Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2

Und dann sind da noch die Boss-Fights. Einige davon stellen absolut die relativen Highlights dieses Desasters dar. McGonagall gegen die Riesen auf Hogwarts' Brücke, eine Runde gegen Snape, das macht sogar fast Spaß. Aber hasst ihr nicht auch diese Sequenzen, in denen man blind in die Kamera rennt und wie ein Irrer nach hinten auf etwas ballert, das den aktuellen Helden verfolgt? Freut euch, denn das wird hier in schöner Regelmäßigkeit wiederholt. Vier- oder fünfmal. Jippieh...

So weit, so der Shooter also. Wenn man jetzt aus diesem Text die Namen herausnehmen würde und durch „Terrorist" und „Special Forces" ersetzen würde, wäre das ein Spiel, das nicht gut wäre, aber bei dem man sich nicht zuerst verwundert die Augen reibt und dann selbst als eher Gelegenheits-Fan der Zauberwelt immer zorniger wird. Ich beschrieb die Waffen oben mit ihren spielerischen Äquivalenten aus weniger thematisch verfehlten Games. Hier sind es die Zauber Stupor (Pistole), Expelliarmus (MG), Impedimenta (zielsuchender Mehrkopf-Raketenwerfer) und so weiter. Keiner der Sprüche funktioniert so, wie er es laut Vorlage sollte und einem Slytherin drei oder vier Stupor ins Gesicht zu jagen, bevor er dann endlich umfällt und sich in schwarzen Rauch auflöst, ist so lächerlich weit am Thema vorbei, dass man es nur noch mit viel Humor nehmen kann.

Expelliarmus ist ein Spruch zum Entwaffnen. Keiner verliert hier den Zauberstab, es ist stattdessen buntes MG-Feuer. Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll. Außer, dass dies bei der Konzeption der Moment hätte sein sollen, an dem man das Projekt komplett umschreiben sollte. Und Hogsmeade als Mischung aus der Sniper Alley und den Dorfhäuserkämpfen der Weltkriege umzubauen... haben die eigentlich jemals irgendwas von Potter gesehen oder gelesen? Ja, der letzte Band/Film schraubt die Action hoch, aber das hier driftet in das bunte Reich der Satire ab.

Die Nähe zum Ablauf der Vorlage ist da, die Schlacht um Hogwarts steht im Vordergrund und grundsätzlich ist die mehrstufige Inszenierung des großen Showdowns gut gedacht gewesen. Wenn die Einzelteile nicht entweder aus noch mehr bis zu diesem Punkt maximal lustlosem Shootern, schlechten Wegrenn-Sequenzen oder halbherzigen Mini-Games bestehen würden. Das Beste am Finale ist nach den eigentlichen Credits ein kleiner Zusammenschnitt aller HP-Spiele als Drei-Minuten-Trailer durch die Jahre mit den Originalgrafiken, beginnend in der PS2-Ära. Ein netter Touch, der auch zeigt, dass es mal bessere Tage für die Serie gab.

Die Sprecher scheinen zwar etwas lustlos, aber wenigstens sind es die Richtigen und man erkennt die Figuren wieder. Auch wenn lebensecht eine unendlich weit entfernte fremde Welt von der Sicht dieses Spiels aus zu sein scheint. Aber das ist dann auch schon alles Gute, was man Fans auf den Weg geben kann, ansonsten hat dieses Game nichts mit Potter zu tun. Man könnte das Spiel unbesehen nehmen und eine andere Tapete drüber packen. Mal sehen, ein paar Comic-Verfilmungen kommen dieses Jahr ja noch. Vielleicht passt ja was. Und wenn nicht: Zu Harry Potter passte das Shootern auch nicht und man hat es trotzdem versucht.

Dieses Game ist ein beschämender Abschluss einer Reihe von Spielen, die durchaus ihre Highlights hatten. Mit Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2 bleibt es bei einem beschämenden Zeugnis kreativer Schande, das ein bekanntes, ergiebiges, vielseitiges und auch schon mitunter so genutztes Setting nimmt und einfach irgendwas daraus macht, ob es nun passt oder nicht. Wen interessiert es schon, dass das hier als Shooter vielleicht noch an der unteren Seite der 5 oder der oberen der 4 Punkte nagt. Als Potter-Spiel betrachtet, handelt es sich um nichts weniger als eine Beleidigung, die dadurch gesteigert wird, dass man jenseits des Verzichts auf Kinect keinerlei Lernfähigkeit seit dem letzten, ebenso miserablen Elend an den Tag legte. Hebt euch das Geld auf, der nächste LEGO Potter kommt bestimmt. Oder spielt einen richtigen Shooter.