Hogwarts Legacy hinterlässt einen guten Eindruck, seine Bewohner sind mir aber noch ein Rätsel
Feuerwerk, Firlefanz und Fragezeichen.
Vergangene Woche durfte ich in die Welt von Hogwarts Legacy eintauchen und mir ein grobes Bild davon machen, wie viel Magie tatsächlich im Spiel von Avalanche Software steckt. Etwa eine Stunde wurde ich vom Intro auf den Besen, in die Schule und auf eine Quest zum Kämpfen geschickt. Von allem etwas, nur die Story blieb bei diesem Hin- und Her leider etwas außen vor.
Tag der offenen Tür in Hogwarts
Im Theater am Großmarkt in Hamburg fand das magische Event statt. Dem Theater, indem die neue Fassung von "Harry Potter und das verwunschene Kind" im Februar anläuft. Ein passender Ort, denn hier war alles im Zeichen der magischen Welt geschmückt. Viele kleine Lichtkugeln hingen von der Decke und an den Wänden waren große und schöne Patronus-Portraits angebracht. Selbst die Sessel, auf denen wir beim Spielen sitzen durften, sahen aus, als hätte man sie aus dem Gryffindor-Gemeinschaftsraum geklaut. Die Stimmung war also perfekt.
Wie in fast jedem Rollenspiel startete das Erlebnis mit einem Charakter-Editor. Hier musste ich mich stark zusammenreißen, denn ich hatte nicht den ganzen Tag Zeit, sondern nur eine Stunde. Also schnell ein nettes Gesicht ausgesucht, Augenfarbe und Frisur angepasst und weiter. Ich freue mich so darauf, wenn ich mir dafür endlich angemessen viel Zeit lassen darf, denn der Editor ist mit goldenen Schnörkeln verziert und bietet eine solide Auswahl an Optionen. Die Gesichtsform könnt ihr zum Beispiel nicht komplett selbst zusammenbasteln, dafür aus einer Liste von 15 Gesichtern auswählen. Auch mehrere Hauttöne, eine große Liste an ziemlich unaufregenden Frisuren, Narben, Sommersprossen und verschiedene Augenbrauen sind vorhanden.
Daneben ist es möglich einen von vier Schwierigkeitsgraden auszuwählen - Story, leicht, normal und schwer. Ich habe den zweiten Modus genommen, einfach um sauber und zügig durch das für mich vorbereitete Gameplay zu kommen. Auch einen Vor- und Nachnamen könnt ihr euch geben sowie euer Geschlecht unabhängig von der Stimme oder anderen Merkmalen wählen. Ganz zufällig fällt mir gerade auch noch ein, dass J. K. Rowling nicht persönlich am Spiel mitgewirkt hat. Nur mit ihrem Team hat sich Avalanche gelegentlich abgestimmt. Weiß auch nicht, wie sich dieser Gedanke gerade in mein Hirn gezaubert hat.
Mit leuchtenden Augen auf der Suche nach Magie
Nun trennt mich kein Brief oder ein langwieriges Shopping-Erlebnis in der Winkelgasse mehr von meinem ersten Besuch in Hogwarts. Die PS5 war an, der Bildschirm auch, also ab in die berühmte Zauberschule. Nur wenige Minuten später werde ich auch schon auf den magischen Rasen von Hogwarts geschubst - liebevoll. Hier laufe ich erst einmal herum und schaue mir die Umgebung an. Zunächst zu Fuß. Hierbei entdecke ich eine Hecke, die wie ein Drache geschnitten ist und sich sogar bewegt. Er streckt die Flügel aus und ich fange an, breit zu lächeln. Heckenscheren, die von allein schneiden und viele andere Gegenstände wurden zum Leben erweckt und machen selbst einen Spaziergang, der völlig losgelöst von jeglichem Ziel in Hogwarts Legacy ist, zu einer spannenden Entdeckungstour.
Nachdem ich mich fast im Gewächshaus verlaufen hätte - es gibt wirklich viele Treppen und Wege im Schloss - fand ich dort einen Baum, der mich sehr an die Peitschende Weide erinnerte und mich glauben ließ, ich hätte hier bereits ein erstes Easter Egg gefunden. Leider war dem nicht so. Das Team vor Ort zerstörte meine Illusion, indem sie mir erklärten, dass die Weide zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte. So ein Pech aber auch. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass ich noch ein kleines Osterei finden werde, wenn auch nicht mehr am Event-Tag.
Neben den kleinen magischen Dingen des Alltags erheitern auch Mini-Spiele das Leben auf der Schule für Hexerei und Zauberei. Mit eurem Accio-Zauber versucht ihr bei einem dieser Spiele große Gymnastikbälle auf einem Feld so präzise in eure Richtung zu ziehen, dass ihr auf den Bereichen mit der höchsten Punktzahl landet. Dabei spielt ihr gegen NPC Leander Prewett, der ziemlich selbstsicher ist und sein Können raushängen lässt. Leider habe ich ihn nicht besiegt und musste feststellen, dass er kein besonders guter Gewinner ist. Hoffentlich ist er nicht auch noch ein schlechter Verlierer. Wir sollen doch einfach mehr üben, sagt er. Pah! Dem zeig’ ich's, wenn ich mehr Zeit hab. Ich freue mich schon auf alle anderen kleinen Spiele, die hoffentlich in der Welt verteilt sind. Zauberschach wäre doch cool.
Für noch mehr Spielspaß zwischendurch gibt es an verschiedenen Orten zauberhafte Nebenquests, die man unabhängig vom Verlauf der Geschichte annehmen kann. In meiner Sitzung war es ein Rätsel mit einem leeren Gemälde, das ich durch das Lösen der geheimnisvollen Aufgabe wieder mit Leben füllen sollte - und in Hogwarts ist so was wörtlich gemeint. So könnt ihr knobeln und überlegen, welche Hinweise es gibt und mit welchen Zaubern ihr vielleicht weiter kommen könntet.
Das Spiel kann euch dabei Tipps geben oder ihr lasst einen glänzenden Pfad erscheinen, der euch den Weg zu euren Missionszielen zeigt - so ähnlich wie in Monster Hunter Rise. Besonders schwer war es selbst ohne den goldenen Glitzerpfad nicht, ich hoffe zumindest auf ein wenig fiesere Denkspiele. Mich hat das Ganze recht zuversichtlich gestimmt, immerhin gibt es selbst in den Nebenmissionen kreativ gestaltete Rätsel und nicht nur haufenweise Fetch-Quests. Generell ist eine Stunde mit vielen Sprüngen im Spielverlauf aber nicht genügend Zeit, um hier eine sinnvolle Voraussage zu treffen.
Ähnlich ist es auch mit den Charakteren und der gesamten Geschichte. Viel davon habe ich leider nicht mitbekommen. Die Entwickler haben uns mit der Magie eingetippter Worte in einen digitalen Zauberkasten auf dem Bildschirm von einer Situation in die nächste geschickt. Klar kann man so seine Side-Kicks, die Lehrer und der Sinn hinter seinem eigenen Handeln nicht so ganz nachvollziehen. Ich habe mich wie jemand gefühlt, der alle fünf Minuten mit Flohpulver in einen völlig fremden Kamin springt. Die Menschen um mich herum wirkten deshalb nicht so komplex und authentisch, wie ich sie mir gewünscht hätte. Einige viel zu freundlich und brav, andere wie die typisch fiesen Kinder eben. Vielleicht sieht das anders aus, wenn ich Zeit habe, sie wirklich von Grund auf kennenzulernen. Zumindest hoffe ich, dass es zwischen dem Schwarz-Weiß, das ich hier gesehen und erlebt habe, dann im richtigen Spiel auch noch genügend Graustufen gibt.
Grafisch kann man bei Hogwarts Legacy aber wirklich nicht meckern. Alles sieht schick aus und läuft dabei flüssig - so zumindest auf der PS5. In meiner Anspiel-Session hatte ich keine Ruckler oder merkbare Performance-Probleme, egal ob zu Fuß, im Kampf oder auf dem Besen. Ein kleiner Licht-Bug, der mich mit viel zu starken Lichtreflexionen blendete, sobald ich eine Tür von innen öffnete und hinausschritt, fiel sehr deutlich auf. Es blitzte dann kurz zwei oder dreimal auf und dann war alles wieder in Ordnung. Es hatte aber den Anschein, als wäre ich die Einzige mit diesem Problem gewesen. Da mache ich mir auch keine zu großen Sorgen, denn so etwas lässt sich sicher auch schnell fixen.
Zaubern fühlt sich so episch an, wie ich gehofft hatte
Als kleiner Muggel, mit Faszination für die Magie, freut man sich natürlich am meisten darüber, diese Fähigkeiten endlich selbst anwenden zu dürfen. Den Besen wählt ihr mit wenig Aufwand jederzeit aus und fliegt los. Ihr könnt aufsteigen, absinken, nach links und rechts lenken sowie beschleunigen. Fliegt ihr schneller, verzerrt sich das Bild am Rand leicht und ihr seht Bewegungsstreifen, die euch neben dem deutlich gestiegenen Tempo gleich noch mehr Geschwindigkeit simulieren sollen. Das Lenken ist leicht, im Gegensatz zu Neville lernt ihr das Fliegen sicher im Nu. Ich konnte nach meiner ersten Minute schon ganz passable Manöver fliegen und mich schneller zur Wildhüter-Hütte, dem Schloss, dem Quidditch-Feld und anderen wichtigen Orten des Games bringen, als ich "Portschlüssel" sagen kann. Na ja, fast. Es gibt euch aber die Möglichkeit, der Luftlinie entlang zureisen und das unabhängig von Städten, Straßen und anderen Strukturen.
Auch das Kämpfen sah in den Gameplay-Videos immer so cool aus und das beste ist, dass es meine Erwartungen voll erfüllt. Zuerst habe ich mit einem Mitschüler trainiert und in einer späteren Quest konnte ich dieses Wissen dann in die Praxis umsetzen, um einen Drachen zu befreien. Ein Ziel, für das ich mich auch ohne Kontext absolut begeistern konnte. Eine Horde von Zauberern, Animagi, Trollen, Gnomen und ein Boss-Magier haben sich mir in den Weg gestellt. Sie alle haben unterschiedliche Kampfmuster und Zauber drauf - so wie ich. Unten rechts werden die eigenen Zauber angezeigt. Vier an der Zahl, aber ihr könnt mehrere solcher magischer Quartetts erstellen und diese beliebig mitten im Kampf wechseln. Etwas kompliziert, aber so hat man immerhin einen guten Überblick über die aktuellen Zauber und kann sich trotzdem von seinem gesamten Wissen bedienen.
Ihr könnt Zauber zum Angreifen verwenden, um dem Gegner Schaden zuzufügen oder euch verteidigen. Das geht mit einem Schild, einer Ausweichrolle oder durch das geschickte Umlenken oder Aufheben des gegnerischen Zaubers. Letzteres klappt aber nur mit dem richtigen Timing und der richtigen Taste. Hogwarts Legacy hilft euch aber auf die Sprünge und zeigt euch an, wenn ihr von Feinden angegriffen werdet und gibt euch somit Zeit zum Reagieren. Das ist bei einem Zweikampf nicht unbedingt nötig, bei einer Horde von Gegnern aber extrem praktisch, weil es sonst in einem puren Chaos ausarten würde. Da ihr die Feinde fast automatisch anvisiert, geht es hauptsächlich um schnelle Entscheidungen. Meistens habt ihr genügend Zeit, um anzugreifen und zusätzlich einem anderen Fluch auszuweichen. Als ich doch einmal gestorben bin, musste ich zum Glück keine komplette Sequenz, sondern nur den Kampf wiederholen, was mich wirklich erleichtert hat.
Zauber sind in spezielle Typen eingeteilt, die farblich voneinander unterschieden werden. Das hilft nicht nur dabei, die Zauber auseinanderzuhalten, sondern ermöglicht auch speziellen Mechaniken. So gibt es etwa violettfarbene Schilde, die nur von violetten Zaubern gebrochen werden können. Es reicht also nicht, nur wild draufloszuzaubern, auch das Köpfchen ist gefragt. Wenn eure Sprüche auf Abklingzeit sind, könnt ihr stets den Basiszauber verwenden, der ebenfalls ein wenig Schaden zufügt. Insgesamt ist der Kampf aber eher aufgrund der raschen Reaktionszeiten komplex und weniger durch die taktischen Möglichkeiten, wenn ich von dem ausgehe, was ich bisher ausprobieren durfte.
Besonders beeindruckend ist die Inszenierung der Zaubergefechte. Neben den geschickten Bewegungen, die euer Charakter nutzt, um die Zaubersprüche auf die Gegner zu werfen, ist vor allem die Geräuschkulisse ein wahres Feuerwerk für die Ohren. Jeder Zauber knallt, brennt, wirbelt oder zischt laut und das mit ordentlich Bass dahinter. Die Figuren beben, der DualSense-Controller ebenfalls. So sind die Gefechte wirklich grandios untermalt und man fühlt sich ziemlich mächtig mit all dem Wumms dahinter.
Eine Stunde Hogwarts Legacy - Das ist mein Fazit
Insgesamt ist gelungen, was auch in den bisherigen Gameplay-Videos gut rüberkommt: die Atmosphäre. Die hat Avalanche wirklich gut eingefangen, egal ob nun mit der kleinen Alltagsmagie, dem gelungenen Besenritt oder dem wuchtigen Flüchewerfen. Ein Fragezeichen steht noch über der Geschichte, den Charakteren und den Quests. Hier in der kurzen Präsentation war es einfach nicht möglich, sich ein rundes Bild von diesen Bereichen zu machen, das wird dann der Test später zeigen. Selbes gilt für die Open World, die für mich dieses Mal noch Tabu blieb. Bis dahin wünsche ich euch noch ein paar zauberhafte Tage. Es gibt ja auch in der Muggelwelt noch genug spaßige Dinge zu erleben.