Heavy Rain
Schon wieder Herbst?
Einen ähnlichen Effekt erzeugte ein gewisser Überlebenskampf der Fotografin Madison in einer bestimmten Szene, bei der ich aus Spoilergründen nicht näher ins Detail gehen möchte. Bei einer ihrer Nachforschungen, um Ethan bei der Suche nach Shaun zu helfen, läuft sie einem Irren über den Weg. Dies - so kündigte der Sony-Vertreter an - sei eine der Szenen, in denen ein Charakter sterben - dauerhaft sterben - könne. Trotz oder gerade wegen des gewissen Todesurteils des PR-Mannes (er kündigte an, Madison in der kommenden Szene nun absichtlich die helfenden zeitkritischen Buttoneingaben zu versagen) war der Anblick der vergebens um ihr Leben kämpfenden Protagonistin ein quälender.
Diese speziellen Beispiele sind vielleicht nicht die subtilste oder etwa eleganteste Art, dem Spieler eine Gefühlsregung zu entlocken, aber sie waren ungemein effektiv. Dass Quantic Dream es auch anders kann, zeigen einige der Dialoge. Bei der Befragung einer Mutter eines der sieben Opfer des Mörders (nachzuspielen in der Demo) wird eher auf Stimmung gesetzt, während die junge Prostituierte dem Privatdetektiv Scott Shelby von ihrem Jungen erzählt oder - je nachdem, welche Fragen ihr stellt - mit zunehmender Verletzlichkeit die Ermittlung und die Stunden der Ungewissheit rekapituliert.
Auch diese Szene kommt um einen (optionalen) Kampf mit einem brutalen Freier der jungen Frau nicht herum, an dessen Ende selbige unterschiedliche Verletzungsgrade aufweisen kann, je nachdem wie schnell ihr helft. Trotzdem ist sie ein gelungenes Beispiel der getrageneren melancholischen Momente, was in ähnlichem Maße auch auf die Ermittlung des FBI-Mannes Norman Jayden zutrifft, der einen Tatort genauer unter die Lupe nimmt. Interessierte haben sich die Demo sicherlich schon geladen.
Die oft mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete Steuerung, bei der man mit dem linken Stick lediglich in eine Richtung schaut und den Charakter mit R2 in Bewegung setzt, verrichtet ihren Dienst nach einer Eingewöhnungszeit sogar recht passabel. Nie werden schnelle oder besonders exakte Bewegungen der Spielfigur verlangt, weil die Heavy-Rain-Action in den mittlerweile gefürchteten Quick-Time-Events passiert.
Dazu bleibt mir nur zu sagen: Wenn jedes Spiel QTEs so einsetzen würde wie Heavy Rain, hätte diese Spielmechanik vielleicht nicht das schlechte Image, das sie heute hat. Genau wie mit jeder anderen Aktion, die durch eine bestimmte ortsbezogene oder zeitkritische Geste ausgelöst wird - ein Aufwärtshalbkreis auf dem rechten Stick, schütteln des Controllers, bei anstrengenden Aktionen mehrere Tasten halten -, kostet ein einzelnes Versagen den Spieler nicht den Kopf. Stattdessen legt eure Reaktion einfach nur einen anderen Ablauf des Gezeigten fest, was „und-noch-einmal“-Momente minimiert.
Wer hätte das gedacht? Spielerisch kann man schon jetzt eine vorsichtige Entwarnung aussprechen. Leute, die gerne 2D-Fluggeräte durch wahre Blizzards aus Kugeln steuern, jedes Call of Duty ausschließlich auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spielen oder sämtliche ihrer Virtua-Fighter-Gegner online „Perfect“ nach Hause schicken, werden die zugrundeliegenden Mechaniken vielleicht nicht unbedingt für die ganz große Kunst der Spielkultur halten. Aber dennoch kommt man nicht umhin, die Effizienz und Simplizität des Systems als solches ein bisschen zu bewundern.
Das Spiel kann zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur noch an der Erzählweise scheitern. Atmosphäre ist nicht alles. Vor Ort und später Zuhause anhand der Demo konnte ich nur zusammenhanglose Auszüge der Geschichte spielen, die die Tragweite der getätigten Entscheidungen bisher nur erahnen lassen. Trotzdem wollte ich wissen, wie es weitergeht und stand in den zahlreichen Extremsituationen tatsächlich förmlich mit im Spiel, neben meinen Charakteren. Ob ich da auch bleiben wollen würde, hängt nun vor allem von der Qualität der Geschichte und der Dialoge ab - und die kann ich erst abschließend beurteilen, wenn in diesen Tagen mein Testmuster bei mir eintrifft. Sollte eigentlich schon bald soweit sein.
Oh, Moment. Es klingelt gerade an der Tür...
Heavy Rain erscheint in Deutschland am 24. Februar für die PlayStation 3.