Heavy Rain
Gefühle in 3D
Für hochgezogene Augenbrauen sorgten hingegen Teile der Steuerung. Immerhin hat man sich bei Quantic Dreams sichtlich Gedanken über neue Wege gemacht, ein Third-Person Spiel zu steuern. So müsst Ihr etwa die R2-Taste halten, während der linke Stick die Blickrichtung der Protagonistin bestimmt. Cage verspricht, dass dies intuitiv funktionieren wird. Und dieses Versprechen müssen wir erst einmal so hinnehmen.
Der rechte Stick regelt, wie schon in Fahrenheit, die Interaktion mit den Gegenständen und der Umgebung. Cage demonstriert dies auch prompt. Die junge Journalistin will nämlich wissen, ob der Tierpräparator etwas mit dem Verschwinden mehrerer junger Frauen zu tun hat. An der Tür hat der Spieler die Wahl, ob er klopft, die Klingel benutzt und gleichzeitig durch das Neigen des Sixaxis Controllers (links, rechts, oben) durch drei verschiedene Rufe auf sich aufmerksam macht. Der Vorteil dieses Kontrollschemas ist laut Cage, dass der Spieler alle Aktionen gleichzeitig durchführen kann.
Als sich herausstellt, dass niemand zu Hause ist, treibt die Neugier die Hauptdarstellerin auf die Rückseite des verdächtig unauffälligen Hauses, zum Küchenfenster. Das steht zwar halb offen, um einzusteigen muss sie sich allerdings erst einmal aus den herumstehenden Mülltonnen eine Treppe bauen. Mit dem rechten Stick wirft Madison einen der schweren Behälter um, woraufhin erneut die Sixaxis-Steuerung gefragt ist. Mit einigen Abwärtsbewegungen des Controllers tritt die Schnüfflerin die Tonne bis unter das Fenster, um sie dort wieder aufzurichten. Und auch das halb offenstehende Fenster muss durch hefige Rüttelbewegungen geöffnet werden. Einige der Sixaxis-Elemente wirkten noch etwas erzwungen oder funktionierten nicht ganz einwandfrei. Etwa die Auswahl einer der inneren Monologe durch das Kippen das Joypads. Doch 2009 werden diese Dinge vermutlich deutlich runder wirken.
Im Haus darf der Spieler in jede Lade nach Hinweisen schauen, muss aber hin und wieder aufpassen, nicht zu sehr auf sich aufmerksam zu machen. Etwa wenn er mit dem Arm eine Flasche vom Tisch stößt. Verpasst er es, die eingeblendete Taste im rechten Moment zu drücken, hinterlässt diese einen verräterischen Scherbenhaufen.
Als Madison im ersten Stockwerk den entscheidenden Beweis ausgeblutet in der Badewanne vorfindet, kehrt natürlich der Hausherr zurück. Da der Spieler keine Kontrolle über die Kamera hat, geht das Spiel in dieser Sequenz zu der aus Fahrenheit bekannten Splitscreen-Ansicht über. In den rechten beiden Bilddritteln tastet sich Madison langsam, aber sicher ins Erdgeschoss zurück. Sie muss darauf achten, langsam zu gehen, um auf dem knartschenden Fußboden keine verräterischen Geräusche zu verursachen und kann sich bei Bedarf hinter Türen oder in Schränken verstecken. Links wird hingegen der perverse Mörder gekonnt und lebensecht beim Nachhausekommen in Szene gesetzt.
Je nachdem welche Entscheidungen Ihr trefft, kann Madison hinter dem ahnungslos mit einem Bier auf dem Bauch TV schauenden Psychopathen durch die Garage in die Freiheit schleichen oder entdeckt werden. In diesem Fall entspinnt sich eine Serie exzellent choreografierter und sehr spannender Quicktime-Events, die je nach Kontext einzigartig ablaufen. Allein technisch gesehen hat Heavy Rain all die Aufmerksamkeit schon verdient. Die Gesichter, der Ausdruck und vor allem die dank Motion-Capture authentischen Augenbewegungen sind konkurrenzlos und in dieser Form wirklich noch nie da gewesen. Alles ohne Ladezeiten.
Ich mag die Art, wie Quantic Dreams versucht, Storytelling und das eigentliche Spielen näher zusammenzurücken. Ich mochte es schon in Fahrenheit. Dass man dem Spieler nun noch mehr Möglichkeiten geben will, diese Geschichte auch zu formen, Teil an ihr haben zu lassen, anstatt ihr nur dabei zuzusehen zu müssen, wie sie sich entwickelt, ist – für mich – einer der schönsten Gedanken dieser Games Convention.