Halo 5: Guardians - Alles bleibt Halo
Und das ist gut so?
Halo und Halo 2 waren bahnbrechend. Sie zeigten das erste Mal wirklich, dass Shooter auf Konsole und mit Pad nicht nur möglich sind, sondern dass hier auch etwas ganz eigenes abseits des damals zu hundert Prozent dominanten PC-Shooter-Marktes entstehen kann. Frisches Setting, nette Story, neues Spielgefühl und Multiplayer-Modus zum Reinhopsen, Loslegen und Spaßhaben, ohne dass man sich mit Komplexitäten von Rollen oder ähnlichem herumschlagen musste, wie es beim damals - zumindest in meinem Umfeld - vordergründigen CS der Fall war. Halo war etwas Aufregendes. Dafür habe ich ihm sogar die Flood-Level verziehen.
Jetzt sind wir aber ein paar Spiele weiter und vor allem ist die Konkurrenz in der letzten und noch mehr in dieser Generation aufgewacht und hat sich aus ein paar selbst gestellten Fallen befreit. Bungie tat das, indem sie Halo für sich aufgaben, es ein wenig und doch entscheidend veränderten und Destiny nannten. Activision traute sich für eine Generation nach dem Erfolg von Modern Warfare nicht, seinem so lebenswichtigen Multiplayer-Modus einen Schubs zu geben, dafür brauchte es Advanced Warfare und sieben Jahre. Mehr Tempo, mehr Beweglichkeit, mehr Komplexität in den Rollen und Loadouts. Halo dagegen blieb sich selbst treu, wenn man es nett sagen möchte und es mag, oder es stagnierte in Teil 3 und 4. Insoweit war es spannend, sich an Halo 5 zu setzen und sehen, ob es dem Trend zu Doppelsprung, Waffenmodifikationen, Tempo und Taktik folgen wird...
Es ist Red vs. Blue. Halo bleibt Halo.
Wir rennen, hüpfen, hauen uns um die Spawn-Spots der guten Waffen und es fühlt sich an, als wären die Jahre nie vergangen. Es waren sogar ein paar Teabagger zu sehen. Kein Doppelsprung, nur ein kleiner Dash, der auch noch recht lange zum Aufladen braucht, keine komplexen Rollenkonstellationen oder Waffenfeinheiten. Und wisst ihr was? Es fühlte sich für ein Weilchen wirklich gut an. Einfach rein und ballern, dank der Schilde hält man sogar was aus - was sich auch rächt, weil man selbst inzwischen von den anderen Spielen auf schnelle Kills gedrillt ist -, es fällt nicht schwer, sofort wieder zu spüren, warum das so viel Erfolg hatte und immer noch haben wird.
Ein paar Details haben sich natürlich geändert. Die neu betitelten Spartan-Fertigkeiten beinhalten den besagten kurzen Dash, der nun in alle Richtungen geht, wobei er nach vorn sehr eingeschränkt zu sein scheint. Hüpft ihr an eine Kante, rutscht ihr nicht unelegant an der Wand wieder nach unten, sondern zieht euch unelegant nach oben. Im Sprung könnt ihr auf den Boden donnern und ordentlich Schaden austeilen. Sprintet ihr los, habt ihr nach etwas mehr als einer Sekunde, die Beschleunigung, die ihr braucht, um entweder ein Stück über den Boden zu rutschen oder - weit wichtiger - mit Wucht in einen Gegner zu dashen. Das alles macht es etwas beweglicher, es fühlt sich natürlich an und vor allem der Schulter-Tackle aus dem vollen Lauf heraus erfreute sich großer Beliebtheit. Durch die Schilde sind einige Treffer nötig. Wenn die Distanz kurz ist und ihr schon im vollen Lauf seid, dann wird der Tackle wahrscheinlich gewinnen. Ein wenig Bewegung kam dann also doch noch ins Ganze.
Arena heißt das Paket der Multiplayer-Modi, Capture the Flag ist mit dabei, Deathmatch natürlich auch, Breakout war eine spannende Sache. Keine Respawns, fünf Runden, ein intelligenter Modus, wenn gute Teams spielen. Erst in Position gehen, dann kurze Hektik im Fertigkeiten-am-Pad-Abtausch und neue Runde. Bei Stronghold erobert ihr bestimmte Punkte und haltet sie, das kennt man aus Halo 4s Dominion. Was in Arena keine Rolle spielen wird, sind die Vorteile besonderer Waffen, die man entweder durch erspielte oder erkaufte REQ-Punkte bekommt. Das ist richtig, Halo 5 hat Mikrozahlungszeugs, insoweit passte man sich da schon ganz gut den anderen an, aber zumindest wird es im kompetitiven PvP keine käuflichen Vorteile geben.
Oder zumindest nicht so richtig. In Arena wird wirklich nur Kosmetik betrieben, im anderen großen Multiplayer-Modus, Warzone, wird das ein wenig anders aussehen. Besondere Ausrüstung aus den erspielten/gekauften REQ-Punkten gibt euch in diesem PvP-/PvE-Modus durchaus Vorteile, allerdings sollen die durch das Balancing aufgefangen werden, sodass ihr immer mit Spielern zusammenkommt, die eurem Grad an Bewaffnung entsprechen. Warzone zu beschrieben ist nicht ganz einfach, am ehesten könnte man es eine Art Destiny-Light nennen. Eine Mischung aus Domination, wobei ihr in einem großen - wirklich großen - Freiluftareal neutrale Stützpunkte besetzt. Habt ihr alle drei davon unter eurer Kontrolle, geht es weiter zum feindlichen Reaktor, der dann für ein Weilchen unter Feuer genommen wird. Sollte die angegriffene Seite einen der Stützpunkte zurückerobern, ist der Angriff fürs Erste abgewehrt und das Hin und Her geht weiter.
Destiny-Light, weil es eben kein reines PvP ist. Es gibt neutrale Besatzer in den Basen, die ihr zuerst bekämpft. Dann sind überall in der Landschaft Aliens aller Art verteilt, darunter auch genug Elites, um es spannend zu halten, und immer wieder gibt es besondere Ereignisse wie einen Boss, der auf seinem Gleiter alles attackiert, was des Weges kommt. Diese PvE-Elemente sind keine reine Zierde, denn der Reaktor ist nur die eine Zielbedingung. Die andere ist, eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Während der Durchschnittsfeind kaum einen Ausschlag erzielt, kann ein solches Spezialereignis durchaus einen Unterschied machen. Zu Beginn haben beide Seiten an den zahlreichen verstreuten Waffenpunkten nur einen sehr eingeschränkten Zugriff auf ihr Arsenal. Es wird aber kontinuierlich gelevelt und mit jedem Aufstieg ist mehr im Angebot. Besonders spannend sind die Fahrzeuge, die in Warzone eine große Rolle spielen. Schon allein, um auf den monströsen Maps von A nach B zu kommen, vor allem aber natürlich wegen ihrer dicken Kanonen. Wenn ein Freund mit einem Panzer plötzlich als der Retter auftaucht und ein erbittertes Gefecht in Sekunden klärt, dann sind das schon so die kleinen Battlefield-Momente.
Diese Fahrzeuge lassen sich natürlich nur begrenzt spawnen und ich freue mich jetzt schon auf die neuen Beleidigungen, die ich lernen werde, wenn ich den anderen immer die Panzer wegschnappe, ohne so viel zum Kill-Pool beizutragen. Welche Freude Warzone jenseits dessen bietet, scheint ganz schwer davon abzuhängen, wie viele Leute auf dem Feld sind. Ausgelegt ist das Ganze für 12 gegen 12, und das scheint auch das Minimum zu sein, mit dem man spielen sollte. In einem Match war es einmal bestenfalls ein 6 gegen 5, und das waren für diese Fläche schlicht zu wenig Spieler. Jeder machte irgendwo sein Ding an unterschiedlichen Enden, nur eben ohne die Chance, wie zum Beispiel bei Destiny, dort wiederum auf neue Leute zu treffen. Online und sollte der Modus Erfolg haben, dürfte das kein großes Problem mehr sein, aber selbst das 12-gegen-12 könnte sich immer noch ein wenig leer anfühlen. Ihr habt halt eine Map, die nicht viel kleiner als eine von Battlefield ist, habt Fahrzeuge, Geschütztürme und das alles, und dann sind 24 auf dem Feld doch weit entspannter als 64. Nur dass das nicht der Ort ist, wo ich Entspannung haben möchte.
Und dann ist da schließlich die Kampagne. Was wäre ein Halo ohne sie? Nennt es halb-informiertes Raten, dass diese um die 20 Missionen aneinanderreihen wird - zu Mission 10 wurde uns gesagt, dass sie etwa aus der Mitte des Spiels stammt -, und auch hier: Es wird Halo. Nur mit mehr Freunden. Ohne Splitscreen. Es gibt mehr als nur ein paar Fans, denen das aufstoßen wird. Es fühlt sich ein wenig wie ein Rückschritt an, wie ein Teil des Preises, der für die wirklich durchgehenden 60fps gezahlt werden muss. Diese fühlen sich gut an, ohne Frage, aber waren sie es wert? Das müsst ihr für euch entscheiden. Dafür sind es nun also drei Begleiter, alle online, und es wird viel gequatscht. Ständig gibt es Funkverkehr, das Innere der scheinbar leeren Argent-Moon-Station in der ersten der beiden gespielten Missionen wirkt gar nicht mehr unheimlich oder geheimnisvoll. Die leeren Gänge sind gefüllt mit belanglosem Sci-Fi-Techno-Babbel, die ehemals in Momenten so schöne ruhige Stimmung der Halos ist dahin. Man kann nur hoffen, dass die Teams in anderen Missionen über den Wert von Funkstille aufgeklärt sind.
Dann kommen die ersten Grunts und ihr Geschnatter wurde noch einmal etwas comichafter. Sie dürfen das und bei den tollpatschigen Kugelfängern nicht zu grinsen, das fällt einfach zu schwer. Größere Gefährten kommen an ihre Seite und Halos beständiger Rhythmus aus Kampf und Weiterziehen nimmt seinen Lauf. Es gibt im Laufe der nun folgenden 45 Minuten des Levels Highlights wie den Kampf auf Kleinschiffen im Inneren der riesigen Kuppel einer Forschungsstationen und Nieten wie drei obligatorische Wellen an Feinden, bevor irgendwas hochgefahren wurde. Konservativ wäre wohl das Wort. Es spielt sich wie Halo, ohne Frage. Die zwei Begleiter extra zeigen im Kampf, dass sie was können, und wenn ihr sie mit den simplen Befehlen auf einen Feind hetzt, werden sie diesen Auftrag auch mit hoher Wahrscheinlichkeit erledigen. Im Gegenzug ist auf sie auch Verlass, solltet ihr mal zu Boden gehen. Ja, sie sind nützlich, keine Frage.
Die andere der beiden Missionen spielt in einem riesigen und vor allem langen Canyon, der zwar farblich hübsch wirkt, aber eben auch so unglaublich statisch. Praktisch nichts ist zerstörbar. Ihr verlasst das Gebiet, wie ihr es vorfandet, ungeachtet des Schadens, den man eigentlich hinterlassen haben müsste. Es gibt auch fantastische Ausblicke auf das Kampfgefährt namens Kraken, das sich entlang der Klippen bewegt, die ihr nach oben sprintet, und solche Momente erinnern immer wieder mal an die Größe des Halo-Universums. Auch hier jedoch verfällt das Spiel gern in seinen serienüblichen Trott. Dem Spieler gelegentlich ein paar Fahrzeuge gönnen und sonst die Feinde in übersichtlichen Gruppen bereithalten. Der Canyon zeigt das ganz schön, während ihr nach und nach die Ecken, in denen diese Gruppen lauern, erkundet. Sprintet ihr zu schnell durch, rächt sich das. Geht ihr bedächtig vor, haltet ihr die weiter hinten wartenden Gruppen immer schön ahnungslos und könnt euch um sie kümmern, wenn ihr bereit dazu seid. Es ist Halo.
Und genau das ist Halo 5: Guardians eben. Halo. Das bedeutet viel Gutes. Es spielt sich traumhaft, vor allem mit den 60fps. Es sieht hübsch bunt aus und das Universum ist groß und ausgearbeitet genug, um eine nette Story erwarten zu dürfen, durch die ihr euch nun zu viert - aber eben nicht Splitscreen - ballert. Jenseits von ein wenig zu viel Plauderei der Figuren in unpassenden Momenten und der Routine im Kampfablauf habe ich nicht die geringsten Sorgen, dass Halo-Fans in Guardians das bekommen werden, was sie sich davon erhoffen.
Der Multiplayer-Modus muss sich ebenfalls keine Sorgen machen, auch wenn er das vielleicht wenigstens insgeheim tun sollte. Die Fans der Serie wird es freuen, dass es sich immer noch ganz nach Halo anfühlt, was da passiert. Ein paar neue Details in den Bewegungen machen noch kein neues Spielgefühl, und das von Halo ist eigen. Wer jedoch eher offen für andere Schlachtfelder ist, muss feststellen, dass hier die Zeit stehenblieb, die sich in Destiny und Call of Duty weiterdrehte. Nun, es müssen nicht alle in die gleiche Richtung gehen, das ist sicher richtig, und Halo als Gesamtes scheint noch zu überlegen, welche Richtung das überhaupt für es selbst sein könnte. Ich hoffe nur, dass es nicht Warzone ist, denn dieser leicht orientierungslose Zwitter aus Battlefield und Destiny muss erst noch zeigen, worin seine eigentlichen Stärken liegen oder ob es am Ende doch nur eine etwas größere Dominion-Map ist.