicker.
Nein, man muss schon nah rangehen, wie es die Kamera in den vielen, vielen Missionen aller Art gerne tut. Warum sollte sie auch nicht? Damals war das alles State of the Art und auch heute überraschen viele Details immer noch. Aber diese sitzen oft neben arg kastigen, polygonarmen Objekten, die einem auch sofort ins Auge fallen und 2022 in keinem Triple-A mehr vorkommen würden. Oder die Animationen der Figuren... Damit meine ich nicht mal das lächerliche breitbeinige Stapfen, das war auch damals nicht viel besser. Sondern die Art, wie der Oberschenkel durch den Rumpf clippt, wenn sie sich setzen. Zum Beispiel. Alles wirkt halt in etwa wie aus 2013, wenn man genauer hinguckt. Es gab zu viele grafisch brillante Titel in den letzten Jahren, als dass man es nicht sofort sehen würde. GTA V wird alt. Nur langsamer als andere und das ist ja auch eine nicht zu verachtende Leistung.
Das, was immer noch da ist, wird nun auf PlayStation 5, respektive Xbox Series X in nativem 4K angezeigt, wenn ihr Qualitäts-Modus auswählt, der auch mehr HDR-Effekte, bessere Texturen und ein wenig Ray-Tracing bietet. Auch damit sieht GTA V nicht nach einem ganz aktuellen, aber immer noch nach einem echt schönen Spiel aus. Wobei einige der Detailprobleme bei 4K natürlich mehr ins Auge stechen. Der Leistungs-Modus geht dann bis 60 Frames, skaliert auf 4K und verzichtet auf ein wenig Schönheit. Aber 60 Frames spielen sich natürlich schon klasse. Wer sich nicht entscheiden kann, nimmt den RT-Modus, der auf 4K skaliert, wirklich ganz doll probiert die 60 Frames zu erreichen und dafür auch nicht alle Ray-Tracing-Effekte abschaltet. Am Ende spielte ich die meiste Zeit in Schönheit mit 30 Frames. GTA V ist die meiste Zeit kein schnelles Spiel. Egal welcher Modus, der Raumklang wurde noch einmal besser abgemischt und auf Tempest beziehungsweise Dolby optimiert, dazu bekam der PS5-Controller ein paar wieder mal nette Effekte für die Rumble-Trigger spendiert.
Aber wie gesagt, es muss jetzt nicht gleich ein komplettes Remaster her - ein Wort, dass Rockstar sicher aktuell eher mit Vorsicht nutzt -, um in Los Santos Spaß und Action zu genießen. Und das gilt sowieso für den fast schon absurd erfolgreichen Online-Modus. Alte Spieler können direkt weitermachen, wo sie einen Download vorher aufgehört haben. Einmalig lassen sich zwei eigene Charaktere mit all ihren Errungenschaften transferieren, was auch für Spielstände des Story-Modus gilt.
Wer dagegen neu einsteigen will - oder nach Jahren mal zurückkommt -, findet als kleine Starthilfe vier Millionen GTA-Dollar auf dem Konto und kann im Karriere-Starter-Modus eine von vier Laufbahnen einschlagen. Das ersetzt nun die alte, etwas weniger geführte Einleitung und gibt der Sache zum Start etwas mehr Struktur. Später könnt ihr dann natürlich immer noch alles machen, was es so gibt und das sind in GTA-Online mittlerweile zu viele Dinge, um sie hier kurz mal aufzulisten. Sagen wir es so: Wenn ihr da reinkommt und merkt, dass das virtuelle Verbrecherleben euer Ding ist, dann braucht ihr den Rest des Jahres kein weiteres Spiel.
Kein GTA 6 in Aussicht, aber wer damals vielleicht noch zu jung war, um Los Santos unsicher zu machen, der kann das auf den neuen Konsolen nun in Würde nachholen. Alex beschrieb eindrücklich das wunderbare Chaos einer offenen Welt, die auch nach einem Jahrzehnt als Blaupause herhalten kann, wie man es richtig macht. Dazu kommt eine manchmal infantile, manchmal erstaunlich erwachsene, manchmal sich im Ton vergreifende, aber immer denkwürdige Geschichte, um drei schwere Jungs auf dem Weg zu Besserung. Nein, nicht wirklich. Aber darum muss es dabei ja nicht immer gehen. Keine Helden hier, nur spannende Figuren, denen man manchmal gern und manchmal nur widerwillig folgt, aber mit denen man sich nie zu sehr identifizieren sollte. Landet den Super-Einbruch oder rauscht mit einem Mountain-Bike einen Berg runter. Egal, was ihr genau tut und was euer Ding ist, GTA V hat vielleicht keine weiteren zehn Jahre in sich, aber für die nächsten paar ist es in (fast) all seiner Glorie noch fit genug. Vielleicht sogar lang genug, bis dann wirklich GTA 6 kommt.
Für eine kleine Zeitreise könnt ihr hier mal klicken: Das sagte ich vor fast zehn Jahren zu GTA V...