Headlander - Mit Köpfchen durch Double Fines schwarzhumorige Zukunft
Die Kooperation mit Adult Swim gefällt mit viel Verve und brillantem visuellen Design.
"Dieser Kopf ist das letzte, was von der Menschheit noch übrig ist", verrät mir der PR-Mann, der für Double Fines neues Spiel zuständig ist, als er mich auf einem Sony-Event beim Anspielen des seitwärts scrollenden Action-Abenteuers erwischt. Er meint den Futurama-artig in einem Helm eingeschlossenen Schädel der Spielfigur, die zu Beginn der Demo körperlos aus einem komatösen Zustand erwacht. Roboter haben die Welt übernommen - was sonst - und staksen in künstlichen, sexy Seventies-Körpern durch ein sehr nach Disko aussehendes Raumschiff.
Unser Held, beziehungsweise dessen Kopf, ist freilich stumm, denn Sprechen ist ohne Lungen oder Stimmbänder schwierig. Deshalb übernimmt die Computerstimme, die im Inneren des Helms tönt, die Exposition und gibt den Part des Humorspenders in diesem so schick-schrecklichen Zukunftsszenario. Euch ist nur klar: So ganz freiwillig seid ihr nicht hier, wofür vor allem die schießwütigen und arg paramilitärisch anmutenden Robo-Patrouillen sprechen.
Glücklicherweise ist der Helm, in dem ihr euch befindet, eine kleine Rakete mit unendlich Treibstoff. Vollkommen frei fliegt man durch die Umgebung und kann sich mit seinem Kopf an andere Maschinen - und Körper - ansaugen, um sie zu übernehmen. Also an einen klapprigen Wartungsroboter angedockt und auf geborgten Freiersfüßen durch die Tür. Es wundert nicht, wenn man erfährt, dass mit Lee Perry einer der Geister hinter Stacking - Double Fines Matroshka-Stapelei von 2011 - steckt: Das hier ist zwar spielerisch deutlich action- und knobelbetonter, aber das Prinzip eines wandelbaren Helden, der die Fähigkeiten anderer Figuren annimmt, scheint für den Mann ein Leitmotiv zu sein.
Wer anhand der Bilder das Metroidvania-Prinzip als Fundament für Headlander erwartet, liegt nicht ganz falsch. Es obliegt ein Stück weit euch, in welche Richtung ihr euch vortastet. Allerdings war der erste Level sehr überschaubar und die Wahlfreiheit bezog sich bislang eher darauf, ob ihr in bereits erkundete Gebiete zurückkehren wollt. Das kann sich im fertigen Spiel noch öffnen, aber es würde mich nicht wundern, wenn man hier nicht mehr, dafür kleinere, von einander getrennte Gebiete abarbeitet. Zudem muss gesagt sein, dass Springen nicht zum Repertoire zumindest der Figuren gehört, die ich in gut zwanzig Minuten zu spielen bekam. Warum auch, wenn ihr genau so gut euren Kopf abploppen lassen und zehn Meter über euch einfach den nächsten Roboter mit identischen Fähigkeiten übernehmen könnt? Leihkörper sind in Headlander kein knappes Gut.
Und doch ist das Spiel nicht ganz einfach. Klar, ist ja auch eine Kooperation mit Adult Swim. Es hat sicher nicht Volgarr-the-Viking-artige Unbarmherzigkeit, aber anders als viele andere Double-Fine-Titel spielt sich das hier nicht von alleine. Das liegt auch daran, dass eure Gegner schnell entdecken, dass ihr hier nichts zu suchen habt. Seid ihr schnell genug, könnt ihr mit einem mit dem rechten Analogstick gezielten Kopfschuss ihre Körperbewegunggsunfähig und zur Übernahme bereit machen. Ausweichrollen zu den Seiten gewährleisten im neonfarbenen Saturday-Night-Fever-Todesstrahlengewitter eine gewisse Überlebbarkeit. Wer einen Feind nicht direkt Treffen kann, nutzt eben einen Abpraller, um ihn über die Bande zu erledigen.
An manchen Stellen verpflanzt ihr eure Rübe auf einen Staubsaugerroboter oder einen Roboterhund, um durch schmalle Schlitze zu passen und nicht weiter aufzufallen. Herumstehende Computerterminals bedienen Gerätschaften oder öffnen Zugänge und immer wieder streut das Spiel Szenen ein, in denen euer prinzipiell wehrloser Kopf auf sich allein gestellt ist. Es bleibt abzuwarten, ob das Spiel die Abwechslung über die komplette Dauer frisch hält. Dann wiederum ist das hier ein Download-Titel von Double Fine - und die dauern im vollauf positiv gemeinten Sinne selten länger als sie Spaß machen.
Was soll ich sagen: psychedelischer Retro-Futurismus mit Sergeant Pepper in den Ohren, der vor einem nihilistischem Hintergrund mit John-Travolta-Disko-Moves gekonnt um Aufmerksamkeit wirbt. Headlander holt mich mit seinem Thema und der geradezu lasziven Ausstattung voll und ganz ab. Ich war wirklich überrascht, hiervon nicht schon früher gehört zu haben. Day of the Tentacle, lockte direkt daneben eine ganze Weile vergeblich zum Anspielen, so gut hat mir gefallen, was ich da spielte. Später dieses Jahr sehen wir dann ob mehr als nur dieses Bisschen Köpfchen in Headlander steckt.