Holografie, Millipede und Racetrack
Die nahe Zukunft der Speichermedien
An anderer Stelle wurde hier schon mal über die Zukunft der Chiptechnologie spekuliert (im ironischerweise 'Rückwärts gedacht' betitelten Blog) , diesmal soll es um Möglichkeiten gehen, wie man mehr Daten auf ein Speichermedium bekommt. Das ist etwas, was nicht nur für die Spiele-, sondern auch die Filmindustrie irgendwann sehr interessant werden dürfte. Die Auflösung 1080p ist sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange, HD-Master-Sound ist schick, aber immer noch ein wenig komprimiert und 3D braucht auch mehr Platz. Plötzlich sind die 50 GB einer Blu-Ray gar nicht mehr so wahnsinnig viel. Und dass die 360 mit ihren DVDs ein bisschen mehr Platz bräuchte, zeigte Final Fantasy XIII. Kompression stinkt nämlich.
Holografischer Speicher
500 GB wären da doch viel besser. Genau das hat General Electrics letztes Jahr mit einem holografischen Speichermedium der Größe einer DVD hinbekommen. Theoretisch liegen die möglichen Speichergrößen sogar noch ganz woanders. Wie wäre es mit einer halben Milliarde Terabyte, aufbewahrt in einem Würfel mit einem Zentimeter Kantenlänge? Klingt gut? Vor allem klingt Holografischer Speicher jetzt erst mal ziemlich schräg und irgendwie nach Star Trek, aber die eigentliche Technik ist gar nicht mal so dramatisch Sci-Fi wie man meinen sollte.
Um eine holografische Oberflächenbeschichtung zu erstellen, werden zwei Laser gebraucht: Ein primärer Referenzstrahl und ein sekundärer Signalstrahl. Der Referenzstrahl richtet sich wie bei einem herkömmlichen Laufwerk direkt auf das Material, während der Signalstrahl erst auf einen Modulator mit einem definierten Bitmuster gerichtet wird. Treffen danach Referenz- und Signalstrahl zusammen, entsteht eine ein neues Interferenzmuster, das auf das lichtempfindliche Oberflächenmaterial trifft und dieses dauerhaft verändert. Statt simpler Einzelbits auf einer 2D-Oberfläche lassen sich so komplexe Bit-Matrixen speichern.
Das ist ein Verfahren, das sich für alles eignen kann, wo Daten dauerhaft und unverändert gespeichert werden sollen. Archive, Filme oder Videospiele sind da gar nicht mal so ungeeignet für. Es gibt sogar Spekulationen, dass Nintendo an einem Gerät mit holografischem Speicher arbeitet, da die Japaner im Jahr 2008 mit der Firma InPhase ein gemeinsames Forschungsprojekt starteten. Die Amerikaner sind bei der Erforschung dieser Verfahren ganz vorn mit dabei. Was genau das wird, werden wir wohl in den nächsten Jahren erfahren.
Aber vielleicht klappt das alles aber dann immer noch nicht richtig oder zu langsam. Probleme gibt es vor allem noch beim Tempo des Datendurchsatzes, aber man zeigt sich optimistisch, das alles schnell in den Griff zu kriegen. Das theoretische Potenzial ist endlos und verschiedene Ansätze, die Medien wiederbeschreibbar zu machen, gibt es auch. Wer sich in den fotorefraktiven Effekt einlesen möchte, soll sich keinen Zwang antun, es ist die Grundlage für diverse Theorien in diese Richtung – und so ist es fast sicher, dass wir in den nächsten Jahren viel vom holografischen Speicher hören werden.
Weiterführende Links:
- Versuchsstudie an der Uni Münster
- Technische Erklärung bei InPhase
- Literatur: Holographic Data Storage: From Theory to Practical Systems (auf Amazon)
Millipede-Speicher
Mit dem Millipede-Projekt hat das IBM-Forschungslabor in Zürich die Lochkarte für sich wiederentdeckt. Die Idee ist simpel: Auf einer Oberfläche werden die Bit-Informationen als „Loch ist da“ oder „Loch ist nicht da“ ausgelesen und zusammengesetzt. Was wäre, wenn man diese Lochkarte ganz, ganz, ganz klein kriegen könnte? So in den Nanobereich? Wenn ein einzelnes „Loch“ nur noch 10 Nanometer groß wäre? Dann würden plötzlich fünf Blu-Rays auf die Fläche von 2,5 mal 2,5 Zentimeter passen.
Statt Papyrus benutzt Millipede ein Polymer-Medium – derzeit ist wohl Acrylglas beliebt – als Oberfläche und lässt einen winzigen Lese- und Schreibkopf mit einem Sensor und einem Widerstand über diese gleiten. Alternativ – und das wird wohl auch genutzt – lässt sich natürlich auch das Polymer selbst bewegen.
Um einen Bit zu schreiben, schmelzt der Widerstand mit einer Temperatur von etwa 400 Grad eine Vertiefung in die Oberfläche und verändert so die Oberflächenspannung, was in dem Arm selbst die Leitfähigkeit verändert. Die Vertiefung ist dauerhaft und kann nun jederzeit erfasst werden.
Das Überschreiben funktioniert im Prinzip genauso. An den Rändern der Vertiefung wird das Material erhitzt, sodass es wieder „zurückgeschoben“ wird und das Löchlein schließt. Die Oberfläche hat wieder eine normale Oberflächenspannung. Das klingt ziemlich mechanisch und anfällig, aber es hat sich schon mit immerhin hunderttausend Schreibzyklen und einer annehmbaren Lese- und Schreibgeschwindigkeit von etwa 25 Megabit – 3 Megabyte – pro Sekunde bewährt. Ausbaufähig, aber was ist das nicht?