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Guild Wars 2: Häuser bauen und fliegen auf der PS4?

Im Interview mit Lead Game Designer Colin Johanson war keine Frage tabu.

Vor wenigen Tagen spielte ArenaNet das neue Content-Update 'Flamme & Frost' für Guild Wars 2 auf die Server. Aus diesem Anlass lud man uns Spielejournalisten nach Hamburg ein, wo sich der Lead Game Designer Colin Johanson den Fragen der Fachpresse stellte. Meinen Interview-Slot hab ich dabei bis zur letzten Sekunde ausgenutzt. Von den aktuellen Patch-Neuerungen bis hin zu möglichen Zukunfts-Updates wie Player-Housing, Handwerker-Inhalten, Drachen, neuen Völkern, neuen Klassen oder Unterwasser- und Luftgebieten stand so ziemlich alles auf meiner Frage-Liste. Sogar "PlayStation 4" hatte ich mir an den Rand gekritzelt. Viel Stoff für eine halbe Stunde also. Aber Johanson antwortete auf alle Fragen geduldig - auch wenn er offenbar längst nicht alles verraten wollte.

Ich wähle den Heftpflaster-Einstieg und spreche gleich den Elefanten im Raum an: Endgame-Content. Es gibt etliche Spieler, die finden die Inhalte in Guild Wars 2 super, ziehen einen oder mehrere Charaktere bis zur maximalen Stufe hoch und verabschieden sich kurze Zeit später wieder mit der Begründung, ihnen mangele es an interessanten Inhalten. Was meint Johanson dazu? Was setzen die Macher dem entgegen? "Wir arbeiten zweigleisig daran", erklärt der Game Designer. "Zum einen fangen wir erst jetzt richtig damit an, konsequent monatlich frische Inhalte ins Spiel zu bringen und die Story weiter zu entwickeln." Er denke da sowohl an Content, der permanent im Spiel bleibe, als auch an einmalige Ereignisse, die nur für einen kurzen Zeitraum spielbar seien. "Das soll die Spieler fesseln wie ihre Lieblingsserie im Fernsehen: Jede Woche schaltet man wieder ein, um zu sehen, wie es weitergeht."

Colin Johanson, Lead Game Designer von Guild Wars 2

Zum anderen treibe man die Entwicklung der Spielsysteme voran, so der Entwickler. "Ich höre zum Beispiel immer wieder die Kritik, dass es nur für Fünfergruppen Inhalte gäbe. Das bezieht sich auf die Dungeons - die wir übrigens im Moment überarbeiten." Aktuell würden die Katakomben von Ascalon einer Renovierung unterzogen, um die Kämpfe und die Bosse dort spannender zu machen. 2013 werde man sich alle Dungeons vorknöpfen, verspricht Johanson. Doch viel lauter sei der Ruf nach Inhalten, die man als Gilde mit 20, 40 oder 50 Spielern bestreiten könne - mal abgesehen von den Welt-gegen-Welt-Kämpfen und PvP-Arenen. Deshalb führe ArenaNet jetzt die Gildenmissionen ein. "Damit können die Gilden etwas Nützliches mit ihrem Einfluss anfangen und sich interessanten und lohnenden Missionen zuwenden." Klingt nach einem guten Grund, sich einer Truppe anzuschließen - jedenfalls theoretisch. Doch wie sieht die Praxis aus?

Wenn Gilden auf Kopfgeldjagd gehen

Ich hatte noch vor Erscheinen des Patches die Gelegenheit, die besagten Gildenmissionen mit einigen Redakteurs-Kollegen auszuprobieren. ArenaNet hat sich wirklich etwas einfallen lassen: Fünf verschiedene Einsatztypen mit bis zu drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden gibt es, die man als Gilde beliebig oft freischalten und abarbeiten kann. Allerdings winkt nur einmal wöchentlich eine saftige Belohnung in Form von erstklassiger Beute für die Teilnehmer und Gildenmarken für die Truppe. Letztere können zum Freischalten von Boni, wie reduzierten Reisekosten oder exklusiven Bannern, verwendet werden. Spaß macht das Ganze auf jeden Fall - und erfordert einige Koordination. Die Missionsziele werden zufällig vergeben, die Details und Hinweise aus einem modularen System zusammengewürfelt. Auch Spieler außerhalb einer Gilde dürfen sich an den Einsätzen beteiligen, sobald die Gruppe eine Mission aktiviert hat. Am Ende profitieren alle davon.

Bei der Gilden-Kopfgeldjagd zum Beispiel müsst ihr gemeinsam NPCs ausfindig machen, die irgendwo in der Spielwelt herumspazieren. Ihr erhaltet zwar grobe Hinweise, in welchem Kartenabschnitt die Gesuchten unterwegs sind, danach heißt es jedoch 'ausschwärmen, bis jemand Glück hat und die Position des Ziels im Chat durchgeben kann'. Sobald man mit dem NPC interagiert, beginnt ein harter Kampf, dessen Schwierigkeitsgrad sich - wie in Guild Wars 2 üblich - an der Anzahl der anwesenden Spieler orientiert. Die Taktiken solcher Bosse sind teilweise ziemlich ... naja ... unkonventionell. Oder wie findet ihr es, von einer Ratte mit lebenden Baby-Bären beschossen zu werden, die sich an einen klammern und im Kampf behindern? Surreal? Schräg? Mindestens.

Ein weiterer Modus, den ich mir genauer ansah, war Gilden-Sprint. Im gezeigten Beispiel galt es, eine Höhle voller Fallen und Monster zu durchqueren, ohne dabei zu sterben. Der Haken: Man wird zuvor in ein flauschiges Eisbären-Junges verwandelt, das weder springen kann noch Attacken beherrscht. Fünfzehn Spieler müssen das Ziel innerhalb eines Zeitlimits erreichen, um diese Mission zu gewinnen - ein echter Brocken, sofern sich nicht einige Kollegen bereit erklären, in ihrer normalen Gestalt Bodyguard für die Bären zu spielen. Seitens ArenaNet hieß es übrigens, dass ihr während aller Sprint-Missionen in Tiere verwandelt werdet - so habe man mehr Kontrolle über die Bedingungen des Rennens.

Bei der Gilden-Kopfgeldjagd müsst ihr gemeinsam NPCs ausfindig machen, die irgendwo in der Spielwelt herumspazieren.

Wir jagen einen Bücherwurm wegen ausstehender Gebühren?!

Auch die restlichen Modi klingen interessant und dürften einige Planung erfordern. Bei der Gilden-Reise geht es um eine Art Schnitzeljagd, bei der ihr gemeinsam zufällig ausgewählte Orte einer Liste abklappern müsst. Die Gilden-Rätsel stellen euer Sprung-Geschick und eure Koordinationsfähigkeit als Gruppe auf eine harte Probe. Die Gilden-Herausforderung wirft euch mehrere Wellen von Feinden entgegen, wobei aber die Abwehr der Angreifer einiges an Absprache innerhalb der Gruppe erfordert - die Strategien der Monster wurden darauf ausgelegt, auch größere Gilden ins Schwitzen zu bringen. Teamspeak wird da obligatorisch.

Ist 2013 das Jahr des Drachen? Und werden wir Häuser bauen?

Soweit so unterhaltsam. Events mit großen Gruppen sind und bleiben ein Highlight in Guild Wars 2 - dass es jetzt koordinierter zur Sache geht, wird einige Kritiker freuen, die vor allem die Kämpfe gegen Bosse als chaotische Massen-Klickorgie geißelten. Doch was ist mit dynamischen Welt-Events? Die kürzlich erfolgte Invasion der Karka war ja ganz nett, aber was sind schon Krabbenmonster gegen gigantische Drachen? Wann sehen wir endlich mehr von den schuppigen Ungetümen, will ich von Johanson wissen.

"Ich kann noch nicht verraten, ob die Drachen schon 2013 auf der Bildfläche erscheinen. Ich kann jedoch sagen, dass wir generell an interessanteren Monstern und Bossen arbeiten, wobei wir uns zunächst die bisherigen Kreaturen im Spiel vornehmen und diese aufmotzen. Außerdem führen wir völlig neue Bosse ein - zum Beispiel für die Gildenmissionen." Dann schaut sich der Game Designer verschwörerisch um, fährt fort: "Was sich im Verlauf der Story ergibt? Nun, wir werden sehen. Eine der Geschichten könnte mit Drachen zu tun haben. Wer weiß?"

Tja. Nichts Genaues weiß man nicht. Aber vielleicht kann Johanson ja mehr über frische Völker und Klassen verraten? Wird es 2013 hier Neuerungen geben? Die Antwort des Entwicklers ist freundlich, aber ausweichend. Ob in diesem Jahr neue Völker und Klassen kämen, wisse er noch nicht. Irgendwann wahrscheinlich ja, aber das hänge noch alles in der Schwebe. Wenn neue Völker und Klassen kämen, dann in Form einer richtigen Erweiterung oder eines sehr sehr großen Live-Updates, das weit über die regelmäßigen Patches hinaus gehe, die man zur Fortsetzung der Spielhandlung geplant habe. Sehr nebulös.

Ich kann noch nicht verraten, ob die Drachen schon 2013 auf der Bildfläche erscheinen. Ich kann jedoch sagen, dass wir generell an interessanteren Monstern und Bossen arbeiten.

Am Ende der Kopfgeldjagd wird das Ziel symbolisch eingekerkert.

Also ein neuer Versuch meinerseits, Infos über kommende Features aus dem Lead Game Designer herauszukitzeln. Stichwort Player-Housing. Wann darf ich in Guild Wars 2 eine eigene Wohnung beziehen? Passt das überhaupt in die persistente Welt mit ihren dynamischen Events? "Das wäre in der Tat eine große Herausforderung", meint Johanson. "Housing ist ein ziemlich interessanter Bestandteil anderer Titel und auch wir hätten gerne so etwas in der Art in Guild Wars 2." Er möchte aber betonen, dass man nicht einfach die Features der Konkurrenz abkupfern wolle. "Wir müssen den Leuten etwas bieten, das sich deutlich von den Features anderer MMOs abhebt. Ein Housing-System müsste zum gemeinschaftlichen Gameplay und der Open-World-Thematik passen, das wir in unserem Spiel in den Vordergrund gestellt haben. Das bedeutet, dass wir uns sehr genau überlegen, ob und wie wir das realisieren könnten. Aktuell arbeiten wir nicht daran. Aber ich hoffe, dass wir eines Tages einen Weg finden, das ins Spiel zu integrieren", so Johanson.

Beim PvP wird alles schäh (sagt man in Franken)

Mit dem Februar-Update bescherte ArenaNet den Fans auch eine neue PvP-Karte namens 'Geisterwacht'. Eine kleine aber sehr verwinkelte Map, die mehrere Ebenen und interessante Routen bietet, wie ein kurzes Probespiel zeigt. Die Aufgabe der Teams ist es, drei Schreine zu erobern und eine zentral gelegene "Kugel des Aufstiegs" zu einem von ihnen zu tragen. Allerdings kann der Ball nicht abgespielt werden und verlangsamt den Träger enorm. Die Fights um die Kugel sind kurz und knackig. Ein gelungener Neuzugang fürs PvP - allerdings steht Guild Wars 2 offensichtlich noch immer arg am Anfang, was diese Art von Content angeht. Das bestätigt auch Johanson.

"Beim Thema PvP sind wir uns noch nicht hundertprozentig sicher, in welche Richtung es sich entwickeln wird. Wir sind gerade dabei, die Grundlagen umzusetzen, die wir für unsere weiteren Pläne benötigen." Das ist vornehm untertrieben. Die Entwickler hängen sich ziemlich rein. Jüngst warfen die Macher die bezahlten Turniere, die Turnier-Tickets und alles was damit zusammenhängt über Bord. Stattdessen gibt es jetzt kostenlose Turniere über eine Runde sowie über drei Runden. Im kompetitiven PvP können jetzt auch zwei Teams ein bewertetes Match gegeneinander bestreiten, neben den Turnieren für acht Teams. Doch das ist erst der Anfang, wie sich im weiteren Gespräch zeigt.

In Zukunft solle es ein Matchmaking-System geben, das mit dem jeweiligen Charakter verknüpft sei, erklärt Johanson. Wenn man einem Team für Turniere beitrete, würden vom System die Matchmaking-Punktzahlen der Spieler addiert und ein passendes gegnerisches Team gesucht. Der Designer bringt es auf die einfache Formel: "Anfänger sollen gegen Anfänger antreten und erfahrene Spieler gegen erfahrene Spieler." Danach seien umfangreiche Leaderboards geplant, auf denen die Spieler-Rankings veröffentlicht würden.

Ich möchte ein Eisbär sein ... Wäre der perfekte Soundtrack zu diesem Gilden-Sprint.

Im nächsten Schritt wolle man die Anpassung der Arenen erlauben. "Die Spieler werden im Prinzip ihre eigene Arena besitzen und die Regeln selbst festlegen. Also welche Karten gespielt werden, welche Punktzahl zum Sieg nötig ist, wie lange die Runden dauern, wie viele Spieler teilnehmen und so weiter", verspricht Johanson. Darüber hinaus werde man Passwörter vergeben und eigene Meisterschaften ausrichten können.

Schließlich planen die Entwickler einen Zuschauer-Modus, komplett mit Shoutcasting-Funktion, verschiedenen Kameraperspektiven und Videoupload. Sobald dann diese Grundlage geschaffen sei, werde man sich dem eSports-Bereich zuwenden, Meisterschaften ausrichten und Preise vergeben. "Wir bekommen viel Zuspruch von League-of-Legends-Spielern und WoW-Spielern. Da heißt es: "Ich liebe euer Spiel, und sobald ihr Feature X oder Y im PvP umgesetzt habt, bin ich dabei." Johanson glaube fest daran, dass im PvP-System noch viel Potenzial liege. Aber man wolle sichergehen, dass erst alle Spielmechaniken perfekt funktionieren, bevor man auf diesem Gebiet durchstarte, so der Entwickler.

Ähnliche Töne zum Thema Zuschauer-Modus und eSports habe ich seinerzeit bei der Vorstellung des Mehrspieler-Modus von Call of Duty: Black Ops 2 gehört. Damals meinten die Verantwortlichen, es sei unheimlich wichtig, dass Computerspiele ein Medium werden, bei dem auch die Zuschauer ihren Spaß haben. Wer weiß? Vielleicht sehen wir irgendwann die Live-Übertragung vom Angriff eines Welt-Event-Bosses im Fernsehen? Johanson grinst bei der Idee und verlegt sich auf ein unverbindliches "Ja. Wer weiß?" Die Vorstellung scheint aber auch ihm zu gefallen.

Werden wir fleißige Handwerker fliegen sehen?

Ob in diesem Jahr neue Inhalte für Handwerker geplant seien, will ich als Nächstes wissen. Die Antwort des Designers dazu fällt knapp aus: "Es gibt viel Raum für Neuerungen auf dem Gebiet und ich hoffe, dass wir in Zukunft auf dem bestehenden System aufbauen und noch mehr herausholen können." Dieses Jahr werde es eine Menge neuer Rezepte geben und noch mehr gute Gründe, sich als Spieler intensiver mit dem Crafting zu beschäftigen. Zurzeit gehe die Arbeit der Entwickler am Handwerks-System jedoch nicht über neue Rezepte hinaus. Zukünftige Inhalte könnten freilich sehr eng mit dem Handwerk verknüpft werden - Gildenhallen oder Player-Housing zum Beispiel. Er könne dazu aber nicht viel mehr sagen, als dass man über die Möglichkeiten nachdenke. Hm. Da ist es wieder, das Player-Housing. Und Gildenhallen? Ich frage nach. Ja. Pläne gäbe es. Sie werden kommen. Nein. Entwickelt werden sie aktuell noch nicht.

Es gibt viel Raum für Neuerungen auf dem Gebiet des Handwerks und ich hoffe, dass wir in Zukunft auf dem bestehenden System aufbauen und noch mehr herausholen können.

Die Gilden-Herausforderung ist was für eingespielte Gruppen.

Meine nächste Frage widmet sich den Unterwasser-Levels und der Möglichkeit, Luftschlachten zu schlagen. Tauchfans wird Johansons Statement hierzu freuen: "Wir werden uns natürlich den Unterwasser-Inhalten widmen und hier mehr dynamische Events hinzufügen. Einige der Gildenmissionen spielen übrigens unter Wasser, wodurch die Leute mehr in diesem Element zu tun bekommen." Und was ist mit Gebieten in luftigen Höhen? Werden Charaktere eines Tages auch fliegen können? "Unsere Engine erlaubt Luft-Gebiete. Im Prinzip würde sich deren Bewegungs- und Kampfsystem wohl nicht wesentlich von den Unterwasser-Gebieten unterscheiden. Wir müssten uns neue Animationen für Luftkämpfe einfallen lassen, aber im Grunde würde die Steuerung kaum anders ausfallen als beim Schwimmen." Er glaube allerdings nicht, dass ArenaNet irgendwann ein zweites Aion aus Guild Wars 2 machen werde, fügt Johanson mit einem Augenzwinkern hinzu.

Von Damals und Übermorgen

Was hält der Lead Designer eigentlich von der Playstation 4? Die Ankündigung ist ja nicht lange her. Gibt es eine Chance, dass Guild Wars 2 für die nächste Konsolengeneration erscheint? "Wir haben uns die aktuelle Konsolengeneration angesehen, die Idee einer Version auf dieser Plattform aber verworfen", erklärt Johanson. Langfristig gesehen schließe man natürlich nichts aus. Eines der größten Probleme seien jedoch die monatlichen Patches mit kostenlosen Inhalten. Um etwas Derartiges auf Konsolen zu realisieren, müsse man als Entwickler durch etliche Reifen springen. Normalerweise würden Spieler bei solchen Patches auf Konsole zur Kasse gebeten, was man nicht wolle. Die Client-Größe und die Downloads seien ein weiteres Problem. Dazu kämen noch die erweiterten Zertifizierungen und Tests, die man auf Konsolen für jeden größeren Patch durchlaufen müsse. Das nehme ebenfalls viel Zeit in Anspruch und spräche gegen eine Konsolenversion, so Johanson. Aktuell konzentriere man sich deshalb auf die PC-Plattform und darauf, das Spiel in andere Märkte zu bringen, Asien und Russland seien hier die nächsten Schritte, nachdem das Spiel in Europa und den USA großen Erfolg habe.

Beim Thema 'Erfolg' hake ich nach - in der Hoffnung, dass der Designer noch ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudert. Das erste Guild Wars hatte es im Frühjahr 2005 nicht einfach: World of Warcraft war zum Release von ArenaNets Erstlingswerk bereits seit zwei Monaten auf dem Markt und der Hype um Blizzards MMO gigantisch. Wie sieht Johanson die Situation heute? Ist es leichter oder schwerer geworden, sich am Markt gegen die Konkurrenz zu behaupten?

"Einfacher ist es jedenfalls nicht geworden", meint der Lead Designer. "Die Arbeit an Guild Wars 2 ist zudem viel aufwendiger. Wir haben mehr Spieler verglichen mit damals. Guild Wars 2 ist ein Verkaufsschlager, während das erste Guild Wars sich seinerzeit ganz wacker geschlagen hat, aber keine Rekorde brach. Es fand eine solide Fan-Basis, aber sprach keine riesige Community an, wie Guild Wars 2 das heute tut." Johanson geht mehr ins Detail: "Als wir Guild Wars 1 herausbrachten, waren wir eher eine Indie-Firma, ein Start-up so zusagen. Wir konnten uns quasi an der langen Leine austoben und waren total überwältigt, als unser Titel so verhältnismäßig gut lief. Da haben wir uns auch mal zurückgelehnt, ein paar Monate das Spiel gespielt und Spaß gehabt. Wir haben uns während dieser Zeit auch nicht besonders auf neuen Content konzentriert. Dann, ein paar Monate später, dachten wir uns: "Hey, wir sollten ein paar neue Sachen ins Spiel einführen." Also haben wir Sorrow's Furnace (Hochofen der Betrübnis) gemacht und auch dabei eine Menge Spaß gehabt. Von allen Dingen, die ich während meiner Karriere gemacht habe, war diese Zeit eine meiner tollsten Erfahrungen. Wir hatten kaum Druck, genossen unseren Erfolg und hatten jede Menge Spaß."

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Guild Wars 2 ist ein Verkaufsschlager, während das erste Guild Wars sich seinerzeit ganz wacker geschlagen hat, aber keine Rekorde brach.

Die neue PvP-Karte 'Geisterwacht' ist klein aber zackig.

Auch die Arbeit an Guild Wars 2 sei eine großartige Erfahrung. Nur sei der Druck wesentlich größer. "Als wir Guild Wars 2 herausbrachten, wussten wir, dass es eine riesige Sache werden würde - nicht so groß vielleicht, wie der Titel dann tatsächlich wurde - aber groß. Verglichen mit damals ist der Druck enorm. Die Erwartungen an uns selbst und die Erwartungen von anderen Leuten waren und sind gewaltig. Natürlich haben wir jetzt auch mehr Mitarbeiter als zu Zeiten des ersten Guild Wars. Die Organisation ist schwieriger, aber wir können so viel mehr umsetzen. Der Markt für MMOs ist außerdem vielfältiger als zu Zeiten von Guild Wars 1. Es gibt viel mehr Konkurrenz. Darum müssen wir echt auf Zack bleiben mit unserem Spiel. Wir müssen monatlich etwas bieten, von dem die Spieler sagen: "Wow. Das ist Wahnsinn. Kaum zu glauben, dass ich das geboten bekomme, ohne monatliche Gebühren zu bezahlen. Mehr davon!" Wenn die Spieler das am Ende jedes Monats denken, haben wir unsere Arbeit gut gemacht", so der Lead Designer.

Und wie kommt es, dass bislang nur wenige MMOs das Finanzierungsmodell von Guild Wars 2 kopieren und stattdessen entweder auf ein monatliches Abo oder ein typisches Free-to-play-Modell setzen? "Als das erste Guild Wars rauskam, waren wir so ziemlich die Ersten mit diesem Konzept", erzählt Johanson. Es habe seitdem Nachahmer gegeben und viele Spiele seien mittlerweile komplett auf Free-to-play umgestiegen. Im Triple-A-Bereich sei Guild Wars 2 allerdings noch immer eine Ausnahme. Das hänge mit dem Risiko zusammen, das man ohne ein Abo-Modell eingehe. "Vielleicht würden wir tatsächlich mehr Geld mit monatlichen Gebühren verdienen, aber das passt nicht zu uns als Spielern oder als Firma. Außerdem erwarte ich als Spieler, dass ich einen Titel besitze, sobald ich ihn gekauft habe." Die Zeiten, in denen man das Argument vorbringen konnte, mit den monatlichen Gebühren die Serverbandbreite zu bezahlen, seien seiner Ansicht nach vorbei, so Johanson. "Die Kunden nehmen das einem nicht mehr ab. Bandbreite ist schlicht nicht mehr so teuer und darum ist diese Begründung hinfällig." Wenn ein Spieler fände, dass er den Gegenwert an Inhalten aus seinem monatlichen Abo heraus bekomme, sei das toll. ArenaNet hingegen verlange keine Gebühren und brächte trotzdem monatlich frischen Content. "Das honorieren die Spieler und ich glaube, dass wir in Zukunft noch mehr Nachahmer sehen werden, die sich an unserem Modell orientieren", gibt sich der Lead Designer überzeugt.

Die halbe Stunde ist um, mein Notizbuch voll und mein Kopf birst vor neuen Fragen. Mal sehen, was in Zukunft von all den Visionen umgesetzt wird, die sich während des Gespräches abgezeichnet haben. Jetzt muss sich erst einmal 'Flamme & Frost' beweisen. Es gilt die freie Übersetzung der alten Fußball-Weisheit: Nach dem Patch ist vor dem Patch.

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