Skip to main content

Hitman: Absolution

Wie kreativ kann man auf der Flucht eigentlich werden?

Lassen wir diese Sorte Nachteile jedoch noch für eine Sekunde außen vor, um noch einmal deutlich zu machen, mit was für einem Spiel wir es hier zu tun haben. Dass IO Interactive Kane & Lynch 2 allem Anschein nach nicht allzu viel Liebe entgegengebracht (oder einfach nicht das nötige Geld bekam, um es besser zu machen), wird bei einem Blick auf das optische Wunderwerk Hitman: Absolution klar. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Serie jetzt unbedingt die Batman-Reboot-Behandlung brauchte, aber das Ergebnis ist ein Wunder in Dunkelheit, voller kleiner Details und einem Artdesign, von dem Filme zu dieser oder ähnlichen Spieleserien nur träumen können. Im Zentrum ein Protagonist, der, sofern dies möglich war, noch finsterer, brutaler und gleichzeitig jedoch menschlicher und vor allem verletzlicher wirkt. Superkräfte hin oder her.

Diese Menschlichkeit betrifft aber keineswegs nur ihn, sie bezieht sich noch mehr auf seine Gegner. Die Polizisten unterhalten sich, werden sie unbemerkt belauscht, relativ glaubwürdig. Sie rufen ihren gefangenen Kollegen mit Namen an – wiederum: Skript oder hat jede potenzielle Geisel einen Namen? –, sie scheinen Personen und nicht nur bewegliche Objekte zu sein. Und gleichzeitig sind sie das, zumindest in der Jagd über die Dächer.

Ein weiterer Polizist sucht allein auf dem Dach nach 47 und findet ihn auch. Oder vielmehr wird gefunden, aber nicht als jemand, der eine nachvollziehbare Motivation hat, dort zu sein, sondern als jemand, der zu passender Stelle eine Polizeiuniform an 47 liefern sollte. Dieser nimmt die Geste dankbar an, schaltet den Träger der begehrten Uniform lautlos aus und zeigt, wer der schnellste Umkleide-Künstler im Land ist. Ob 47 jemals einen Satz wie "20 Millionen Polizisten gibt es auf der Welt und ich gerate an einen, der kleinere Füße hat als meine Schwester?" sagen musste? Wahrscheinlich nicht. Weil er ja keine Schwester hat.

In dieser Kostümierung wird der folgende Besuch in einer Kifferburg mit angeschlossener Produktionsstätte zu einem schwarzhumorigen Ausflug. Die eine Hälfte der Bewohner ist schon viel zu breit, um zu kapieren, was los ist, die andere versucht panisch Beweismittel zu entsorgen. Nun, 47 will sie weder umbringen noch festnehmen, also bleibt es dabei. Das letzte Stück des Weges zieht sich 47 den Kragen enger um den Hals und duckt sich tief in die Polizeimütze, um unerkannt durch eine Gruppe von Cops zu spazieren und in der Nacht zu verschwinden. Dies ist jedoch keine automatische Geste, sondern eine, die über einen Tastendruck ausgelöst wird und bei jedem Kostüm ein wenig anders ausfallen soll. Womit man sich ein letztes Mal bei der Präsentation fragt: War das nun einer der möglichen Pfade aus der Situation heraus oder war es der nicht doch der von IO vorgefertige, wundervoll anzusehende, actiongeladene und möglicherweise einzige Weg?

Hitman: Absolution - E3-Trailer

Hitman: Absolution wird zeitgemäßer. Es scheint sich sehr modern zu spielen, schaut man sich die fließenden Bewegungen von 47 an. Es sieht definitiv unglaublich aktuell und technisch bis zum Anschlag poliert aus und das bei einem Spiel, das erst im nächsten Jahr erscheinen soll. Sein Design passt in die aktuelle Dunkel-Reboot-Welle, wie auch seine neuen Spielmechaniken, allen voran der "Instinkt". Wie es scheint, hat IO die Zeichen der Zeit erkannt.

Wenn da nur nicht der nagende Zweifel an den eigentlichen Wurzeln der Serie bleiben würde. Sicher, es wird beteuert, dass all das, wofür Hitman berühmt wurde, in Absolution berücksichtigt und gewahrt wird. Bedeutet dann die hinterhergeschobene Aussage, dass man es aber auch gleichzeitig nicht mehr so fordernd und strafend gestalten möchte, nicht beinahe automatisch ein sehr gerade gezogenes Spiel? Kommt dem der Wechsel vom Angreifer zum Flüchtling nicht verdächtig entgegen?

Unmöglich, das derzeit mit irgendeiner Art von Sicherheit zu sagen. Wenn es jedoch IO Interactive gelingen sollte, die guten Aspekte des Attributes "modern" mit den Möglichkeiten einer freien Mordspielwiese zu verbinden, dann könnte Hitman: Absolution leicht das beste Spiel der Serie werden. Als Sicherheit nehmen wir für den Moment mit, dass es das Schönste sein wird.

Hitman: Absolution soll in 2012 für PC, PS3 und Xbox 360 erscheinen.

Schon gelesen?

Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
In diesem artikel

Hitman: Absolution

PS3, Xbox 360, PC

Verwandte Themen