Homefront
Die Ökonomie des Todes
Technisch befand sich die gezeigte Pre-Alpha-Xbox-Fassung noch im Rohzustand. Egal ob Netzcode, Texturen oder Framerate. Um mit Call of Duty, Battlefield und Medal of Honor mitzuhalten, müssen die Entwickler noch einige Nachtschichten schieben. Mit gelang es, mit einer Maschinenpistole und dem guten alten Run-Strafe in vier von sechs Partien den ersten Platz zu belegen. Scharfschützengewehre waren in dem Gezuckel absolut unbrauchbar. „Ihr hättet mal Frontlines sechs Monate vor Release sehen sollen. Keine Sorge, das bekommen wir hin," beruhigt uns Lead Multiplayer Designer Brian Holinka.
Intelligent gelöst wurde das Vehikel-Spawning. Wer sich schon immer über Fahrzeugdiebe und „Ego-Shooter" bei Bad Company 2 aufgeregt hat, wird sich freuen. Wenn ihr einen Hummer, einen LAV-Schützenpanzer, einen M1 Abrams, einen Scout-Helikopter mit Gatling-Geschützen oder einen dicken Apache ersteht, werdet ihr direkt in das Fahrzeug teleportiert. Ihr müsst noch nicht mal Kollegen vom Boden aufnehmen, ein Knopfdruck genügt und ihr springt direkt auf die Schützenposition. Dieser schnelle und unkomplizierte Ansatz setzt sich auch im Respawn-System fort. Nach nur wenigen Sekunden landet ihr wieder direkt an der Front. Lange Wartezeiten wie bei Battlefield: Fehlanzeige.
Das oben erwähnte Loadout-System war leider noch nicht integriert. Im fertigen Spiel erarbeitet ihr euch durch das Sammeln von Erfahrungspunkten neue Waffen, Fahrzeuge, Gimmicks und Perks. Wie bei Call of Duty könnt ihr diese dann vorher abspeichern und direkt im Spawn-Menü darauf zugreifen. Ihr bastelt neue Visiere an eure Gewehre, platziert Drohnen und Spezialfähigkeiten, etwa das direkte Nachladen an der Front. Außerdem platziert ihr Perks, die zum Beispiel den Bereichsschaden eures Raketenwerfers erhöhen, die Nachladegschwindigkeit verkürzen oder aber ganz langsam die Panzerung eures Fahrzeugs regenerieren. Interessant wird das Ganze durch die Kombinierbarkeit mit Fahrzeugen. Wie bei Bad Company 2 lohnt es sich also, den richtigen Partner zu suchen.
Auf dem Event konnten wir zwei Karten anspielen: Cul-de-Sac und Farm. Das erste Areal bot intime Feuergefechte in einem verwinkelten Dörfchen. Acht Spieler auf jeder Seite, Drohnen und normale Feuerwaffen, keine Fahrzeuge. Nach und nach mussten wir Kontrollpunkte einnehmen und halten. Wie im Conquest-Modus von Battlefield tickerten im Gegenzug die feindlichen Punktereserven herunter. Harte, unerbitterliche Kämpfe brachen aus. Versteckt auf Dächern, hinter Scheunen und Fässern wurden Hinterhalte gelegt. Wie oben erwähnt, wirkte die Grafik noch lange nicht fertig. Texturen werden nur zögerlich nachgeladen, Kanten flimmern und es ruckelt immer wieder. Trotzdem machte das taktische Geballer überraschend viel Spaß. Insbesondere der geschickte Einsatz der Drohnen sorgte für die nötige Portion Abwechslung. Die kleinen Viecher fliegen über dem Schlachtfeld, jagen den Feinden ungelenkte Flugkörper entgegen oder fahren auf Ketten mit dicken Maschinengewehren herum.
Ganz anders Farm. Der erste Abschnitt der Front ist ein weitläufiges Waldgebiet mit einer Holzkirche und ein paar Barracken. Schon nach wenigen Sekunden kamen die ersten Angreifer mit einem Jeep und wild feuerndem Maschinengewehr herangerast. Erste Kameraden wurden einfach platt gefahren, doch dank der billigen Bazooka (50 Battle Points) war das übermütige Vorrauskommando schnell Geschichte. Auswählen, anvisieren und den beruhigenden Piepston der Zielerfassung abwarten. Bumm, weitere 200 Battle Points landen auf dem eigenen Konto.
Nach zehn Minuten tauchten dann die ersten Panzer auf. Während das eigene Team verzweifelt die Kontrollpunkte hält, fängt der Bildschirm an zu brennen. Überall schlagen Raketen ein, werden Granaten geworfen und Feuerstöße abgegeben. Die für über 1.500 Battle Points erstandenen Helikopter und Panzer haben in dem Chaos wenig Chancen, trotzdem gelingt es den Angreifern, uns zur zweiten Linie zurückzudrängen. Dort wartet einen Maschinenpark auf seine Eroberung. Gedrungene Fabrikhallen, verstaubtes Landwirtschaftsgerät und viele Verstecke. Hier fällt besonders auf, dass die Umgebung weder zerstörbar noch durchschießbar ist. Im Jahr 2010 keine allzu gute Idee. Ein kurzes Gespräch mit den Entwicklern bestätigt: Auch hieran wird noch gearbeitet.
So viel vorweg: Das Konzept stimmt. Das Zusammenspiel aus modernem Setting, schnellen Gefechten und frischen Taktiken funktioniert zumindest auf dem Papier hervorragend. Und auch auf dem Schlachtfeld sorgen neue Elemente wie die Drohnen und das bewährte Perk-System für eine riesige Baller-Gaudi. Mein ganz persönlicher Favorit sind aber die Battle Points. Diese universelle Ingame-Währung sorgt für eine natürliche Form der Eskalation. Während man zu Beginn nur mit der eigenen Knarre und ein paar Granaten herumrennt, explodiert nach zehn bis 20 Minuten der ganze Bildschirm. Luftschläge, Fahrzeuge und Drohnen verwandeln das Spielgeschehen in ein brennendes Inferno.
Noch dazu sich verschiebende Fronten und ein abwechslungsreiches Arsenal und fertig ist ein bombastischer Ballerspaß, der sich in vielen Punkten wohltuend von der Konkurrenz absetzt. Doch um gegen die erstklassige, fast übermächtige Konkurrenz zu bestehen, benötigt der Titel bis zum April noch eine Menge Finetuning. Netzcode, Grafik und Balance sind in der aktuellen Form noch nicht akzeptabel. Hoffen wir mal, dass der Lead Multiplayer Designer recht behält und bei Homefront die Bausteine erst ganz zum Schluss an die richtige Stelle fallen. Dann, und nur dann, müssen sich DICE, Treyarch und Co. warm anziehen.
Homefront erscheint im April 2011 für Xbox 360, PC und PS3.