GTI Club +
Und im Winter fahren wir an die Küste…
Man kann nicht alles wissen. Oder könnt Ihr Euch an einen Arcade-Automaten namens GTI Club von Konami aus dem inzwischen staubigen Jahr 1996 erinnern? In Deutschland gab es nie viele Hallen und sofern ich mal eine besuchte, war es stets Segas bombastischer Scud Race-Automat, der als eine Art schwarzes Loch jedes Markstück zu sich zog. Schande auf meine Ignoranz, denn von dem, was ich hier beim Remake GTI Club + sehe, hätte ich damals durchaus einige spaßige Runden haben können.
Aber nicht auf die Schnelle. In GTI Club stand das Meistern der Handbremse und des Lenkrandvolleinschlags an erster Stelle und ein paar Übungsrunden waren durchaus dafür nötig. Die Cote d´Azur besteht offenbar, von einem etwas längeren Stück Küstenpromenade abgesehen, nur aus Haarnadelkurven, engen Gassen und steilsten Klippenstraßen. Hier zählt nicht die Endgeschwindigkeit eines Autos, sondern Eure Fähigkeit, das mitgebrachte Momentum einer kurzen Beschleunigung durch solch heikle Passagen zu tragen.
Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde und kostete in der Arcade geschätzte 20 Mark, bevor Ihr GTI Club richtig im Griff hattet. Und von diesem Standpunkt aus gesehen, sind die aktuell für GTI Club + geforderten 13 Euro (ab Februar dann 15 Euro) ein echtes Schnäppchen. Selbst wenn es hier nur eine einzige Rennstrecke gibt.
SUMO Digital, die bereits der Out Run–Serie zu einem überraschend hochwertigen Comeback verhalfen, hielten sich praktisch sklavisch an das Original. Statt aus nur vier, dürft Ihr nun zwischen fünf optisch leicht veränderbaren Mini-Flitzern wählen, darunter natürlich ein Golf GTI neben Mini, Lancia und Renault. Deren Spielwiese blieb jedoch unverändert handlich. Gut, dass es sich nicht um einen reinen Rundkurs handelt, sondern ein verwirrtes Labyrinth aus steilen Anstiegen, engen Tunneln und versteckten Passagen. Ihr werdet eine ganze Weile brauchen, um alle Wege zu den Checkpunkten zu erkunden und die Euch genehmsten zu perfektionieren.
Dabei lässt Euch GTI Club + viele Freiheiten. Es zählt nur, dass Ihr die Flaggen passiert, nicht wie Ihr dorthin kommt. Alle Wege sind erlaubt und nicht selten werdet Ihr Euch über einen erst kürzlich überholten Kontrahenten wundern, der plötzlich vor Euch aus einer Gasse schießt, nur um den Sieg doch noch wegzuschnappen.
Der Solospielermodus teilt sich dabei in drei Schwierigkeitsgrade, mit denen sich nicht nur die Qualität der Gummiband-KI – ein in solch verwinkelten Gassen nur schwer vermeidbarer und dank der Landschaft gut versteckter Umstand –, sondern auch der Grad der Freiheit bei der Streckenwahl erhöht. Eine solide Herausforderung, deren wirkliche Stärke weniger bei den unspektakulären Computerfahrern liegt, als vielmehr bei der wilden Kursgestaltung und dem ausgefeilten Driftverhalten. Eine gute Stärke, denn für sie spielt der Umstand, dass es hier genau eine einzige Strecke gibt, keine so große Rolle.
In der münzgesteuerten Arcade-Welt genügte das vollkommen. Schließlich hattet Ihr bis zur Erkundung der letzten Winkel von GTI Club schon mehr Kleingeld versenkt, als Konami zu hoffen wagte. Hier muss der geringe Preis als Entschuldigung herhalten. Reicht das? Fragt es Euch selbst. Der Stadtparcours wurde liebevoll und trickreich designt, gehört Ihr aber zu den Spielern, die hinter immer neuen optischen Reizen her sind und ständig was freischalten wollen, könnte Euch das zu wenig sein.
Nicht nur beim Umfang blieb SUMO dem Original treu, auch an der Optik wurde nur das Nötigste getan. Damit ist das Aufbohren auf HD gemeint, an den Texturen und sonnigen Farbgebungen änderte man nicht viel. Bei Freunden der Arcade-Racer alter SEGA-Schule springt folglich sofort der Funke über, während moderner eingestellte Zeitgenossen und Kenner der WipEout HD-Glorie – ebenfalls ein reines Downloadspiel – eher ein wenig enttäuscht sein dürften. Es ist halt in erster Linie ein Remake und kein wirklich neues Spiel.
Aber auch ein solches sollte sich nicht die gelegentlichen Framerate-Holperer erlauben, sobald alle acht Rennteilnehmer mal auf einem Fleck versammelt sind. Wirklich dramatisch oder gar unspielbar wird es nicht, und möglicherweise hatte der Automat auch solche Probleme. Verzichten hätte man trotzdem drauf können.
Am Multiplayerpart, der sich wie das Solospiel auch auf drei verschieden harte Rennbedingungen verteilt, gibt es dagegen nur das Fehlen des Splitscreens zu bemängeln. Ansonsten bietet der Kurs erstaunlich harte und unvergebende Rennen. Ob nun gegen den direkten Feind auf dem Feld oder auf dem Leaderboards der Rundenzeiten, GTI Club + weckt den Kampfgeist wetteifernder Spieler sofort. Vor allem, sobald Ihr dank EyeToy dem Feind direkt ins Gesicht blicken dürft.
Als kleine und ungemein spaßige Abwechslung wurde zum Abschluss der alte Bombenmodus nicht vergessen. Einer hat die Bombe, keiner will sie, durch Kollision reicht man sie weiter, nach zwei Minuten geht sie hoch. Das Auseinanderstieben sieben drolliger Kleinwagen, die von einem weiteren gejagt werden, dürfte einer der niedlichsten Moment der Rennspielgeschichte sein und das Katz und Maus-Spiel wird zwar keinen ganzen Abend erheitern, Euch aber immer wieder für ein paar Runden ans Pad zurückholen.
Zur Hochphase von Ridge Racer und Co. hatten wir kein Problem damit, dass ein Rennspiel nur eine Strecke mitbringt und zahlten dafür lächelnd den Vollpreis. Heutzutage fordern wir mehr für unseren Euro ein. Gut so. Prinzipiell.
Als liebevolle und exakte Umsetzung eines Arcade-Veteranen kann ich GTI Club + seinen bescheidenen Umfang aber nicht wirklich übel nehmen, da spielerisch genau das getroffen wird, was mich damals wochenlang an einen solchen Racer fesselte. Nicht das Freischalten und Weiterkommen, sondern das Meistern des durch die Kurven Slidens, bis hin zur Trance. Dafür braucht es nicht mehr Fläche als hier geboten wird. Dafür braucht es GTI Clubs + präzises Fahrmodell, seine ausgearbeiteten Kehren und die stabile Handbremse. Es ist ein würdiger Ausflug in eine Zeit, als Rennspiele vielleicht simpler und kleiner, aber deshalb nicht weniger spaßig waren.
GTI Club + könnt Ihr Euch im PlayStation Network für 13 Euro herunterladen.