Guitar Hero: Aerosmith
Billiger als eine Konzertkarte
Der Rest der insgesamt 25 Tracks von Aerosmith selbst schwankt fließend zwischen Klassiker – Pandoras box, Sweet emotion, Toys in the attic, Rag doll – und der „nur für harte Fans“-Kategorie: Pink braucht nun wirklich niemand unbedingt, da hatten die besseres, Draw the line ist alt, aber nicht unbedingt griffig und an Kings and queens hat zwar mit Ausnahme von Joe Perry jedes Mitglied der Band mitgearbeitet, nur leider verderben viele Köche manchmal doch den Brei.
Aber gebt nichts drauf, Geschmack ist relativ, daher hier den Rest der Aerosmith-Songs schnell und unkommentiert: All day and all of the night, Back in the saddle, Beyond beautiful, Bright light fright, Combination, Dream on, Let the music do the talking, Make it, Mama kin, Movin out, No Suprize, Nobodys fault, Rats in the cellar, Train kept a-rollin und Uncle salty. Make it, Movin out, Dream on und Mama Kin wurden neu für das Spiel aufgenommen, der Rest entstammt den Master Recordings, die Aerosmith für das Projekt herausrückte. Klingen tun sie alle ausgesprochen gut, auch wenn der Stereomix stellenweise nicht ganz perfekt scheint.
Mehr als Bonus solltet Ihr die vier Joe Perry Solos – Mercy, Talkin talkin, Shakin my cage und ein notorisch schlechter Battle – verstehen. Interessanter wird es bei den zehn Stücken der Band, die mal bei Aerosmith die Anheizer mimten. Es war sicher eine interessante Zeit als Ted Nugent – Cat scratch fever – und Tylers Truppe die Bühne teilten, dazu kommen The Cult – She sells sanctuary –, Joan Jett, Black Crows, New York Dolls – 2004 wieder aus der Versenkung auferstanden -, Lenny Kravitz, Kinks, Mott the Hoople – All the Young Dudes -, The Clash und Run D.M.C. Mit einem eigenen Song und auch unterstützend bei Walk this way.
Und das war es auch schon. Gerade mal knappe 40 Stücke, etwas mehr als die Hälfte der Masse von Guitar Hero 3. Und für den gleichen Preis ist das mehr als dürftig. Immerhin wurden die in ein passendes Korsett gedrückt, in dem Ihr die Bandgeschichte von Aerosmith nachspielt und mit kleinen Interview-Schnipseln – die Langfassungen könnt Ihr freischalten – zwischendurch die Fanseele bei Laune gehalten wird.
Die Seele des Guitar Hero–Perfektionisten wird am Ende dagegen ein wenig gelangweilt die Bühne verlassen. Man muss hier nicht Dragonforce als Maßstab nehmen, um zu sagen, dass Guitar Hero: Aerosmith einfach ist. Aerosmith waren nie die Speed-Power-Rocker, alles bleibt im Mid-Tempo-Bereich, rhythmische Klangstrukturen dominieren, das brachiale Power-Play von Stricken oder Before I forget wird hier nicht eingefordert. Lediglich die Hammer-Ons und Pull-Offs werden ein wenig präziser als bei Guitar Hero 3 verlangt.
Joe Perry inspirierte Generationen von Gitarristen mit seinen sehr melodischen Rock-Strukturen, nur könnt Ihr den Abfolgen halt viel leichter folgen. Wenn ich es schaffe, auf Hard im ersten Anlauf durchzukommen und auf Expert dann im zweiten Set nur aufhörte, weil es langsam doch spät wurde, kann man das Paket wohl in die Ecke der Guitar Hero-Ware stellen, die man gerne zu Entspannung, aber nicht für die große Herausforderung spielt.
Vor allem zu zweit wird es ein wenig traurig, wenn zwei Könner antreten. Für die Lead gibt es immer Spaß und auch ein paar etwas kniffeligere Passagen, der Bass übt sich dagegen in Demut und müht sich, bloß nicht die Show zu stehlen. Einfach, simpel und insgesamt etwas öde. Im Onlinebereich ändert sich das natürlich nicht wirklich, hier ist – wie auch zu zweit vor der Konsole – wohl eher Battle und FaceOff anzuraten. Insgesamt also ein solides Mehrspielerangebot, dessen Mankos darin bestehen, dass es relativ leicht ist, mit Guitar Hero 3 komplett identisch daherkommt und sich bar jeder Innovation zeigt.
Ein Urteil, das Ihr eigentlich auf das ganze Paket beziehen könnt. Spielerische Neuerungen solltet Ihr auf keinen Fall erwarten. Ein frisches Spielgefühl ebenfalls nicht. Und damit kommt natürlich die Frage zum Schluss noch einmal auf, mit welcher Rechtfertigung hier für bedeutend weniger Songs die vollen 60 Euro eingefordert werden, mit der Les Paul – identisch zum Guitar Hero 3 Gegenstück, welch Wunder – dann die ganzen 90.
Seid Ihr harte Aerosmither, stellt sich die Frage nicht. Kauft es und werdet glücklich. Alle anderen dürfen und müssen sich darüber aufregen, warum Activision das Paket nicht als großen Download oder zumindest zum günstigeren Kurs anbietet. Ich freute mich auf das Konzept, einzelnen Bands ein eigenes Kapitel zu widmen. Aber nicht zu diesem Preis. Neulinge halten sich ganz eindeutig an Guitar Hero 3. Klampfenmeister auf der Suche nach frischem Material gucken sich sehr kritisch an, ob ihnen die Aerosmith-Trackliste das Geld wert ist und nur Tyler/Perry-Freaks schlagen sofort zu. Es hält sie sicher bis zur nächsten Tour ihrer Helden bei Laune.
Guitar Hero: Aerosmith ist ab sofort für PS3, Xbox 360, Wii und PS2 zu haben. Auf Wunsch (und mit Aufschlag) auch mit Gitarre.