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GTA Online: Jetzt heißt's fett Kohle machen

Unter den massiven Startproblemen stecken fantastische Raubüberfälle.

Das hatte ich nicht erwartet. Da startet man GTA Online nach dreivierteljährigem Päuschen und wird erschlagen von Mitteilungen, Optionen, Textfenstern, alten Jobs, neuen Jobs, Möglichkeiten, Anrufen längst vergessener Charaktere. Seht euch mal das Bild in der Seitenmitte an und sagt, ob das verlockend aussieht. Anders gesagt: Als Wiedereinsteiger, der sich seit über einem Jahr einredet "Die Heists kommen bald, ganz bestimmt, die Heists kommen bald, ganz bestimmt, die Heists...", ist man zunächst platt. Auch Geschnetzeltes aus Immobilienschildern ist nicht gerade, was ich bei der Rückkehr auf dem Zettel hatte.

Kann man nicht mal mehr Zigaretten holen gehen? Was ist hier bloß passiert?

Aber was beschwere ich mich über einen Online-Modus, der mich abgesehen vom Kaufpreis seines Hauptspiels nur 200 Lebensstunden kostete? Auch eineinhalb Jahre nach dem Launch ist er ein wild um sich feuerndes Jobportal für jeden, der irgendwas mit Schießen, Fahren, Rauben, Schießen und Fahren, Schießen und Rauben, oder Schießen, Fahren und Rauben spielen möchte. An seiner Funktion als Crowdpleaser ist bis heute nichts zu rütteln. Von bewaffneten Fallschirmsprüngen über Dartpartien bis hin zum schönsten Voice-Chat für faule, ziellose Stunden besteht GTA Online als eine der besten, vielseitigsten Erfahrungen im Netz, eben weil sie so universell ist.

Nun sind die Raubüberfälle endlich da, fünf Stück zum Launch, geliefert als kostenloses Update [Lob für Rockstar hier einsetzen und sie gedanklich knuddeln]. Zumindest so halb, denn spielbar sind sie derzeit, einen Tag nach dem Start, nur mit den zwei "G"s: Geduld und Glück [Frust hier rausschreien und Rockstar drohen, nie wieder ein Spiel von ihnen zu kaufen]. Scheint so, als hätte die halbe Welt auf sie gewartet und sich nun, wo sie da sind, draufgestürzt wie auf eine Ladung mit Hundert-Euro-Scheinen gefüllter Paprikaschoten.

Verbindungsabbrüche, Ladebildschirme in Endlosschleife, wegknickende Cloud-Server, Zeitüberschreitung und Freezes sind auf der Xbox 360 beispielhaft für die Startschwierigkeiten, die Rockstars Online-Bemühungen schon beim Start der Vanilla-Version eine Grätsche verpassten. Eine mit eingeschalteter Konsole verbrachte Stunde wird derzeit schnell zur halben, die man effektiv spielt. Einladeprozess, Warten auf Mitspieler, Ladezeiten und Zwischensequenzen ziehen das für "auf die Schnelle" geplante große Ding in die Länge.

Ich kenne Leute, die haben hierin 1000 Stunden verbracht. Wenn man das sieht, kann man vielleicht ein bisschen besser verstehen, warum.

Wenn es dann funktioniert, genießt man nicht nur die Aussicht, mit einer Arbeitsstunde Hunderttausende Dollar einzustreichen. Man erkennt auch das Destillat aus dem, was Rockstar über die Verknüpfung von Mehrspielerjobs in der offenen Welt gelernt hat. Was man hier zu spielen bekommt, ist deutlich ausgefeilter als die Koop-Anhängsel anderer Spiele. Das Dreivierteljahr ohne war schön, hätte um ein Haar vergessen, wie schön, aber jetzt sieht es so aus, als würde Los Santos wieder öfter einen Platz in meiner Spielrotation finden.

Zunächst braucht ihr ein Luxus-Apartment, das automatisch um das nötige Equipment erweitert wird, dazu Level 12, sonst läuft gar nichts außer der Rotznase. Jeder Heist untersteht einem Anführer, der die Ausgaben für Planung und Material erst einmal vorstreckt und eine prozentuale Beuteaufteilung unter den Spielern vornehmen kann. Wichtig fürs Verständnis: Neue Raubzüge zum Selberstarten schaltet nur frei, wer den vorhergehenden als Anführer absolviert hat. Bei anderen Leuten teilnehmen und Kumpels helfen könnt ihr jederzeit, auch in den späteren Abschnitten, die noch nicht in eurer Liste stehen. Wollt ihr dann aber selbst den Neil McCauley geben, müsst ihr das der Reihe nach als Host tun.

Bevor ihr im Finale unzählige Scheine einstreicht, stehen die in beliebiger Reihenfolge absolvierbaren Vorbereitungen. Das Übliche unter Anlegung gehobener Open-World-Standards: Fluchtautos oder Flugzeuge von Drogenkartellen klauen, Kontaktpersonen einen Zugangscode ablauschen, als Cops verkleidet Häftlinge befreien. Oder einen mit Hubschraubereskorte über die Los-Santos-Highways fahrenden Bus einnehmen. Übrigens: Bei voller Fahrt die Waffe aus dem Fenster zu strecken, Pilot und Kopilot wegzuknacken, die seitlich aus dem Cockpit stürzen, während ihre rotorbeblätterte Bestie qualmend in die Wiese kracht, das ist ein berauschendes Gefühl von "Keiner kann uns stoppen".

Ohne geht's eben nicht. Also ohne Luxus-Apartment, meine ich.

GTA Online bewahrt sich das Chaos und die entstehenden Unwägbarkeiten, wenn man menschliche Spieler auf mehrschichtige Computergegnersysteme loslässt. Das Zusammenwirken schwerer Fahrzeuge, Schusswaffen und der Umweltbeschaffenheit ist nach wie vor eine fabelhafte Grundlage für ein Spiel dieser Art. Jede Runde verläuft anders, jeder von Haftminen halb in die Luft gesprengte Straßenzug wird gefeiert, weil es gewaltige, bewegende Kräfte sind, die man da spüren kann.

Später soll es Tauchgänge und ähnlich schräges Zeug zum Weichenstellen für den großen Millionencoup geben. Im Waffenladen werden ab sofort auch diverse Ohrhörer verkauft, bei denen ich keine Ahnung habe, wofür sie sind, da mich die Rockstar-Technik erst zwei Heists bis zum Ende durchziehen ließ.

Bereits der erste Einsatz, Überfall auf eine kleine Bank am Weststrand, zeigt interessante Abläufe zweier sich getrennt voneinander koordinierender Spieler. Während der eine Kameras zu Klump schießt und Personal sowie Kunden in Schach hält, muss sich der andere durchbohren. "In Schach halten" bedeutet in dem Fall, Druck zu machen - Waffe auf sie richten, mal einen Schuss abfeuern -, sonst könnte jemand auf die Idee kommen, so ein Alarmknopf sei genau das Richtige. "Durchbohren" bedeutet genau das: in einem Minispiel den Bohrkopf anzusetzen und sich Bolzen für Bolzen in den Tresor zu fressen.

Wenn das alles ineinandergreift, jeder seine Rolle ausfüllt, die Geiseln kauern, das Geld fließt und man dann unter schrillen Sirenen zum Fluchtauto rennt, ist das ein einnehmendes Gefühl. Anders als die im Vergleich wie Minispiele wirkenden Jobs, die mich und meine Freunde lange beschäftigten, deutlich stärker zusammenschweißend. Das hier entzieht sich dem Verständnis für die rasche Runde zwischendurch, allein schon der Vorbereitung wegen. Ein über 60-minütiger Bruch fühlt sich mehr an wie eine massive Unternehmung, die nur mit hochgekrempelten Ärmeln glückt.

Viele Fehler sind dabei nicht drin. Oft hat man nur ein Teamleben mehr, als Spieler anwesend sind. Was gleichbedeutend ist mit Anspannung, in jeder Phase, weil es anders gar nicht funktionieren würde. Steht ja auch genug auf dem Spiel.

Die letzten Meter zum rettenden Helikopter können treibend sein, verborgen hinter dem Grimm hässlicher Tiermasken, verfolgt von Merryweather und ihren großkalibrigen Freunden. Wenn die Technik mitspielt, sind die Heists ein wunderbares Willkommen-zurück einer Stadt, die auch nach eineinhalb Jahren nichts von ihrem universellen Charme verloren hat. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis GTA Online nach der lebensverlängernden Infusion richtig rund läuft. Schaut nächste Woche mal rein, rennt ja nicht weg. Aber es lohnt sich: Nichts geht über das Gefühl, unter einen Transporthubschrauber zu rasen, das magnetische Einklinkgeräusch zu hören und den Cops an der Leine baumelnd eine Nase zu drehen. Das gibt es nur hier.

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Sebastian Thor Avatar
Sebastian Thor: Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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Grand Theft Auto V

PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PS3, Xbox 360, PC

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