Hellboy: The Science of Evil
Schlecht auch ohne Film
Eine Möglichkeit, wie ein wirklich und vollständig inkohärenter Plot zustande kommt:
Entwickler 1: „Hier, ich habe vier Level für Rumänien. Ist ne Hexe drin. Und dann noch einen im Dschungel und einen in Japan.“
Entwickler 2: „Und wie soll das dazu passen?“
Entwickler 1: „Keine Ahnung, packen wir doch einfach überall die Nazi-Zombies rein, dann sieht das so aus, als hätte es was miteinander zu tun.“
Entwickler 2: „Von mir aus. Nenn es Rückblicke, dann fällt es noch weniger auf. Zwischensequenzen haben wir eh keine, da muss nix verknüpft werden.“
Ein Plot, wie Ihr ihn in Hellboy: The Science of Evil vorfindet. Vielleicht hätte man doch lieber einfach den zweiten Film verwertet.
Bis zum Schluss werdet Ihr da sitzen und hoffen, dass es irgendwo einen Handlungsablauf zu entdecken gibt. Einen, bei dem es sich lohnt, sich die Mühe zu machen, wenigstens in Gedanken alles zusammenzufügen, was Euch das Spiel an wirren Brocken vorwirft. Ohne mich abschließend festlegen zu wollen, ich glaube es ging um Nazis, die was Böses erwecken wollten und am Ende hab ich es verprügelt. Die sechs Abschnitte springen kunterbunt, und nicht einmal in sich selbst sind sie auch nur für drei Minuten schlüssig.
Den Wüstenlevel nenne ich einfach mal so, weil die Eingangssequenz Hellboy durch eine Sandwüste stapfen lässt. Nur Sand, kein Wasser, keine Bäume, kein gar nichts. Die Einleitung des Abschnitts endet und sofort beginnt das Spiel in einem schattigen, Palmen bewachsenen Tal, Wasserfälle und mehr inklusive. Kein Zusammenhang zu der Szene nur Sekunden zuvor. Niemand erwartet hier die nächste Great American Novel, aber grundsätzliche Erzählstrukturen sind auch in einer Comicversoftung erwünscht.
Selbst wenn es sich wie hier um einen Buttonsmasher handelt. Für ein Weilchen hatte ich den Verdacht, dass Hellboy: The Science of Evil versucht, ein Action-Adventure zu sein. Lasst Euch aber von den Simpel-Rätselchen im ersten Level nicht täuschen. Sie sind keine Andeutung später folgender komplexerer Aufgaben. Im Gegenteil. Je weiter Ihr kommt, desto mehr geht es darum, lächerlich ausdauernde Feindesscharen durch beharrliches Bearbeiten des X-Knopfes zu vertrimmen. Ich glaube, in Abschnitt 4 gab es so etwas wie ein Schalterrätsel. In Nummer 2 rannte ich ein Weilchen rum, um eine zu entzündende Laterne zu finden. War das ein Rätsel? Nicht, wenn es nur um das Ablaufen eines Areals geht und Euch die Lösung zuvor präsentiert wird.
Ein Action-Spiel also. Das kann auch ohne Handlung und Rätsel Spaß machen. Wenn das Kampfsystem funktioniert. Wenn die Gegner Euch fordern. Wenn die Action so inszeniert wird, dass sie ihrer selbst wegen Freude bereitet. Schade, dass Hellboy an all diesen Vorgaben vorbeischrammt. Von einem echten Kombosystem will ich jetzt nicht sprechen, dafür wurde es zu schlicht gehalten. XXX oder XXXXX ist keine Kombo, es ist drei oder fünfmal auf einen Knopf gedrückt. Und komplizierter als X, Y, X wird es nicht.
Aber wenigstens funktioniert das Prügeln im Gegensatz zum Greifen, Werfen und Zerfetzen von Gegnern und Gegenständen. Das glückt nämlich nur so lange, wie Ihr Euch auf derselben Höhe befindet. Steht ein Goblin, Froschwesen oder Nazi minimal über Euch, greift Hellboys massive Pranke ins Leere und der Feind landet einen billigen Treffer, während Ihr Euch das Ende der Griffanimation anschaut.
Und von Zeit zu Zeit langt Ihr sowieso ins Leere. Die in fast allen Situationen fest positionierte Kamera zeigt Euch Hellboy gerne aus der Ferne oder folgt erst gar nicht in irgendeine Ecke, in die Ihr einen Gegner geprügelt habt. Hier heißt es nach Gehör kämpfen. Der rechte Stick hilft Euch auch nicht weiter, denn er justiert nicht das Blickfeld. Mit ihm lenkt Ihr das sehr sensible Fadenkreuz für Hellboys „Guten Samariter“.
Trotz des coolen Namens, beachtlicher Feuerkraft und verschiedenen Munitionsarten werdet Ihr die Pistole nicht zu oft gebrauchen. Das Nachladen eines einzelnen Schusses dauert etwa 1,5 Sekunde. Nur die wenigsten Feinde benötigen so lange, um auf direkte Tuchfühlung zu gehen. Erst zum Ende hin werdet Ihr häufiger von der Waffe und herumliegenden Objekten wie Schwertern, Stahlstangen und anderem Gebrauch machen. Nicht weil es sonst zu schwer werden würde, sondern jedes einzelne Monster einer ganzen Horde viel zu viele Treffer einsteckt, als dass es Spaß machen würde. Und überhaupt stellt der Härtegrad praktisch nirgendwo ein Problem dar. Zwar teilt manche Bestie gut aus, aber in einem Spiel, in dem fünf Sekunden ohne Feindkontakt genügen, um Euch vollständig zu heilen, spielt das nur eine untergeordnete Rolle.
All das überschattet die auf einem sehr allgemeinen Level brauchbare Spielbarkeit. Große Aufregung kommt beim Verprügeln der sich permanent wiederholenden Feindscharen nicht wirklich auf, aber eine gewisse mechanische Befriedigung lässt sich aus der Bewegung ziehen. Das simple System lässt Euch auch Zeit, die stellenweise hübschen, von Zeit zu Zeit mit schicken Wasser oder Weichzeichner- und Lichteffekten spielenden Szenarien zu bewundern.
Das einzige Highlight bietet der Namensgeber selbst. Die Umsetzung der Figur findet sich in voller optischer Glorie und sogar mit der unverwechselbaren Stimme Ron Perlmans. Mit ihm als Sprecher IST das Hellboy auf dem Screen und selbst ein einfaches „Oh crap.“ wird mit Eloquenz geliefert. Stimmlich gilt dies auch für Liz und Abe, die beiden Möglichkeiten des zweiten Spielers für den On- und Offline CoOp-Modus.
Inhaltlich macht es aber nur wenig Sinn, dass Abe ständig über Land wandert und allen Feinden den B-Slap gibt, obwohl er doch eigentlich in seinem Fischtank im Hauptquartier Krams analysieren sollte. Seine Rolle als Kampfmaschine ist mir jedenfalls neu. Da fällt es dann schon gar nicht weiter auf, dass in den kurzen Zwischenszenen nur Hellboy zu sehen ist, egal, mit wem er um die Häuser zieht.
Hellboy ist mein persönlicher Comic-Favorit. Ein Biest mit Seele, coolen Zeilen auf den Lippen, atmosphärischen Abenteuern und mächtigen Feinden. Ich hätte ihm aus vollem Herzen ein Spiel gewünscht, das all dies auf den Screen bringt. Eben ein ganz anderes Spiel, als es mit The Science of Evil abgeliefert wurde.
Eines, das Euch in seinen guten Momenten nicht langweilt und in seinen weit häufigeren schlechten nicht über Storymängel, Steuerungsproblemchen und billiges Buttonsmashing fluchen lässt. Selbst harte Hellboy-Fans sollten hier lieber in Lesematerial oder eine Kinokarte für den zweiten Film investieren. Ein paar gute Ron Perlman-Zeilen rechtfertigen leider nicht die Mühe und das Geld, die Ihr hier investieren müsst.
Hellboy ist ab sofort für Xbox 360, PS3 und PSP erhältlich. Der am 16.10. startende zweite Film, Hellboy 2 – Die goldene Arme, hat mit The Science of Evil nichts zu tun.