Herr der Ringe: Die Ringe der Macht Folge 3 findet seine Richtung, aber ich weiß nicht, ob sie mir gefällt
Jetzt mach' mal Halbrand!
Bevor wir hier anfangen, weiter auf Herr der Ringe: Die Ringe der Macht herumzuhacken, sollten wir uns alle mal kurz erden. Am besten geht das mit einem Satz, den Martin letztens in der Redaktionskonferenz sagte, und den man ab und an beherzigen sollte. Sinngemäß ging das so: “Wir hatten damals Willow und das war es”. Und ja, wir mussten uns einreden, dass wir die Fantasy-Krumen, die uns Hollywood hinwarf, auch noch gut fanden. Vielleicht hilft das, sich auch mal wieder bewusst zu werden, dass wir uns auch ein wenig glücklich schätzen können, dass Geek-Themen wie dieses endlich die Breitensichtbarkeit haben, von der wir immer wussten, dass sie sie verdienen.
Gut, das wäre gesagt, damit auch keiner sagen kann – vor allem Martin nicht –, dass wir den hohen Output ambitionierter Fantasy- und Sci-Fi-Produktionen nicht grundsätzlich zu schätzen wüssten. Auf der anderen Seite… auch die dritte Folge von Ringe der Macht hält mich mächtig auf Abstand. Wir haben ja Anfang der Woche schon darüber geredet: Die ersten zwei Folgen von Ringe der Macht waren eigentlich entschieden besser, als ich befürchtet hatte. Ich mochte die Bildsprache und halte jeden, der an den gestalterischen und technischen Aspekten zu meckern hat, für schwer brillenbedürftig. Aber die Show war weit entfernt davon, mir echte Regungen zu entlocken.
Das liegt, neben meinen veränderten Sehgewohnheiten, sicher auch daran, dass sie bis zum Rand voll mit Exposition waren, weshalb ich sehr neugierig auf die dritte Folge war. Deren Credits flimmern hier neben mir gerade über den Bildschirm und ich muss sagen, ich mache mir ein wenig Sorgen. Der Fan-Fiction-Alarm bimmelt doch gerade ziemlich heftig. Was man der Show zugutehalten muss: Sie findet jetzt gerade doch recht zügig auf die behaarten Füße und scheint auch schon in eine gewisse Richtung zu gehen. Ich habe jetzt einen guten Begriff vom Rahmen, den wir in den restlichen fünf Folgen abschreiten werden und das begrüße ich ausdrücklich. Aber ich weiß nicht, ob mir die Richtung – und die Abkürzungen, die sie dorthin nimmt – gefallen.
Jetzt ist da also Elendil, der spätere Begründer und Herrscher von Gondor und Anführer des Heers, das Sauron am Mount Doom bezwingt. Aber ich habe Schwierigkeiten, diesen Seefahrerkapitän mit dem Feldherren und Staatsoberhaupt zu vereinen, das er mal werden soll. Na klar, in Mittelerde wird selbst das, was man nominell einen Menschen bezeichnen würde, schon mal mehrere Hundert Jahre alt und die Serie wird das kondensieren. Aber besser greifbar wird es dadurch nicht. Eher weniger. Auch die Anflüge seichten Familiendramas im Hause Elendil ließen mich deutlich kälter als die besser erzählten Harfoot-Kapitel aus den letzten beiden Folgen. Ich habe gerade schlimme Star Wars Vibes dergestalt, dass die Welt durch den Fokus auf Figuren, die wir mehrheitlich schon kennen – Isildur, der spätere Sauron-Besieger und Ringfinder, kommt auch vor – plötzlich kleiner wirkt, obwohl wir erstmals so viel mehr von ihr sehen. Schwierig.
Und dann sind da all die neuen Figuren, die man nicht wirklich einordnen kann oder möchte. Galadriels Retter Halbrand ist in Sachen Handlung genauso eine Chiffre wie in Bezug auf seinen Charme, ich könnte gut ohne ihn, auch wenn einige Fan-Theorien seiner Präsenz ein wenig Würze verleihen würden, wären sie wahr. Ich glaube nicht daran. Elb Arondir – der wie alle Elben, die nicht in Lindon Modenschau machen, entschieden zu muskulös wirkt –, bekommt in orkischer Gefangenschaft eine der schwächeren Actionszenen der letzten Serien-Zeit als Kernstück seines Episodenanteils. Sowohl der Kampf gegen das erste schwächere CG-Monster – einen Warg, der eher wie Knuckles nach sechs Jahren Crystal-Meth-Abhängigkeit aussah – als auch der Rest der Ausbruchs-Choreografie wirkten künstlich und spannungsbefreit. Den Tod seines Kameraden durch einen nahezu blutlosen Kehlenschnitt schüttelte der Gute ab, wie einen ärgerlichen Fleck auf seiner frisch gewaschenen Sonntags-Tunika. Nein, das war alles nichts.
Was bei den Harfoots passiert, gefällt mir zusammen mit der wundervollen Ankunft nach Numenor noch am besten, weil deren Hobbitgemüt gut eingefangen wurde und sie gut gestaltet sind. Auch, was es mit dem vom Himmel gefallenen “Freund” auf sich hat, interessiert mich durchaus. Außerdem muss ich sagen, vermisste ich Durin, Disa und Kazad Dum schmerzlich und freue mich auf ein Wiedersehen. Alles, was bei den Elben nicht ganz richtig läuft, läuft bei Harfoots und Zwergen umso besser und jetzt, da Galadriel klar wird, was es mit dem vermeintlichen Siegel auf sich hat, kann es erzählerisch auch zwingender werden. Diese Enthüllung am Schluss war schon ganz gut gemacht.
Ich denke, ich werde nächste Woche genauer einschätzen können, ob das hier für mich funktioniert, oder ob ich es aus reiner Neugierde zu Ende schaue. Mir gefallen genug Elemente – das bloße Anschauen dieser Bilder ist schon erstaunlich viel wert –, um nicht schon mal den Fallschirm zu schultern und zwei Finger durch den Griff der Reißleine zu stecken. Aber ich vergewissere mich quasi gerade schon mal, wo die Notausgänge sind.
Aber hey, immer dran denken: Wir hatten damals Willow. Wie Recht Martin hat…
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