Heroes over Europe
Hoch hinaus
Dass das Wetter in England nicht immer schön ist, dürfte bekannt sein. Das hindert einen aber nicht daran, in den Himmel aufzusteigen und ein paar Deutsche abzuschießen. Die wollen in Heroes over Europe nämlich mal wieder die Welt erobern. Zweiter Weltkrieg, also nichts wirklich Neues. Abwechslung will Entwickler Transmission Games stattdessen mit dem Gameplay bieten, genauer gesagt mit dem „Ace Kill“-Feature. Oder anders ausgedrückt: Bullet Time im Luftkampf.
Alles ist Grau in Grau, die Wolken hängen tief und der Regen peitscht von oben auf Cockpit, Rumpf und Flügel. Die Sonne schimmert leicht rötlich durch die Wolkendecke, während das Flakfeuer den Himmel über Englands Hauptstadt eindeckt. Es geht vorbei an kleinen Zeppelinen, die gegnerische Flieger vom Tiefflug abhalten sollen, bis die ersten Feinde in Reichweite kommen. Schon hämmern die MG-Salven aus den Bordkanonen und durchlöchern den ersten Widersacher, der daraufhin brennend gen Boden rauscht und inmitten der Straßen einschlägt.
Über dem Buckingham Palace und an der Tower Bridge geht es heftig zur Sache, Jagdflugzeuge wie Bomber stürzen sich vom Himmel und bedrohen die Metropole. Mit ein wenig Geschick hängt man sich hinter einen der deutschen Piloten und muss ihn nur ein paar Sekunden im Fadenkreuz halten, um einen kleinen Balken zu füllen. Ist selbiger voll, aktiviert man per Tastendruck Zeitlupe und Zoom. Das Spiel zeigt dann wichtige Bestandteile des Opfers farblich hervorgehoben an, etwa Triebwerke oder Cockpit. Trifft man mit dem beweglichem Fadenkreuz die richtige Stelle, holt man den Feind mit einem Schuss vom Himmel oder beschädigt ihn schwer. Bei einem Fehlschlag muss man nochmal einen neuen Anlauf starten.
Zweifelsohne ein nettes Feature, das die australischen Entwickler, die scheinbar ein Faible für Sport- und Luftkampf-Spiele haben, hier als Neuerung einführen. So toll es aber auch sein kann, jeden Feind einzeln und punktgenau in Stücke zu schießen, so ermüdend wird es mit der Zeit. Die ganze Prozedur nimmt meist mehrere Sekunden in Anspruch, bei Erfolg wird man zusätzlich noch mit einer Mini-Zwischensequenz belohnt. Das nimmt wiederum etwas Tempo aus dem sonst so rasanten Spiel. Andererseits muss man es aber auch nicht zwingend machen, kann jeden Gegner mit dem großen Fadenkreuz auch auf die gewöhnliche Art und Weise erledigen.
Davon abgesehen liefert Heroes over Europe größtenteils solide Standardkost ab. Die drei gespielten Preview-Missionen boten unter anderem eine Aufklärungspatrouille in Frankreich, die zugleich als Tutorial und Einstieg ins Spiel dient, einen mit den Funktionen der Maschine vertraut macht. Anschließend ging es weiter zur oben bereits beschriebenen Verteidigung von London, gefolgt vom Kampfeinsatz in den verschneiten Ardennen, um die Offensive der deutschen Truppen zurückzuschlagen. Hier verwandelt man erst mehrere Panzerverbände aus der Luft in rauchende Schrotthaufen, bevor man sich den feindlichen Flugplatz vornimmt. In punkto Einsatzziele bekommt man hauptsächlich das, was man erwartet. Verteidigen, eskortieren, aufklären, angreifen. Meistens gilt es, während eines Auftrags mindestens eine Handvoll davon abzuarbeiten, bevor man wieder gen Heimat fliegen kann. Darunter befindet sich neben Hauptaufgaben auch einige Bonusziele.
Wie schwer beziehungsweise einfach das ist, hängt auch von der Steuerung ab. Transmission Games bietet zwei verschiedene Optionen an: Arcade und Professionell. Arcade spielt sich, wie nicht anders zu erwarten, recht arcadig. Mit beiden Analog-Sticks lenkt man sein Flugzeug aus der Außenperspektive durch die Wolken und vollführt wahnwitzige Manöver. In der professionellen Einstellung fällt einerseits schon mal das Rollen über den rechten Stick weg, das sich übrigens auch separat für Arcade ausstellen lässt. Gegner kann man hier merklich schwerer aufs Korn nehmen. Es ist weit mehr Präzision und Können gefragt, da die eigene Maschine längst nicht mehr so agil und beweglich reagiert.
Die Präsentation ist den Machern dabei größtenteils gelungen. Insbesondere die Stars des Spiels, also die Flugzeuge, glänzen mit schicken Details und scharfen Texturen. Bei einem deutschen Bomber kann man beispielsweise gut beobachten, wie ein Schütze vorne in der Glaskanzel liegt, sich bewegt und das vor ihm befindliche Maschinengewehr bedient. Je näher man aber dem Grund kommt, desto unschärfer wird es. Die Bodentexturen sind oftmals recht matschig, manche Gebäude und Ortschaften hinterlassen einen sterilen, leblosen Eindruck – irgendwie wollen sie teilweise nicht so wirklich in die Landschaft passen, wirken wie ein Fremdkörper.
Die geschichtliche Inszenierung des Spiels teilt sich indes in drei Bereiche auf. Einerseits bekommt man immer mal wieder schwarz-weiße Filmschnipsel im Wochenschau-ähnlichen Stil zu sehen, die sich mehr auf die allgemeine Kriegssituation beziehen. Mit den nur rudimentär animierten, farbenfrohen und ein wenig an einen Comic erinnernden Sequenzen und den Ingame-Zwischensequenzen wird das Ganze dann etwas persönlicher, konzentriert sich auf das jeweilige Geschwader (insgesamt wird es vier Stück geben), die Piloten und ihre Hintergrundgeschichten.
Tut euch selbst einen Gefallen und erwartet nicht, dass Heroes over Europe eine allzu komplexe Flugsimulation wird. Trotz der vorhandenen „Professionell“-Steuerungsmethode ist das Spiel auf schnelle Action und Spaß ausgerichtet. Und genau das bietet es auch. Unkomplizierte Luftgefechte, viele Explosionen, jede Menge Blei am Himmel und das „Ace Kill“-Feature sorgen zumindest für kurzfristige Unterhaltung. Ob der Titel aber mehr als nur „gut“ wird und zusätzlich mit seinem Multiplayer-Modus langfristig vor den Bildschirm fesseln kann, hängt schließlich auch von der gebotenen Abwechslung ab.
Heroes over Europe erscheint voraussichtlich im September für PC, Xbox 360 und PlayStation 3.