Hier fühl' ich mich wohl: Story of Seasons: Pioneers of Olive Town - Test
Ich und meine Farm.
Selten fiel mir die Wahl eines Favoriten aus zwei ähnlichen Spielen so leicht wie in diesem Fall. Ich bekam das neue Story of Seasons ein wenig früher als das neue Harvest Moon. Und während ich mit Freude in Pioneers of Olive Town unterwegs bin, fühlte ich mich in der Welt von Harvest Moon nicht wohl, wie ihr in meinem Test zu Harvest Moon: Eine Welt lest. Ich bin erstaunt, wie unterschiedlich zwei Spiele mit ähnlichem Konzept sein können. Das eine wirkt freundlich, einladend, das andere wie der kleine, hässliche Bruder, den keiner mehr mag.
Inhalt:
Dabei haben beide Serien im Grunde eine Menge gemeinsam, waren die Macher von Story of Season doch früher für Harvest Moon verantwortlich. Seit ihrem Weggang schwören die Fans auf die neue Serie - und das zu Recht. Wo ein Harvest Moon mich alleine mit seiner tristen, leblosen Grafik abschreckt, wirkt Story of Seasons: Pioneers of Olive Town lebendig, einladend. Ähnlich wie bei Animal Crossing: New Horizons fühle ich mich wohl und willkommen in dieser Welt - und gegenüber Nintendos Megaerfolg hat Story of Seasons einen wichtigen Vorteil: Die Werkzeuge gehen bei der Benutzung nicht nach einiger Zeit kaputt! Ein echter Segen.
Willkommen in Olivingen
In Pioneers of Olive Town verschlägt es euch in das gleichnamige Städtchen, das in der deutschen Fassung Olivingen heißt. Ihr möchtet den Spuren eures Großvaters folgen und übernehmt dessen alte Farm vor den Toren der Stadt, die sich in Küstennähe befindet. Fortan kümmert ihr euch hier nicht allein um die eigenen Belange, ihr helft Olivingen dabei, mehr Touristen anzulocken. Ihr erfüllt dazu Aufgaben und liefert Material, wodurch sich die Infrastruktur verbessert und neue Läden eröffnen, was alles klar verständlich aufgebaut und erklärt ist.
Natürlich übernehmt ihr keinen fix und fertigen Hof, das wäre ja langweilig. Im Gegenteil: Die Region, die ihr übernehmt, ist komplett überwuchert, Brücken sind kaputt, frühere Farmgebäude verfallen. Eure Aufgabe ist, dass alles neu aufzubauen. Aber eins nach dem anderen, denn natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Zuerst einmal befasst ihr euch hier mit dem Anbau kleinerer Gemüsesorten und erster Bäume, die ihr findet. Die daraus resultierende Ernte sammelt ihr und verkauft sie, was euch Geld einbringt.
Brücken, Gebäude und Co. lassen sich reparieren - entweder ihr sammelt das benötigte Material oder zahlt einfach eine bestimmte Summe Geld dafür - und eröffnen euch so Stück für Stück mehr Farmland. Euer Saatgut könnt ihr im Gegensatz zum neuen Harvest Moon im Grunde überall anpflanzen, dann kümmert ihr euch um die Bewässerung, indem ihr regelmäßig gießt oder Sprinkleranlagen konstruiert, und schaut den Pflanzen beim Wachstum zu.
Der Arbeitsalltag in Story of Seasons
Es gibt viele Sachen zu sammeln und zu basteln, die euch beim Leben auf eurer Farm weiterhelfen, von verschiedenen Weg- und Zaunarten bis hin zu Lagercontainern und Maschinen, die Holz in Bauholz oder Erz, Silber und Co. in Barren verwandeln. Umständlich ist hierbei, dass es viele, viele solcher Maschinen zur Herstellung anderer Objekte gibt. Hier haben die Macher es ein wenig übertrieben und es hätte nicht geschadet, einzelne Typen miteinander zu kombinieren, wo es Sinn ergäbe.
Es ist zudem nicht so, dass ihr immer das gleiche Holz oder ähnliche Rohstoffe habt. Es gibt unterschiedliche Sorten und je nach Region ist es erforderlich, jeweils andere für die Erweiterung und den Wiederaufbau von Häusern und Co. zu sammeln. Und das erfordert eine Verbesserung eurer Werkzeuge, denn mit der anfänglichen Qualität lacht euch zum Beispiel ein Baum im dritten Bereich eher aus, als dass ihr mit dem angerichteten Kratzer viel dazu beitragt, ihn zu fällen. Da seid dann eher ihr müde, als dass der Baum umfällt.
Die Spielwelt ist dabei detailliert und farbenfroh gestaltet, wirkt absolut einladend und erzeugt in mir beim Spielen ein entspanntes Gefühl - trotz all der virtuellen Arbeit, die hier auf meinen Charakter wartet. Okay, in den Minen sieht's nicht ganz so schick aus, aber wie will man frei gegrabene Untergrundabschnitte auch ansprechend gestalten? Pioneers of Olive Town gelingt es ähnlich wie Animal Crossing, ein Gefühl der Freiheit zu vermitteln. Was ihr als nächstes tut und aufbaut, das bleibt allein euch überlassen. Kümmert euch heute um die Beschaffung von neuem Holz. Morgen holt ihr euch neues Erz. Übermorgen hebt ihr neues Farmland aus. Und zum Ende der Woche baut ihr endlich diesen Zaun um den Stall, damit eure Hühner ein wenig Freilauf bekommen.
Zudem gibt's keine komische Erntegöttin, deren Verschwinden dafür sorgt, dass alle das Farmen vergessen haben. Neue Kaufmöglichkeiten in den Läden eröffnen sich euch nach und nach, indem ihr Fortschritte erzielt und zum Beispiel bestimmte Pflanzenarten findet und verkauft (und das einmal und nicht in Massen). Alles wirkt unkomplizierter, sinnvoller und, im Gegensatz zu Harvest Moon: Eine Welt, einfach nicht nervig. Hier kann ich frei gestalten, bin nicht an enge Grenzen gebunden.
Auch in Story of Seasons: Pioneers of Olive Town ist nicht alles perfekt
Einige Elemente entleiht sich das neue Story of Seasons von der Konkurrenz. Animal Crossings Eugen wäre zum Beispiel stolz auf das Museum in Olivingen, in dem ihr Fische, Schätze und Fotos spendet, um es zu füllen. Das Angeln hat Marvelous überarbeitet und es kommt mehr auf das Timing an, um die seltenen, wertvollen Fische an Land zu ziehen. Und einen Fotomodus gibt's ebenso. Wobei sich die coolen Motive leider in Grenzen halten, hier hätte das Spiel noch mehr Gelegenheiten bieten können. Eine Sache, auf die ihr vorbereitet sein solltet, ist, dass die Ladebildschirme euch Fotos anderer Spieler und Spielerinnen anzeigen. Stellt euch darauf ein, ein paar merkwürdige Motive zu sehen. Wie, ihr wart nicht scharf darauf, das Hinterteil eines Fuchses im Detail zu sehen? Tja...
All das soll aber nicht heißen, dass hier alles toll wäre oder perfekt ausgearbeitet wäre. Die Charaktere, denen ihr so begegnet und die ihr zum Teil heiraten könnt, haben ebenso wenig tiefgründige Persönlichkeiten wie in Harvest Moon. Wenigstens seht ihr, wie sie morgens und abends in ihren Häusern zum Beispiel frühstücken und sich dann auf den Weg zur Ladentheke machen, anstatt dass sie einfach aus der Luft spawnen. Die Events sind auch so eine Sache. Steht eines an, reden die Leute über nichts anderes mehr, was dann ein wenig aufdringlich wirkt. Und zum Beispiel die Eiersuche, die im Frühling stattfindet, geht dann einfach in einer Cutscene vonstatten. Danach verschwinden alle wieder zu ihren Häusern. Spektakulär ist das nicht.
Technisch betrachtet ist das Spiel zwar schön gestaltet, leidet hier und da aber unter spürbaren Framerate-Drops. Ihr merkt es dadurch, dass es sich kurz ein wenig langsamer anfühlt, wenn ihr über euer Farmgelände lauft, wenngleich es weit entfernt von unspielbaren Regionen ist. Unschön, ja. Und hoffentlich etwas, was die Entwickler bald mittels Patches noch in den Griff kriegen. Dem Spielspaß tut es aber keinen Abbruch.
Story of Seasons: Pioneers of Olive Town Test - Fazit
Wenn ihr das exakte Gegenteil zum neuen Harvest Moon: Eine Welt sucht, findet ihr es in Story of Seasons: Pioneers of Olive Town. Nein, alles perfekt ist hier nicht. Das Spiel hinterlässt aber einen bedeutend kompetenteren und liebevoller gestalteten Eindruck. Mir gefallen die Freiheiten, die es mir beim Aufbau der Farm lässt, es sieht hübsch aus und nervt mich nicht mit begrenzten Anpflanzplätzen und solchen Sachen. Ich fühle mich wohl und entspannt beim Spielen und das ist ein wichtiger Faktor für mich, wenn ich mich abends auf die Couch oder ins Bett lege, um noch einen oder zwei virtuelle Tage auf meiner Farm zu verbringen. Zugleich motiviert es, sich Stück für Stück alles zu erarbeiten und so zu gestalten, wie ich es möchte - auch dann, wenn ihr euch in längeren Sessions mit dem Spiel befasst. Es ist eine vertraute Formel, die aber ansprechend umgesetzt ist und nichts von ihrem Spielspaß einbüßt.
- Entwickler / Publisher: Marvelous / Marvelous Europe
- Plattformen: Nintendo Switch
- Release-Datum: 26. März 2021
- Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
- Preis: zirka 50 Euro