Halo: Reach
Ein würdiger Abschluss?
Richtig bombastig präsentiert sich das Debüt des Sabre-Raumjägers, den das Noble-Team im fünften Level übernimmt. Nach einem hervorragend inszenierten Entlastungsangriff auf eine Produktionsstätte jagt ihr mit dem massiven Geschoss in den feuerroten Himmel von Reach. Wie bei der Apollo-Mission bestaunt ihr die erste Flugphase aus einer Heckkamera, seht Reach immer kleiner werden, beobachtet die abgesprengten Boosterraketen und wie sich das Schiff am Ende in Richtung unendliche Schwärze dreht. Das ist erstklassiges Action-Kino, aber spielerisch leider nur Mittelklasse.
Denn auch wenn sich der Abschnitt dank Schildanzeige und mehreren Waffen als Space-Shooter tarnt, ist der Anspruch leider viel zu gering. Eure Frontkanone müsst ihr nur ungefähr in Richtung Ziel schwenken, den Rest macht der Computer. Kein Vorhalten, keine komplexen Angriffsmanöver. Nachdem ihr dann den Seraphim-Jägern den Schild weggeblasen habt, schaltet ihr auf den Raketenwerfer und blast sie mit einer Salve in Stücke.
Kämpfe mit größeren Schiffen oder wirklich schwierige Raumkämpfe: Fehlanzeige. Immerhin müsst ihr auf Legendär ab und an ausweichen, um im Plasmasturm der Feinde nicht zu vergehen. Sonst liefert dieser Abschnitt keine spielerische Überraschung. Ihr müsst eine Raumstation beschützen und danach ein Allianz-Schiff kapern. Hier wurde viel Potential verschenkt, auch wenn das Geschehen im luftleeren Raum fantastisch aussieht. Außerdem ist das Ganze viel zu schnell vorbei und leider nicht im Multiplayer spielbar. Schade, so viel Aufwand für gerade mal eine halbe Stunde Spielspaß.
Akustisch ist die Kampagne wieder mal eine Offenbarung. Der einmalige Soundtrack mit seinen bombastischen Orchesterstücken treibt das Adrenalin genau an den richtigen Stellen durch eure Blutbahn, unterstreicht den verzweifelten Kampf, aber auch die ruhigen Momente.
Leider hinkt da die deutsche Synchronisation hinterher. Einige Sprecher geben sich zwar große Mühe, aber gerade der Anführer des Noble-Teams, Carter, wirkt unmotiviert und stiehlt dem Titel an manchen Stellen die Atmosphäre. Die englische Vertonung soll Klassen besser sein, leider bekommt ihr durch das Umstellen auf Englisch nur die entsprechenden Untertitel.
Doch die Vorgeschichte zu Halo: Combat Evolved ist nur ein Teil der Halo-Erfahrung. Nach dem Abschluss öffnet sich mit den Online-Optionen eine ganz neue und doch altbekannte Welt. Im Prinzip bekommt ihr all die genialen Features des direkten Vorgängers und den Firefight-Modus aus Halo 3: ODST. Diese geniale Koop-Variante, die euch wie beim Horde-Modus Welle um Welle ganz unterschiedlicher Gegner entgegen wirft. Doch hier mit Fahrzeugen und einer noch breiteren Feindpalette. Und erstmals mit einem Matchmaking-System, das vor dem offiziellen Launch zwar noch ein paar Probleme bereitete, aber endlich Partien mit fremden Mitspielern ermöglicht.
Bungie hat den Modus außerdem um umfangreiche Optionen erweitert, die euch ganz individuelle Firefights ermöglichen. Ihr könnt Gegnerart, Frequenz und eure Leben einstellen, euch Waffen zuweisen und den Schwierigkeitsgrad erhöhen. Voreingestellt sind eine Sniper- und Raketenvariante mit jeweils unendlicher Munition, eine Grunt Invasion und eine Art Score-Game. Theoretisch wird dadurch viel Abwechslung geboten, aktuell war es aber gar nicht so einfach, ein normales Feuergefecht zu finden, denn im Matchmaking könnt ihr die Suche leider nicht auf eine Variante beschränken.
Auch der „normale" Multiplayer überfordert Anfänger mit Optionen. Es gibt allein ein halbes Dutzend Deathmatch-Varianten, verschiedene objektbasierte Varianten und sogar Arenen aus Halo 3, die durch weitere Varianten (Infektion, Invasion, Race...) ergänzt wurden. Leider bietet das Matchmaking nur komplette Listen an, bei denen ihr zum Teil unterschiedliche Aufgaben erfüllen müsst.
Eine genaue Spezifizierung ist nicht möglich. Immerhin könnt ihr in nahezu allen Varianten auf die Spezialkräfte aus der Kampagne zurückgreifen, die die Charakteristik des Spiels zum Teil stark verändern. Besonders mit gewissen Waffenkombinationen können Unsichtbarkeit, Panzerschild und Co. eine Partie entscheiden. Aber selbst der einfache Sprint ist beim Erreichen einer Waffe, beim Flaggenklau oder beim finalen Todesstoß mit dem Gewehrkolben äußerst hilfreich.
Trotzdem spielt sich der Titel noch immer wie Halo, was Vor- und Nachteile hat. Zum Beispiel beschränken sich die Veränderungen an eurem Charakter auf optischen Schnickschnack. Das macht zwar im Zusammenhang mit den extrem ausbalancierten Gefechten Sinn, nagt aber zumindest bei Spielern wie mir an der Langzeitmotivation.