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Hellblade: Wie Ninja Theory mit dem Thema Psychose umgeht und was das Spiel ausmacht

Im Gespräch mit Creative Director Tameem Antoniades.

Mit Hellblade: Senua's Sacrifice geht Ninja Theory ein Wagnis ein. Nachdem man in den letzten 14 Jahren diverse Spiele für Publisher entwickelt hat, von Kung Fu Chaos für die Xbox, das mit einem Drei-Mann-Team entwickelt wurde, bis hin zu Heavenly Sword, Enslaved: Odyssey to the West oder DmC: Devil May Cry, steht nun ein kleineres, in Eigenregie finanziertes Projekt auf dem Programm. Die früheren Spiele haben dabei alle eines gemeinsam: Außerordentlich erfolgreich waren sie nie, obwohl sie qualitativ gut waren.

Die Arbeit in diesem Bereich zeigte dem Studio nach eigenen Angaben ebenso, welchen Einfluss das zum Beispiel auf die Kreativität hat. Nach all den Jahren führte es schließlich dazu, dass man sich nun mit dem Thema "Independent AAA" beschäftigt. Dabei geht es darum, eigene Marken zu erschaffen, zu finanzieren und zu besitzen. Das alles in Triple-A-Qualität, aber mit einem fokussierteren Game-Design, einem günstigeren Preis und einem offenen Entwicklungsprozess, wie man ihn sonst von Indie-Spielen kennt.

Ninja Theory wollte kreative Risiken eingehen und einzigartige Spielerlebnisse erschaffen. Das erste Ergebnis dieser Bemühungen ist nun Hellblade: Senua's Sacrifice, das am 8. August für PC sowie PlayStation 4 erscheint und zeigen wird, ob dieses Modell für das Studio eine Zukunft hat.

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Darüber, was das Spiel ausmacht und wie man mit dem zentralen Thema Psychose umgeht, unterhielt ich mich mit Creative-Director und Ninja-Theory-Mitgründer Tameem Antoniades. Übrigens: Wenn ihr mehr über die Entwicklung des Spiels erfahren wollt, lohnt es sich, einen Blick auf die zahlreichen Entwicklertagebücher aus den letzten Jahren zu werfen.

Antoniades zufolge gab es beim Entwicklungsprozess von Hellblade im Vergleich zu früheren Projekten des Studios zwei große Unterschiede. Einerseits musste man mit deutlichen Einschränkungen in Bezug auf Budget und Teamgröße zurechtkommen, da das Studio den Titel selbst finanziert. Das ermöglichte aber wiederum, wirklich unabhängig von einem Publisher zu arbeiten und eigene Entscheidungen zu treffen, ohne diese mit jemand anderem abstimmen zu müssen. Das sei Ansporn genug gewesen, um alles dafür zu geben, damit es funktioniert.

Die wichtigste Lektion, die man über all die Jahre hinweg gelernt hat, ist folgende: "In all den 16 Jahren, in denen wir nun in diesem Geschäft sind, gibt es eine Konstante: Die Leute lieben es, einem zu sagen, dass man scheitern wird. Früher machte ich mir Sorgen darüber, aber heutzutage verdrehe ich bei solchen Kommentaren nur die Augen. Solche Leute, die so eine negative Einstellung haben, verstehen nicht wirklich, was alles mit Technologie und den ganzen talentierten Leuten, die dahinter stehen, erreicht werden kann. Wie auch immer die Chancen stehen, man hat immer bessere Aussichten, sein Ziel zu erfüllen, wenn man seine ganze Energie auf die Arbeit konzentriert", sagt er.

Angekündigt wurde Hellblade im Jahr 2014 während Sonys gamescom-Pressekonferenz. Das ließ vermuten, dass womöglich eine Partnerschaft zwischen beiden Unternehmen besteht, aber dem ist nicht so. Man habe lediglich "kleinere Unterstützung und Dev-Kits" erhalten, mehr aber nicht. Wichtiger war für Ninja Theory, dass sie - Shahid Ahmad, Adam Boyes und Ben Andac von Sonys internem Team, das sich auf Indie-Spiele konzentriert -, enthusiastisch in Bezug auf Hellblade waren und den Entwicklern versicherten, dass man sie nicht ignorieren würde. "Dadurch wussten wir, dass gute Leute auf unserer Seite sind, was uns das nötige Selbstvertrauen gab", sagt er.

Ninja Theory selbst bezeichnet Hellblade als "brutale Reise in die Welt der Mythen und des Wahnsinns". Antoniades wollte ein Fantasy-Spiel machen, aber eines, das nicht an Der Herr der Ringe erinnert.

"Ich stellte mir die Frage, woher Fantasy kommt? Sie kommt aus dem Verstand, also sollten wir uns auch damit befassen. Das führte mich zur Psychose und ich war gleichermaßen fasziniert und entsetzt von den Erfahrungen, die die Leute beschrieben. Es gibt viele Verbindungen zwischen mythologischen Reisen, Visionssuchen, Fantasy und einer Psychose. Es war zu interessant, um es zu ignorieren", verrät er.

Während der Entwicklung arbeitete man einerseits mit Neurowissenschaftlern zusammen, andererseits unterhielt man sich mit Menschen, die an einer Psychose leiden. Insgesamt zwei Jahre lang war das der Fall und Antoniades zufolge hatten sie einen großen Einfluss auf die Entwicklungsarbeit: "Wir trafen viele Gruppen von Leuten und luden sie regelmäßig in unser Studio ein, damit wir ihnen das Spiel zeigen und Feedback erhalten konnten. Wann immer es möglich war, haben wir das Spielerlebnis rund um ihre Erfahrungen herum geformt. Wir behandelten sie wie fachkundige Berater und das hat das Spiel über unsere Erwartungen hinaus bereichert."

Die Psychose soll dabei nicht nur als Hintergrund für den Charakter dienen und ihm zufolge geht es ebenso wenig nur darum, eine Reihe von Symptomen zu haben, vielmehr will man ein Spielerlebnis abliefern, das sich so nah wie nur möglich an einer Psychose bewegt. Genau aus diesem Grund arbeitete man über die Jahre hinweg intensiv mit Leuten zusammen, die sich damit auskennen und es selbst erlebt haben.

"Es geht um Senua, eine Person mit einer Geschichte, die Hoffnung hat, ein Kämpfer ist und nicht aufgibt. Sie ist niemand, den ihr bemitleiden sollt", sagt er.

Aber wie verhält sich das Ganze eigentlich spielerisch? Werde ich Spaß mit Hellblade haben, wenn ich zum Beispiel frühere Ninja-Theory-Titel wie Enslaved oder DmC mochte? Antoniades dazu: "Enslaved oder Heavenly Sword sind vermutlich näher an Hellblade dran als DmC. Im Vergleich zu DmC steht die Geschichte mehr im Vordergrund. Es gibt kein HUD, keine Tutorials, keine Ränge, nichts steht der Immersion im Weg, die wir vermitteln wollen. Beachte auch, dass es keine Quick-Time-Events gibt."

Wie schon gesagt, steht die Geschichte hier stark im Vordergrund. Ninja Theory gab vor einer Weile schon mal an, dass das Spiel rein Skill-basiert sein wird. Erwartet daher nicht allzu viele Systeme im Hintergrund, keine Levelaufstiege und dergleichen. Man will allein das Gefühl von Senuas Reise vermitteln und laut Antoniades würden "Erfahrungspunkte oder Goldmünzen" diese Illusion schlicht zerstören.

Was den Release auf weiteren Plattformen betrifft - genauer gesagt Xbox One und Switch -, wollte er sich nicht im Detail äußern. Er gab lediglich an, dass man sich mit dem recht kleinen Team für den Anfang auf eine Konsolenplattform und den PC konzentriert hat. Seine Wortwahl schließt spätere Umsetzungen jedenfalls nicht aus und da man selbst Publisher des Spiels ist, steht dem dahingehend ebenfalls nichts im Weg.

Eine Handelsversion solltet ihr unterdessen nicht erwarten. Nur dadurch, dass man den Handel und somit die ganzen Mittelsmänner außen vor lässt, könne man das Spiel zu einem günstigen Preis (29,99 Euro) anbieten, erklärt er. Wenn eine Handelsversion gleichzeitig eine Preissteigerung bedeuten würde, verzichtet man laut Antoniades lieber darauf. Es wäre der Gegensatz zu Ninja Theorys Ziel, unabhängig entwickelte Triple-A-Titel, AA-Spiele - "oder wie man sie auch immer nennen mag" - wieder relevant zu machen. Derzeit sei das nur möglich, weil man es digital veröffentlichen könne.

Was die Zukunft von Hellblade betrifft: "Wir haben keine Pläne für DLCs, da es sich um eine in sich abgeschlossene Geschichte mit einem Start, einem Mittelteil und einem Ende handelt. Natürlich werden wir uns die Wünsche der Community anhören, aber unser Plan ist trügerisch einfach: Ein gutes Spiel machen, es zu einem guten Preis anbieten und es verkaufen."

Ab der kommenden Woche könnt ihr euch dann selbst davon überzeugen, ob Ninja Theorys Independent-AAA-Experiment gelungen ist.

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Benjamin Jakobs Avatar
Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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Hellblade

PS4, Xbox One, PC

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