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Hält The Division, was es versprach?

Ein erster Blick spricht für ein aufregendes, wenngleich vertrautes Spiel.

Nach dem viel diskutierten "Watch Dogs Downgrade" seit seiner spektakulären Enthüllung auf der E3 2012 sind alle Augen auf Ubisofts übriges Portfolio gerichtet und darauf, ob The Division nach seiner vergleichbar spektakulären Ankündigung ein ähnliches Schicksal ereilen würde. Nach einem ersten ausführlichen Blick auf das Spiel, abseits des blendenden Testosteron-Levels einer E3-Pressekonferenz, fällt die Antwort darauf nicht ganz eindeutig aus

Wovon The Division mehr als genug hat, ist Atmosphäre - eine kalte, trostlose Stimmung, während das verlassene New York unter einem unbarmherzigen Frost knarzt, der es gefangen hält. Der Plot ist purer Clancy-Humbug, verseuchte Dollarscheine schufen ein Chaos fast apokalyptischer Ausmaße, aber ihm ist auch das Bühnenbild für eine der möglicherweise erinnerungswürdigsten Spielewelten seit einer ganzen Weile zu verdanken. Überall in der Architektur der Stadt wird man Zeuge lange vergangener Geschichten; ein toter Polizist, der neben einem Auto zusammengesackt war, zeugt von einem Feuergefecht, das seit Tagen vorbei ist. Die Blutflecken an der Wand eines Apartments berichten von einer eher häuslichen Tragödie.

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Die Straßen sind voller Details, die sich bis weit in den kalten Nebel hineinstrecken. Die Snowdrop-Engine leistet fantastische Arbeit dabei, ein gewaltiges Bild vom urbanen Verfall zu zeichnen, der eine gesamte Stadt ereilte. Schaut man genauer hin, entdeckt man aber vertraute Muster.

Während ihr durch die Welt streift, seht ihr die Sicherheits- und Verseuchungslevel der Bezirke und Zonen. Gebiet für Gebiet erlangt ihr Kontrolle über die Karte, indem ihr euch durch Feinde hindurch schießt und so Operationsbasen erkämpft. Das hat man schon mal gespielt - entweder auf jährlich, in einem historischen Szenario nach Ubisofts Wahl oder erst kürzlich in einem hypervernetzten Chicago. Bisher sind - noch - keine Verfolgungsmissionen in Sicht, aber es handelt sich hier definitiv um ein Open-World-Spiel nach typischer Ubisoft-Machart™, wenngleich mit einem guten Auge für Details. Erobert ihr ein Gebiet der Cleaner - eine Fraktion, die infizierte Gebiete "säubert" - findet ihr ein Lagerhaus, in dem eine Gruppe mit obsessiven Hygieneregeln einen brennenden, grotesken Leichenberg bewacht. Sobald das Gebäude befriedet wurde, stellt ihr die Stromzufuhr wieder her. Sprinkler beginnen, die Feuer zu löschen, während die Beleuchtung eines niedlichen Weihnachtsbaums anspringt.

Passend zu den RPG-Elementen von The Division und dem Hardware-Fetisch, der mit der Clancy-Lizenz einhergeht, gibt es tiefschürfende Mechaniken. Man bekommt das Gefühl, dass man sich in den Technik-Trees ebenso verlieren kann wie in der reichhaltigen offenen Welt. Upgrades für Gegenstände schaltet man frei, indem man im Spiel voranschreitet. Verteilt sind sie auf einem konischen Feritgkeitenbaum, zu dem man jederzeit Zugang hat und mit dem man sein Arsenal auf Wunsch einfach noch einmal ummodelt. Die weit hergeholten Gadgets sind ebenfalls eine Freude. Granaten bekommen Sucher-Modifikationen (siehe auch Call of Duty: Advanced Warfare), die dafür sorgen, dass sie sich intelligenten auch Gegnern nähern, die gut geschützt hinter Deckung ausharren. Stroboskop-Varianten blenden und lähmen Soldaten für einen schnellen Abschuss.

Rollenspiel-Elemente gibt es auch in anderen Open-World-Titeln von Ubisoft's. In The Division sind sie aber ausgeprägter.

Das Interface ist auch ein kleines Wunder, nutzt es doch das nahfuturistische Szenario The Divisions, um etwa seine Spielweltkarte in die Welt zu projizieren oder den Technik-Baum aus der Armbanduhr des Spielers sprießen zu lassen. Die Rollenspiel-Versatzstücke bedeuten, dass unter all dem Rennen und Schießen komplexe Mechanismen ineinandergreifen, die aber schön nahtlos in Spielwelt- und -Fiktion eingebettet sind.

Einige Elemente sind dagegen nicht mehr ganz so zeitgemäß. Drohnen können das Gebiet vor dem Spieler auskundschaften, eine Aufgabe, die man auch an einem Freund mit einem Tablet delegieren kann. Der lässt dann auch Munition und andere Hilfsgegenstände in die Spielwelt fallen. Es ist eine nette Idee, aber sie kommt irgendwie zu spät zu einer Party, die nie wirklich startete. Der Einfall, dass zusätzliche Spieler auf sekundären Bildschirmen ins Spiel eingreifen, war auf vergangenen E3s mal ein großer. Aber er hat sich nie durchsetzen können und es ist ein wenig beunruhigend, dass einer von The Divisions zentralen Pluspunkten aktuell in einem bereits wieder ausgestorbenen Konzept besteht.

Natürlich gibt es sicherlich noch mehr, das für The Division spricht, auch wenn vieles davon bis hierhin ein Geheimnis bleibt. Wie sehr sind die Spieler verbunden und wie steht es um das Mit- und Gegeneinander? Es ist kein Problem, wenn uns das Rückgrat von The Division ein bisschen bekannt vorkommt. Aber ob es auch seine früheren Versprechen einlösen kann, hängt davon ab, wie sehr Ubisoft sein wohletabliertes Schema erweitert.

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